Arbeitnehmer, die einen Familienangehörigen pflegen möchten, können grundsätzlich auf Grundlage des Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) von ihrem Arbeitgeber die Zustimmung zur Reduzierung der Arbeitszeit verlangen. Stimmt dieser nicht freiwillig zu, dann kann der Anspruch auch mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzt werden. Der Pflegebedarf von Familienangehörigen aber einerseits oft kurzfristig und recht akut auftauchen kann andererseits aber die Mühlen der Justiz langsam mahlen, würde der Rechtsanspruch ausgefüllt werden, wenn ein Arbeitnehmer nun zunächst Zeit intensiv den Rechtsweg zum Arbeitsgericht und vielleicht auch Landesarbeitsgericht beschreiten müsste, bevor dann eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, die eine Reduzierung der Arbeitszeit ermöglicht. Um dies zu vermeiden kann ein solcher Anspruch auch im sogenannten vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.09.2017 – 15 SaGa 823/17).
Bauarbeiter möchte zwecks Pflege seiner Mutter Arbeitszeit auf 6 Stunden täglich verringern
Vor Gericht gezogen war ein Bauarbeiter, der seit 10 Jahren in einem Unternehmen mit mehr als 25 Arbeitnehmern tätig war und sich künftig stärker um seine im gemeinsamen Haushalt lebende Mutter, bei der Pflegegrad 4 festgestellt worden war, kümmern wollte. Zu diesem Zweck hat er zunächst mit Schreiben vom 02.12.2016 eine Verringerung der Arbeitszeit von 40 Stunden auf deren 30 Stunden und dann mit weiterem Schreiben vom 19.01.2017 auf 30 Stunden beantragt. Er wollte dabei montags bis freitags von 6:30 Uhr bis 14:30 Uhr arbeiten, wobei in der Arbeitszeit eine 30-minütige Pause beinhaltet war. Dies wurde vom Arbeitgeber abgelehnt.
Arbeitnehmer beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung die Arbeitszeit befristet auf 2 Jahre zu reduzieren
Der Arbeitnehmer zog nun vor Gericht. Neben einer Hauptsacheklage hat er im Wege der einstweiligen Verfügung eine Reduzierung der Arbeitszeit für 2 Jahre unter entsprechender Verteilung der reduzierten Arbeitszeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren beantragt.
LAG reduziert Arbeitszeit im Wege der einstweiligen Verfügung
Während das Arbeitsgericht Berlin den Verfügungsantrag noch abgewiesen hatte hat das LAG dem Antrag für die Zukunft stattgegeben.
Dem Anspruch des Verfügungsklägers stehen, so die Richter, nicht dringende betriebliche Gründe entgegen. § 2a Abs. 2 Satz 2 FPfZG entspricht § 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG. Insofern können die Erwägung der Rechtsprechung zu dieser Norm auch vorliegend angewendet werden. Insofern sind auch hier an die Ablehnungsgründe erhebliche Anforderungen zu stellen. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein. Selbst größere Koordinationsschwierigkeiten des Arbeitgebers, die durch die Verringerung der Arbeitszeit ausgelöst werden, erreichen diese Schwelle nicht. Sie treten typischerweise auf und sind vom Arbeitgeber regelmäßig hinzunehmen.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe kommt dem Arbeitgeber zu. Unter Berücksichtigung von § 894 ZPO war die Wirkung der einstweiligen Verfügung bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu begrenzen. Da Pflegezeit und die Familienpflegezeit insgesamt 24 Monate nicht überschreiten dürfen (§ 2 Abs. 2 FPfZG), war zusätzlich eine Begrenzung bis zum 21.05.2019 vorzunehmen.