„Wenn es hinten kracht gibt es vorne Geld“, lautet eine Regel, die jeder Verkehrsrechtler kennt. Gemeint ist damit, dass der Anscheinsbeweis dafür spricht, dass bei einem Auffahrunfall der von hinten Auffahrende Schuld ist. Dieser Grundsatz gilt nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch auf der Skipiste (Landgericht Köln, Urteil vom 15.08.2017 – 30 O 53/17).
Streit um Verschuldensquote
Der Kläger und der Beklagte waren auf einer Skipiste in Österreich zusammengestoßen. Infolge des Zusammenstoßes erlitt der Kläger eine Unterschenkelfraktur und drei Rippenfrakturen. Darüber hinaus wurde die Ski-Ausrüstung der beiden Kontrahenten beschädigt.
Nach diesem ersten „Kennenlernen“ trafen sich die Kontrahenten dann ein zweites Mal vor Gericht und verlangten wechselseitig Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hatte bereits 50 % der Schäden des Klägers ausgeglichen. Der Kläger wollte aber vollen Ausgleich, weil er der Meinung war, dass das Verschulden zu 100 % beim Beklagten liege, weil dieser von hinten auf ihn aufgefahren sei. Der Beklagte wiederum verteidigte sich damit, es habe sich in Wahrheit um einen Frontalunfall gehandelt, weil beide Skifahrer nebeneinander gefahren seien.
Nicht widerlegter Anscheinsbeweis spricht für volle Haftung des Beklagten
Die Richter gaben dem Kläger Recht und verurteilten dem Beklagten zur Zahlung von 100 %. Das Gericht war nach einer durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Beklagte von hinten auf den Kläger aufgefahren sei. Deshalb habe der Anscheinsbeweis, ähnlich wie im Straßenverkehr, dafür gesprochen, dass er zu 100 % die Schuld an dem Unfall trage.
Nach der für das befahrene Skigebiet geltenden FIS-Regel Nr. 3 muss der von hinten kommende Skifahrer seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. Kommt es also zum Zusammenstoß, während der Beklagte hinter dem Kläger fährt, spricht dies zunächst dafür, dass der Beklagte gegen die FIS-Regel Nr. 3 verstoßen habe.
Diesem bleibe zwar die Möglichkeit diese Vermutungsregel durch den Nachweis eines abweichenden Geschehensablaufs zu erschüttern. Allerdings war dies dem Beklagten nach Auffassung des Gerichts nicht gelungen. Da für die Richter auch kein sonstiger Verstoß des Klägers gegen FIS-Regeln erkennbar war, haftet der Beklagte für die dem Kläger entstandenen Schäden voll.