Nachdem es bekanntlich nichts gibt, was nicht irgendwann vor Gericht landet, berichten wir heute – passend im Nachgang zum Tag der deutschen Einheit – von einem besonders kuriosen Fall, in dem ein Ostdeutscher sich wegen seiner ostdeutschen Herkunft von zwei Vorgesetzten diskriminiert und gemobbt sah und deshalb von seinem Arbeitgeber, einem Verlag, nicht nur Entschädigung nach dem AGG, sondern auch 800.000 € Schadenersatz wegen Mobbings haben wollte. Das Arbeitsgericht Berlin sah dies allerdings anders und hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15. August 2019, 44 Ca 8580/18).
Stellvertretender Ressortleiter eines Zeitungsverlags fühlt sich durch Vorgesetzte wegen ostdeutscher Herkunft gedemütigt
Fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung fühlte sich ein stellvertretender Ressortleiter eines Zeitungsverlags wegen seiner ostdeutschen Herkunft von zwei Vorgesetzten gedemütigt. Er hat allerdings seinen Arbeitgeber über ein solches „Mobbing“ zunächst nicht in Kenntnis gesetzt, sondern zog es vor vors Arbeitsgericht zu ziehen und neben einer Entschädigung nach dem AGG Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 800.000 € zu verlangen.
Keine Diskriminierung nach dem AGG
Vor Gericht hat er damit allerdings keinen Erfolg, denn die Berliner Richter sahen schon keine Benachteiligung im Sinne von § 1 AGG. In dieser Vorschrift ist u. A. eine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft oder der Weltanschauung geregelt. Menschen ostdeutscher Herkunft sind aber weder Mitglieder einer ethnischen Gruppe noch Träger einer einheitlichen Weltanschauung, so die Richter, sodass ein Anspruch bereits aus diesem Grund ausscheidet.
Auch kein Schadenersatz wegen einer Verletzung der Persönlichkeit oder Gesundheit
Die Richter haben aber auch Schadensersatzansprüche wegen eine Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzung verneint. Der Kläger hatte nämlich weder seinen Arbeitgeber rechtzeitig auf das Mobbing seine Kollegen aufmerksam gemacht noch auf den ungewöhnlich hohen Schaden, der vom Kläger mit 800.000 € beziffert worden war, hingewiesen. Die Richter konstruierten daraus ein derart hohes Mitverschulden, dass bereits aus diesem Grund eine Ersatzpflicht ausscheidet.
Anmerkung:
Ob der Kläger rechtsschutzversichert war und eine Versicherung für eine derart hohe Klagesumme Deckungszusage erteilt hat, ist nicht bekannt. Auch, wenn in erster Instanz keine Kostenerstattung stattfindet, also der unterlegene Kläger lediglich die Gerichtskosten und seine eigenen Anwaltsgebühren bezahlen muss, kommen hier aber doch ganz erhebliche Beträge zusammen. Allein die Gerichtskosten, die an die Staatskasse zu bezahlen sind belaufen sich auf 13.848 €. Hinzu kommen Anwaltsgebühren für den eigenen Rechtsvertreter, so das der „Spaß“ den Kläger gut 26.000 € gekostet hat. Für den Fall, dass ihn sein Rechtsvertreter nicht hinreichend auf die mangelnden Erfolgsaussichten der angestrebten Klage hingewiesen hat, könnte von daher der Fall durchaus ein haftungsrechtliches Nachspiel haben.
Eine Nebenfolge ist, dass sich derartige Rechtsstreitigkeiten meist nicht gerade positiv auf das fortzuführende Arbeitsverhältnis auswirken. Auch, wenn dies natürlich keine unmittelbaren Auswirkungen haben darf, dürfte gleichwohl die Position des Klägers im Betrieb nicht wirklich verbessert haben …