Wer als Kind seine Eltern pflegt und diese beerbt kann dann, wenn die Erbschaft so werthaltig ist, dass Erbschaftsteuer zu zahlen wäre, den Pflegefreibetrag bei der Erbschaftssteuer geltend machen. Dies hat nun der BFH in seinem Urteil vom 05.07.2017 (II er 37/15) entschieden und damit der bisherigen Praxis der Finanzverwaltung eine klare Absage erteilt. Diese stand bislang auf dem Standpunkt, dass Kinder laut Gesetz zum Unterhalt, wozu auch die Pflege zähle, verpflichtet seien.
Tochter hat Mutter 10 Jahre lang gepflegt und dann beerbt
Die Klägerin hatte ihre Mutter, die sie als Miterbin beerbt hat, 10 Jahre lang gepflegt und wollte dann im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung den Pflegefreibetrag berücksichtigt wissen. Da das Finanzamt dies abgelehnt hatte, zog sie vor Gericht und hatte Erfolg.
Urteil von großer praktischer Bedeutung, da der Begriff der Pflege weit zu definieren ist
Das Urteil ist von großer praktischer Bedeutung, denn die Richter haben klargestellt, dass der Begriff der „Pflege“ weit zu verstehen sei. Es ist nicht nötig, dass der Erblasser eine Pflegestufe hatte oder im Sinne des Gesetzes pflegebedürftig gewesen wäre. Ausreichend sei vielmehr die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohl einer hilfsbedürftigen Person.
Der Anspruch der pflegenden Kinder ist deshalb gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person honorieren und die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen verbessern wolle, so die Richter.
Höhe des Freibetrags bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls
Feste Sätze zur Bemessung der Höhe des Freibetrags gibt es nicht, sondern dieser bestimmt sich vielmehr nach Aussage des Gerichts nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei können aber Vergütungssätze von Pflegedienstleistern als Vergleichsgrößen herangezogen werden.
Der Pflegefreibetrag kann auch dann von den Erben in Anspruch genommen werden, wenn der Erblasser aufgrund seines eigenen Vermögens keinen Unterhaltsanspruch gegen das pflegende Kind hatte. Dies haben die Richter ausdrücklich klargestellt.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.