Im Zivilprozess ist es grundsätzlich so, dass die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dazu zählen neben den Gerichtskosten auch die außergerichtlichen Kosten der obsiegenden Partei, also die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren. Diese Grundsätze, die in § 91 ZPO geregelt sind, sind den meisten Rechtsuchenden bekannt. Deshalb spricht man im Vorfeld auch oft von einem Prozesskostenrisiko, das der Rechtsstreit vor Gericht mit sich bringt, nämlich neben den Gerichtskosten und den eigen Anwaltsgebühren auch noch die Kosten für den Gegenanwalt zu bezahlen. Was viele nicht wissen ist, dass im sog. Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht diese Grundsätze nicht gelten. Zwar trifft auch dort am Ende des Verfahrens das Nachlassgericht eine Kostenentscheidung. Lautet diese aber beispielsweise nur, dass der von einem Beteiligten gestellte Antrag auf Erteilung eines Erbscheins „kostenpflichtig“ zurückgewiesen werde, dann bedeutet dies nicht automatisch, dass die insoweit obsiegenden Partei, also diejenige, die die Erteilung des Erbscheins erfolgreich verhindert hat, auch einen Kostenerstattungsanspruch hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2021, 31 Wx 205/2). Der Grund dafür ist, dass es sich hier um ein Verfahren der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt und hier die Regelung des § 91 ZPO nicht zur Anwendung gelangt, sondern die Regelung des § 81 FamFG gilt, die einen solchen Automatismus gerade nicht vorsieht.
Rechtspflegerin weist Kostenfestsetzungsantrag über 43.269,35 € zurück
Im vorangegangenen Erbscheinverfahren hatten die Beteiligten zu 1) bis 3) einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt. Die Beteiligten zu 4) bis 7) hatten sich dagegen erfolgreich verwehrt. Das Nachlassgericht hat den Erbschein nicht erteilt und im Tenor ausgesprochen, dass der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins kostenpflichtig zurückgewiesen werde.
Die Beteiligten zu 4) bis 7) haben nunmehr im Rahmen eines sog. Kostenfestsetzungsverfahrens einen Kostenfestsetzungsantrag bei Gericht eingereicht und wollten die ihnen entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 43.269,35 € festgesetzt haben. Dies wurde vom Nachlassgericht verweigert. Nachdem das Nachlassgericht auch der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, landete der Rechtsstreit schließlich beim OLG.
Erstattung der außergerichtlichen Kosten muss in der Kostengrundentscheidung ausdrücklich genannt sein
Die Beschwerde blieb erfolglos, weil auch die Richter am OLG zum Ergebnis kamen, dass in der Kostengrundentscheidung nur die Gerichtskosten, nicht aber die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten tituliert worden waren.
Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, dass der Senat bereits in der Vergangenheit (Beschluss vom 23. Mai 2009,10 I-3 WX 9/19) die Auffassung vertreten habe, dass in einer Endentscheidung, die keinen Kostenausspruch enthalte, regelmäßig die stillschweigende Entscheidung liege, dass eine Kostenerstattung gerade nicht stattfinden soll. Auch, wenn das OLG Hamm (FamRZ 2020,2079) dazu eine andere Auffassung vertragen habe, wollte der Senat an seiner Rechtsprechung festhalten. Eine allgemeine Verpflichtung über die Kosten zu entscheiden, besteht in der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht. Anderes gilt nur dann, wenn die Kostenentscheidung ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist oder dann, wenn es dem Gericht angemessen erscheint oder wenn eine Kostenentscheidung von einem Beteiligten beantragt wird. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Beteiligten eines Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht in allen Fällen in einem entgegengesetzten Sinn beteiligt sind. Würde aber in einem nicht näher begründeten Kostenausspruch über die kostenpflichtige Zurückweisung eines Antrags eine Kostengrundentscheidung auch hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten gesehen und die Anordnung einer Erstattungspflicht gegenüber den übrigen Beteiligten bejaht, liefe das auf eine dem starren Erfolgsgrundsatz des streitigen Zivilverfahrens angenäherte Betrachtungsweise hinaus, was indes mit § 81 S. 1 FamFG nicht in Einklang steht. Ein Bedürfnis für eine Grundregel dahin, dass ohne ausdrücklichen Ausspruch auch die Erstattung außergerichtlicher (in der Regel anwaltlicher) Kosten als angeordnet anzunehmen ist, besteht mit Blick auf die Möglichkeit eines (anwaltlich vertretenen) Beteiligten, eine Kostenentscheidung schon vor Erlass der Endentscheidung ausdrücklich oder nach Erlass der Endentscheidung die Ergänzung des Beschlusses zu beantragen, § 43 FamFG, nicht.
Anmerkung:
Im Erbscheinverfahren gilt kein Anwaltszwang. Wer sich gleichwohl anwaltlich vertreten lässt, was gerade dann, wenn die Erteilung des Erbscheins streitbefangene ist, vorzugswürdig ist, der muss also stets damit rechnen, dass er auch im Erfolgsfall keinen Kostenerstattungsanspruch hat. Diese Problematik kann dadurch umgangen werden, indem der Streit um die Erbenstellung nicht im Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht, sondern im Rahmen einer Erbenfeststellungsklage vor den Zivilgerichten aus bestritten wird. Dort hat dann die obsiegenden Partei, weil dann die Regelung des § 91 ZPO gilt, auch eine Kostenerstattungsanspruch.
Eine ähnliche Problematik taucht übrigens auch bei Streitigkeiten im Grundbuchsachen auf. Auch hier ist der Kostenerstattungsanspruch kein Automatismus, sondern ob liegt im Ermessen des Gerichts.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.