An dieser Stelle haben wir bereits des Öfteren von Fällen berichtet, in denen wir erfolgreich für Onlinehändler die Entfernung zu Unrecht erfolgter negative Bewertungen bei eBay und Co. durchgesetzt haben. Mit Beschluss des Landgerichts München II vom 04.02.2020 (2 S 1176/19) haben wir nun neuerlich erfolgreich durchgesetzt, dass bei eBay eine negative Bewertung eines Onlinehändlers entfernt werden muss. Kurios ist dabei allerdings, dass der Rechtsstreit bereits seit dem Jahr 2016 läuft und den renitenten Käufer selbst einen vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten, das nachgewiesen hat, dass seine Behauptung falsch ist, nicht zum Einlenken bewogen hat.
Stein des Anstoßes war ein Kauf von Klebstoff zur Reparatur von Schlauchbooten. Der Käufer hatte zwar gegenüber dem Verkäufer keine Mangelhaftigkeit gerügt, diesen aber gleichwohl negativ bewertet und dies damit begründet, dass der Klebstoff untauglich zur Reparatur sei und sich in Meerwasser auflösen würde. Dies war aber nach den Feststellungen der Gerichte falsch, so dass eine unrichtige Tatsachenbehauptung vorgelegen hat.
Onlinekauf eines Schlauchbootkleber beschäftigt fast 3 Jahre die Gerichte
Der Beklagte hat am 21.08.2016 im Onlineshop des von unserer Kanzlei vertretenen Klägers zum Preis von 10,20 € einen Schlauchbootkleber gekauft. Er hatte den Kauf weder widerrufen noch Gewährleistungsrechte geltend gemacht. Gleichwohl hat er den Kläger rund einen Monat später negativ bewertet und dies folgendermaßen kommentiert:
„Der Klebstoff ist untauglich zur Reparatur, der Kleber löst sich in Meerwasser!“
Der Kläger hat noch am gleichen Tag geantwortet und darauf verwiesen, dass sowohl die Gebrauchsanweisung als auch die Materialien zu beachten seien, weil andernfalls kein Klebstoff halten würde. Als der Beklagte darauf nicht reagiert, legte der Kläger nochmals mit Schreiben vom 18.11.2016 gegenüber dem Beklagten dar, warum die Bewertung aus seiner Sicht zu Unrecht erfolgt sei und dass es sich, da er den Klebstoff bereits vielfach ohne jegliche Reklamation verkauft habe, um einen Anwendungsfehler handeln müsse. Da der Beklagte aber uneinsichtig blieb, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Äußerungen des Beklagten beeinträchtigen Kläger rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und sind geeignete Nachteile für dessen Erwerb herbeizuführen
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht sehen in der unwahren Äußerung eine rechtswidrige Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des klagenden Händlers.
Amtsgericht Wolfratshausen gibt der Klage statt
Bereits das Amtsgericht Wolfratshausen, bei dem der Rechtsstreit seinen Ausgang nahm, hat nach erfolgter Beweisaufnahme dem Beklagten mit Urteil vom 28.02.2019 (8 C 264/17) dazu verurteilt die Zustimmung zur Entfernung der zu Unrecht erfolgten negativen Bewertung zu erteilen und die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu übernehmen. Ein solcher Anspruch ergibt sich, so das Amtsgericht, aus § 1004 Abs.1 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs.1 BGB, Art.2 Abs. 1 , Art.1 Abs.1 GG bzw. mit § 824 Abs.1 BGB sowie aus §§ 433, 280 Abs.1, 249 Abs.1 BGB.
Nach Auffassung des Gerichts war der vom Beklagten abgegebene Kommentar so zu verstehen, dass der streitgegenständliche Kleber generell zur Reparatur von Schlauchbooten ungeeignet wäre und zwar gleich um welche Art von Schlauchboot und um welche Art von Reparatur es sich handeln würde. Das Gericht hat dann weiter ausgeführt, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme zu seiner Überzeugung feststünde, dass der Bewertungskommentar unwahr sei, weil der Kleber für bestimmte Reparaturen an Schlauchbooten durchaus geeignet wäre. Der Sachverständige habe nämlich in seinem Gutachten dargelegt, dass aufgrund der von ihm vorgenommenen Klebversuche von der Adhäsionskraft des Klebers und damit seiner Funktion auszugehen sei. Der Sachverständige habe beschrieben, dass mit dem streitgegenständlichen Kleber Hypalon-Muster wirksam miteinander hätten verklebt werden können und sich die Klebeverbindung auch bei Quellversuchen nicht gelöst habe.
Dass der Sachverständige die Klebeversuche nur mit Hypalon vorgenommen hat, sei unschädlich, da es nach d e m Vorstehenden eben nur darauf ankommt, ob generell Schlauchboote, also beispielsweise solche aus Hypalon, mit dem Kleber repariert werden können.
Landgericht München II weist die Berufung durch Beschluss zurück
Nachdem das Landgericht München II bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 08.11.2019 darauf hingewiesen hatte, dass nach seiner Auffassung die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Beklagte aber nach wie vor uneinsichtig war, hat das Landgericht dann die Berufung mit Beschluss vom 04.02.2020 zurückgewiesen. Ergänzend haben die Richter dazu ausgeführt, dass der Beklagte sich auch nicht im Hinblick auf die bloße Bewertung selbst, also ohne Kommentar, nicht erfolgreich auf die Meinungsfreiheit berufen könne, weil bereits das Amtsgericht zutreffend darauf verwiesen habe, dass diese nicht unbeschränkt gelten könne. Die Bewertung des Beklagten stehen nämlich offensichtlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der falschen Tatsachenbehauptung des Bewertungskommentars. Weiter haben die Richter klargestellt, dass die streitgegenständliche Bewertung offensichtlich die Vermögenswerten Interessen des Klägers als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, also der Sozialsphäre, die die persönliche Eigenart eines Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt sowie seinen beruflichen wirtschaftlichen Werken schützt und daher der Anspruch zu dem auch aus § 824 BGB folgt.
Anmerkung:
Nachdem bei zwei Instanzen nebst eingeholtem Sachverständigengutachten für die beklagte Partei ein solches Verfahren dies ein teurer Spaß ist, bleibt jetzt abzuwarten, ob die Kosten auch durchgesetzt werden können. Die Besonderheit des Falles bestand nämlich auch darin, dass der Account, über den die Bewertung abgegeben war, einer älteren Dame gehört, während der Akteur im Verfahren und Bewertende, deren Sohn, ein Psychologe, gewesen ist. Dieser glaubte sich dann dadurch prozessuale Vorteile verschaffen zu können, dass er zugleich als Zeuge in eigener Sache zur Verfügung steht. Letztlich hat sich das Gericht aber von den „Tricks“ nicht beeindrucken lassen. Auch, wenn für den betroffenen Händler die Entscheidung dann eine späte Befriedigung darstellt, sind derartige Verfahren gleichwohl unbefriedigend, weil querulatorischen Käufern mit den im Internet zur Verfügung stehenden Bewertungsmöglichkeiten ein Instrument an die Hand gegeben wird, das nur allzu oft aus sachfremden Motiven und Borniertheit missbräuchlich verwendet wird. Wer so wie hier als Händler viele 1.000 positive Bewertung hat, bei dem ist eine solche Bewertung zwar ärgerlich. Sie fällt aber im Einzelfall nicht weiter ins Gewicht. Wer dagegen nur wenige Bewertungen hat, weil zufriedene Kunden meist nicht bewerten, für den kann eine unzutreffende negative Bewertung einen massiven wirtschaftlichen Schaden darstellen. Deshalb sollte auch stets, um ein Zeichen zu setzen, mit Nachdruck gegen alle Formen von rechtswidrigen negativen Bewertungen vorgegangen werden, um vielleicht so dauerhaft das Problem in den Griff zu bekommen. Dass Kunden immer dreister werden, verdeutlicht ein Fall, der erst diese Woche auf dem Schreibtisch des Verfassers gelandet ist. Dort hat zunächst ein „Kunde“ einem Ankäufer Ware zu einem bestimmten Preis angeboten, den der Ankäufer aber nicht bezahlen wollte, der Meinung war, die Ware sei mangelhaft. Der Kunde hat dann gleichwohl zu dem von Ankäufer genannten Preis die Ware verkauft. Soweit so gut. Im Anschluss hat er dann auf Google eine negative Bewertung abgegeben und zunächst dann gegen Zahlung von 300 € angeboten auf die Abgabe eines entsprechenden Bewertungskommentars zu verzichten. Als der Händler nicht darauf eingegangen ist, hatte das Angebot dahingehend modifiziert, dass er zunächst eine Bewertungskommentar abgegeben hat, indem er zum Boykott des Händlers aufruft und stattdessen Wettbewerber empfiehlt, er sich dann aber bereit erklärt hat, gegen die Zahlung von 350 € diesen Bewertungskommentar wieder zu entfernen und, Sie ahnen schon, gegen Zahlung von 500 €, sogar aus der ursprünglichen 1-Sterne- Bewertung eine 5-Sterne-Bewertung mit entsprechenden Kommentar zu machen. Bei so viel Dreistigkeit fehlen einem fast die Worte. Dies ist ein ganz klarer Fall von Bewertungserpressung, so das sich nicht nur einen Löschungsanspruch ergibt, sondern eine solche Vorgehensweise kann auch für den Bewertenden, der das Bewertungssystem missbraucht, strafrechtliche Konsequenzen haben …