Wer zu Lebzeiten eine Immobilie überträgt, in der Absicht damit bei Eintritt des Erbfalls den Pflichtteil von Pflichtteilsberechtigten zu reduzieren, der muss 2 Dinge beachten.
1. Übertragung auf Ehegatten
Zunächst ist zu beachten, dass eine Beschneidung des Pflichtteils dann durch eine solche lebzeitige Übertragung nicht funktioniert, wenn Übertragung an den Ehegatten erfolgt ist. Bei solchen Übertragungen findet nämlich keine sog. Abschmelzung, bei der sich der Wertimmobilie in 10 Jahren aufzehrt, statt.
2. Übertragung mit Nießbrauch
Ebenso wenig funktioniert die Abschmelzung dann, wenn zwar eine formelle Eigentumsübertragung stattfindet, der Schenkende sich aber dadurch die wirtschaftliche Verfügungsgewalt vorbehält, indem er zu seinen Gunsten sich einen Nießbrauch einräumen lässt. Auch in derartigen Fällen entsteht ein sog. Pflichtteilergänzungsanspruch, weil die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht anläuft.
3. Übertragung mit Wohnrecht
Während ein Nießbrauch stets einen Pflichtteilergänzungsanspruch auslöst, ist beim Wohnrecht zu differenzieren, denn es kommt dann vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Um dem Pflichtteilergänzungsanspruch zu vermeiden ist erforderlich, dass der Schenker und spätere Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgibt, sondern auch darauf verzichtet, den Gegenstand im Wesentlichen weiterhin zu nutzen. Je weitreichender also das Wohnrecht ist, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass im Falle eines Rechtsstreits die lebzeitigen übertragen Immobilie zur Pflichtteilsergänzung herangezogen wird Besteht das Wohnrecht nicht an der ganzen Immobilie, sondern nur ein Teil davon, beispielsweise an einer von mehreren im Haus befindlichen Wohnungen, und ist das Wohnrecht nicht frei auf einen Dritten übertragbar, dann wird regelmäßig mit der Übertragung die Frist in Lauf gesetzt (BGH, Urteil vom 20.06.2016, IV ZR 474/15).
Fazit:
Soll durch eine lebzeitige Vermögensübertragung verhindert werden, dass Pflichtteilsberechtigte im Erbfall davon profitieren, dann sollte auf jeden Fall eine solche Übertragung nicht ohne fachkundigen Rat erfolgen.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.