Wes Brot ich ess des Lied ich sing, besagt eine Redensart. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass der Arbeitgeber nach außen absolute Loyalität beanspruchen kann und zwar gleichgültig, ob dies dem Arbeitnehmer gefällt oder nicht. Wer als Arbeitnehmer dagegen verstößt, verletzt arbeitsvertragliche Pflichten und kann dafür wirksam abgemahnt werden. Das hat das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 26.06.2019 (4 Sa 970/18) entschieden und die Abmahnung des Redakteurs eines Wirtschaftsmagazins für gerechtfertigt erachtet, der einen Artikel, den sein Arbeitgeber nicht ungekürzt veröffentlichen wollte, gegen dessen Willen eigenmächtig in einer Tageszeitung veröffentlicht hat.
Redakteur wird anlässlich einer Dienstreise von Unternehmerin in Hüfte gekniffen
Der Kläger sollte als Redakteur eines Wirtschaftsmagazins über die Eröffnung einer Fabrik eines deutschen Unternehmens in Amerika berichten. Anlässlich eines Firmenevents, an dem er im Auftrag seines Arbeitgebers teilnahm und über das er berichten sollte, berichtete er in seinem Artikel auch darüber, was ihm persönlich widerfahren war. Seinen Verzicht etwas zu essen hatte er gegenüber der ausrichtenden Unternehmerin damit begründet, dass er „zu viel Speck überm Gürtel“ habe. Da die Dame offensichtlich sehr hemdsärmelig war, hat sie als Reaktion darauf nach Angaben des Redakteurs diesen kräftig in die Hüfte gekniffen …
In seinem Bericht über die Fabrikeröffnung in USA hatte der Kläger dann auch über diese Begebenheit berichtet. Das gefiel dem Verlag aber offensichtlich nicht, denn der Chefredakteur hat die Passage gestrichen und der Bericht wurde ohne sie veröffentlicht.
Redakteur veröffentlicht vom Arbeitgeber gekürzten Artikel ungekürzt in Tageszeitung
Nachdem der Versuch des Klägers eine nachträgliche Veröffentlichung im Wirtschaftsmagazin seines Arbeitgebers zu erreichen, fehlgeschlagen war, kündigte er an den Beitrag anderweitig zu veröffentlichen. Der Chefredakteur verwies ihn dabei auf die im Arbeitsvertrag enthaltene Konkurrenzklausel und stellte ihm eine Rücksprache mit der Personalabteilung anheim.
Davon aber wollte der Kläger nichts wissen, sondern der Artikel wurde nun, wie von ihm angekündigt, ungekürzt unter dem Titel „Ran an den Speck“ in einer Tageszeitung veröffentlicht. Dort schilderte er seine Erlebnisse mit der übergriffigen Unternehmerin und stellte diese in Zusammenhang mit der #MeToo-Debatte.
Daraufhin erteilte der Arbeitgeber dem Redakteur eine Abmahnung. Da der Arbeitgeber nicht bereit war, diese freiwillig aus der Personalakte zu entfernen, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Abmahnung des Redakteurs war zu Recht erfolgt
Wie bereits zuvor das Arbeitsgericht hat auch das LAG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Aufgrund der beiderseitigen Tarifbindung, so das Gericht, findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften (MTV) Anwendung. Nach § 13 Nummer 3 MTV bedarf die Verwertung eines dem Redakteur bei seiner Tätigkeit bekannt gewordenen Nachricht der Einwilligung des Verlags. Diese Einschränkung der Meinungsfreiheit sei, so die Richter nach den tarifrechtlichen Vorschriften gerechtfertigt. Zwar sei der Kläger auch persönlich betroffen. Es überwiege aber der dienstliche Zusammenhang, weil sich der vom Kläger erlebte Vorfall gerade bei dem Firmenevent, über das er berichten sollte, ereignet habe und außerdem die handelnde Person die Unternehmerin selbst gewesen sei. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn der Kläger vor der Veröffentlichung des Beitrags in einer anderen Tageszeitung verpflichtet ist, die Einwilligung des Verlags einzuholen und, soweit die Einwilligung versagt wird, diese gegebenenfalls im Rechtsweg ersetzen zu lassen. Da er dies nicht gemacht habe, habe er sich pflichtwidrig verhalten, sodass er wirksam abgemahnt werden konnte.
Das letzte Wort dürfte in der Sache aber noch nicht gesprochen sein, denn die Richter am LAG haben die Revision zum BAG zugelassen.