Wer die Erbfolge mit einem eigenhändig geschriebenen Testament regeln möchte, muss in der Lage sein das Testament so zu schreiben, dass es lesbar ist. Unlesbarkeit kann dazu führen, dass das gesamte Testament unwirksam ist, wie nunmehr das Schleswig-Holsteinische OLG, (Beschluss vom 16.07.2015 – 3 Wx 19/15) bestätigt hat.
Im entschiedenen Verfahren war nach dem Tod der Erblasserin der Tochter der Verstorbenen aufgrund gesetzlicher Erbfolge ein Erbschein erteilt worden. Dagegen wandte sich als weitere Beteiligte eine Pflegekraft, die beruflich und privat Kontakt zu der Verstorbenen hatte. Sie reichte bei Gericht ein Schreiben ein, das die Erblasserin 2 Monate vor ihrem Tod gefertigt haben soll. Sie gab an, dass sie das Schreiben von einer anderen Pflegekraft erhalten habe und in diesem Schreiben stehe, dass ihr die Verstorbene alles vermache. Das Nachlassgericht erteilte wegen Unleserlichkeit des Schriftstücks der Tochter auf Grund gesetzlichen Erbrechts einen Erbschein. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Pflegerin blieb erfolglos.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Gericht ausgeführt:
„Der Tochter der Verstorbenen ist der Erbschein als Alleinerbin zu erteilen, weil diese ihre Mutter aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt hat. Die weitere Beteiligte des Verfahrens kann sich nicht darauf berufen, aufgrund Testaments als Erbin eingesetzt zu sein. Das eingereichte Schriftstück genügt nicht den Anforderungen an die Form eines wirksamen Testaments. Ein Testament kann durch eigenhändige und unterschriebene Erklärung errichtet werden.
Die Eigenhändigkeit der Errichtung setzt voraus, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgeht. Zwingende Formvoraussetzung ist damit die Lesbarkeit der Niederschrift. Der Senat ist trotz langjähriger Erfahrung mit der Entzifferung schwer lesbarer letztwilliger Verfügungen nicht in der Lage, das Schriftstück soweit zu entziffern, dass es einen eindeutigen Inhalt erhält.
Der Senat geht mit dem Nachlassgericht davon aus, dass die ersten drei Worte „ich A.“ und die letzten Worte „D. geb. …“, gefolgt von der Unterschrift und dem Datum lauten. Diese Worte weisen die Erblasserin als Erklärende aus und lassen einen Bezug der Erklärung zu der weiteren Beteiligten, die namentlich und mit ihrem Geburtsdatum genannt wird, erkennen.
In der Mitte des Textes verbleiben jedoch einige nicht zweifelsfrei lesbare Worte. Die Ungewissheit über den Inhalt des Geschriebenen lässt sich nicht unter Zuhilfenahme der vom Nachlassgericht herangezogenen Schriftsachverständigen beseitigen. Die Sachverständige hat zwar das erste der umstrittenen Worte als „vermache“ identifiziert, nicht jedoch die weiteren Wörter, so dass unklar bleibt, was vermacht werden sollte.
Da das vorgelegte Schriftstück aufgrund seiner Unleserlichkeit bereits kein formgültiges Testament darstellt, war vom Gericht nicht weiter zu untersuchen, ob die Erblasserin wegen Demenz oder Leseunfähigkeit testierunfähig gewesen ist und ob das Schriftstück überhaupt von ihr stammte.“
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.