Scheitert eine Ehe und trennen sich die Partner, dann kann ein Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehen, d. h. derjenige Ehegatte, der nichts oder weniger verdient, kann vom besserverdienenden Ehegatten sog. Trennungsunterhalt beanspruchen. Was aber ist, wenn die Ehegatten nie zusammengelebt und gewirtschaftet hatten? Das spielt keine Rolle, sagt jedenfalls das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12. Juli 2019, 4 UF 123/19).
Durch Familien arrangierte Ehe scheitert
Die Eheleute, die eine indischen kulturellen Hintergrund haben, haben im August 2017 geheiratet. Die Ehe war von den Eltern arrangiert worden. Während die Antragstellerin in Deutschland bei einer Bank arbeitete und noch im Haushalt ihrer Eltern lebte, war der Ehemann in Paris als Wertpapierhändler tätig.
Nach der Eheschließung fanden an Wochenenden regelmäßige, gemeinsame Übernachtungen statt. Zu sexuellen Kontakten soll es dabei aber nicht gekommen sein. Die Ehegatten hatten kein gemeinsames Konto. Durch ihre Erwerbstätigkeit erzielte Einkünfte verbrauchte jeder für sich. Gleichwohl war geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt und die Parteien dann dort gemeinsam leben.
Im August 2018 kam es zwischen den Parteien zu einer Aussprache, die zu einer Trennung sowie einem anhängigen Scheidungsverfahren führte. Die Antragstellerin macht nun, weil ihr Ehemann als Wertpapierhändler deutlich mehr verdient hatte als sie, Trennungsunterhalt geltend. Da der Ehemann nicht zahlen wollte, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Vormaliges Zusammenleben ist keine Voraussetzung für den Anspruch auf Trennungsunterhalt
Während das Familiengericht noch den Antrag abgewiesen hatte, war die dagegen gerichtete Beschwerde zum OLG erfolgreich. Hier waren die Richter der Meinung, dass der Antragstellerin trotz der kurzen Dauer der Ehe und des ungewöhnlichen Verlaufs ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zustehen würde.
Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht kraft Gesetzes
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, so die Richter, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben noch, dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen sei. Es gebe nämlich keine nur formell bestehende Ehe mit verminderten Rechten. Der während der Ehe bestehende Unterhaltsanspruch setzt auch nicht voraus, dass die Parteien sich wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Dieser könne auch nicht durch Vereinbarung beschränkt werden.
Anspruch auf Trennungsunterhalt auch nicht verwirkt
Auch der vom Ehemann vorgebrachte Einwand der Verwirkung aufgrund der kurzen Ehedauer half diesem nicht weiter. Zum einen war die Richter der Meinung, dass der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer auf den Anspruch auf Gewährung von Trennungsunterhalt nicht anwendbar sei. Hinzu komme, so das Gericht, dass auch keine kurze Ehedauer vorliegen würde, weil die Ehe bis zum Ausspruch der Scheidung fortbestehen würde.
Da die Eheleute geplant hatten, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt, damit die Parteien dann dort ein gemeinsames Leben führen könnten, sei der Anspruch auch nicht dadurch verwirkt, dass die Parteien zunächst vereinbart hatten, auch nach der Eheschließung weiterhin getrennt zu leben.
Also muss der Ehemann (zunächst) bezahlen.
Anmerkung:
Auch, wenn die Entscheidung formaljuristisch begründet ist, so ist sie für den juristischen Laien mit gesunden Menschenverstand kaum nachzuvollziehen. Ist doch nicht ersichtlich, weswegen die bislang finanziell selbständige Ehefrau, nun für die Trennungszeit Ausgleichszahlungen des Ehemannes erhalten soll. In der Sache ist allerdings das letzte Wort noch nicht gesprochen, weil das Gericht die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen hat.
Der Ehemann wäre im Übrigen gut beraten gewesen, wenn er aufgrund der merkwürdigen Konstellation der Ehe nicht im gesetzlichen Güterstand geheiratet hätte, sondern für den Fall der Fälle einen Ehevertrag abgeschlossen hätte.