Wer eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhält und sich dagegen zur Wehr setzen möchte, der denkt oft auch darüber nach, ob die Abmahnung nicht bereits unzulässig gewesen ist, weil Rechtsmissbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG vorliegt. Die Hürden, die die Rechtsprechung für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs aufstellt, sind allerdings recht hoch und werden, wie ein aktueller Beschluss des OLG Frankfurt vom 04.02.2016 (6 W 10/16) zeigt, immer höher.
Eine umfangreiche Verfolgungstätigkeit oder deren objektives Missverhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit reicht nach Auffassung des Gerichts nicht aus, sondern der Vorwurf vorwiegend Aufwendungsersatzansprüche entstehen lassen zu wollen setzt, so die Richter, den Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens mit dem beauftragten Anwalt in der Weise voraus, dass der Anwalt zum Zwecke der Erzeugung eigener Gebührenansprüche seinen Mandanten vollständig oder zum größten Teil von den mit der Führung der Prozesse verbundenen Kostenrisiken freistellt, d.h. die Partei nur als „Strohmann“ ihres Anwalts fungiert.
Anmerkung:
Das OLG Frankfurt will also Rechtsmissbrauch nur für den Fall annehmen, dass in Wahrheit ein Anwalt der Abmahnende ist, der sich mangels eigener Aktivlegitimation lediglich eines Wettbewerbers als Strohmannbedient, um für sich, für den Fall, dass der Abgemahnte bezahlt oder aber Ansprüche erfolgreich gerichtlich durchgesetzt werden können Gebührenansprüche generiert, während bei Abmahnungen, die nicht erfolgreich sind, der Anwalt seinem Mandanten die dafür anfallenden Gebühren nicht berechnet. Es verlangt also, dass der Angegriffene im Rahmen eines Verfügungsverfahrens den Nachweis erbringt, dass der Anwalt gemeinsam mit einem Dritten einen sog. Kostenerstattungsbetrug begangen hat. Ein solcher Nachweis ist praktisch nicht zu erbringen, denn den Gerichten reicht es regelmäßig aus, dass der Rechtsanwalt im Rahmen des Verfügungsverfahrens anwaltlich versichert gegenüber dem eigenen Mandanten auch Gebühren abzurechnen. Die Anforderungen des OLG Frankfurts sind damit nicht nur überzogen und nicht praxisgerecht, sondern die teleologische Reduktion der Anwendung des § 8 Abs. 4 UWG findet auch im Gesetzeszweck keine Stütze, weil es auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung durch den Abmahnenden und nicht ausschließlich auf einen Kostenerstattungsbetrug durch den Rechtsvertreter ankommt. Der Fall zeigt, dass Rechtsprechung nicht immer etwas mit gesundem Rechtsempfinden zu tun haben muss.