Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen dienen nicht immer der Lauterkeit des Rechtsverkehrs, sondern oft steht ein Gebührenerzielungsinteresse der den Abmahnenden vertretenden Rechtsanwälte im Vordergrund. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese mit ihren vermeintlichen Auftraggebern gemeinsame Sache machen. In diesen Fällen ist es dann nicht primäres Ziel die geforderte Unterlassungserklärung zu erhalten, sondern die durch die Abmahnung ausgelösten Rechtsanwaltsgebühren. Ein Indiz dafür ist oft, dass dann, obwohl bereits die Abgabe einer Unterlassungserklärung angekündigt bzw. in nicht formell einwandfreier Weise abgegeben worden ist, nicht beim Abgemahnten nachgefasst, sondern stattdessen der Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht beantragt wird.
Dass solches Verhalten auch nach hinten losgehen kann, musste nun ein Abmahner erfahren, der den Umstand, dass die abgegebene Unterlassungserklärung versehentlich nicht unterzeichnet worden war, dazu ausgenutzt hat, um bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen, anstatt den Abgemahnten darauf hinzuweisen, dass die Unterschrift fehlt. In einem von unserer Kanzlei vor dem Oberlandesgericht Hamburg erstrittenen Beschluss (3 W 15/13) vom 20.02.2013 hat das Gericht die Kosten des Verfügungsverfahrens dem Antragsteller auferlegt, weil dieser es versäumt hatte beim Abgemahnten nachzufassen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Die Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten eines durch eine Abmahnung konkretisierten konkreten Schuldverhältnisses unterliegt – wie jede Rechtsbeziehung – gemäß § 242 BGB den Grundsätzen von Treu und Glauben (BGH GRUR 1987, 54, 55 – Aufklärungspflicht des Abgemahnten). Daraus können sich im Einzelfall unter bestimmten Umständen Rücksichtnahmepflichten für den Abmahnenden ergeben (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage, 2013, § 12 RdNr. 1.41). So kann er etwa, wenn es sich erkennbar um ein bloßes Versehen handelt, gehalten sein, vor der ge-richtlichen Geltendmachung seines Unterlassungsanspruches beim Verletzer „nachzufassen“ und auf die Unzulänglichkeit der abgegebenen Unterlassungserklärung hinzuweisen (Hartel Henning/Brüning, UWG, 2. Auflage 2009, § 12 Rn. 75).
So liegt es hier.
Jedenfalls nach Eingang des Schreibens der Antragsgegnenvertreter vom 28. Juni 2012 bei den Antragstellervertretern am Morgen des 29. Juni 2012 war davon auszugehen, dass die erforderliche Unterlassungsverpflichtungserklärung kurzfristig abgegeben werden sollte, so dass den berechtigten Ansprüche der Antragstellerin auch ohne Inanspruchnahme der Gerichte Genüge getan werden würden. Wíe das Landgericht zutreffend ausführt, wäre es in dieser Situation Sache der Antragstellerin gewesen, etwaige Unklarheiten durch eine Nachfrage bei den Antragsgegnervertretern zu beseitigen.
Mithin hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits zu Recht der Antragstellerin auferlegt.
Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.“