Papier ist bekanntlich geduldig. Entsprechend vollmundig klingen oft Verkaufsprospekte der Bauträger für Eigentumswohnungen. Wer hier als Bauträger allerdings zu dick aufträgt, der läuft Gefahr, dass wenn das, was er verspricht, nicht (dauerhaft) eingehalten wird, der Käufer sich durch Rücktritt vom Kaufvertrag lösen und so den gesamten Kauf rückabwickeln kann.
In einem vom OLG Frankfurt mit Urteil vom 12.11.2015 (3 O 4/14) zugunsten eines Erwerbers entschiedenen Rechtsstreit hatte der Käufer eine Eigentumswohnung erworben, bei der im Verkaufsprospekt ein Skyline Blick zugesagt worden war. Dieser war auch zunächst vorhanden. Später errichtete aber der Bauträger unterhalb des Wohnhauses jenseits eines angrenzenden Parks ein weiteres dreigeschossiges Gebäude, das die freie Sicht auf die Frankfurter Skyline beschränkte. Während nämlich das Panorama von der Terrasse der Wohnung zuvor den Blick auf die Frankfurter Innenstadt mit den markantesten Bauten bot, blieb nach der Errichtung des gegenüberliegenden Gebäudes allein die Sicht auf die Europäische Zentralbank und den Messeturm. Der dazwischen liegende Bereich mit Bankenviertel einschließlich des Commerzbank-Towers und der unteren Hälfte des Fernsehturms wird nunmehr verdeckt.
Die sichtbehindernde Bebauung stelle, so die Richter, daher eine nachvertragliche Pflichtverletzung des Bauträgers dar, die den Kläger zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigt. Denn unter Skyline sei die Teilansicht oder das Panorama zu verstehen, das eine Stadt mit ihren höchsten Bauwerken und Strukturen vor dem Horizont abzeichnet. Dass dieser Blick als Beschaffenheit der Wohnung vereinbart gewesen ist, folgt nach Auffassung des Gerichts aus dem Verkaufsprospekt, in dem mit dem Begriff „Skyline“ prägend geworben worden sei. So fänden sich dort u.a. die Aussagen „(…) auf der Südterrasse über dem Park die Türme der Stadt fest im Blick (…)“ oder „Der Abend, die Stadt mit ihren Türmen glüht, die Nacht auf der Terrasse mit Freunden (…)“ sowie „(…) passende Bühne für den unverbaubaren Skyline-Blick (…)“.
Aufgrund dieser Beschreibung hätten die Kläger erwarten können, dass von den Wohn- und Außenbereichen der erworbenen Eigentumswohnung ein unverbauter Blick auf die Frankfurter Skyline möglich ist.
Da der Bauträger den sichtbehindernden Bau selbst geplant und durchgeführt hat, konnte er sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass er die Pflichtverletzung nicht vertreten müsse.
Hinweis:
Bei dem Fall handelt es sich um eine spezielle Konstellation, weil das sichtbehindernde Bauwerk vom Verkäufer selbst stammt. Wer eine Immobilie erwirbt und dabei besonderen Wert darauf legt, dass die vorhandene Aussicht auch dauerhaft bestehen bleibt, kann regelmäßig nur dann Rechte aus einer Verschlechterung der Aussicht herleiten, wenn er sich hat solche ausdrücklich vertraglich zusichern lassen. So jedenfalls die Theorie. In der Praxis werden Verkäufer aber kaum dazu bereit sein dauerhaft dafür einstehen zu wollen, dass sich die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhandene Bebauungssituation nicht ändert, so dass die Verbauung der Aussicht regelmäßig zum allgemeinen Lebensrisiko des Erwerbers zählt.