Hat ein Arbeitnehmer in seinem Arbeitsvertrag eine Regelung, wonach er neben einem Fixgehalt auch eine Bonuszahlung verdienen kann, wobei die Einzelheiten dann in einer Zielvereinbarung geregelt werden sollen, hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe von bis zu 100 % der versprochenen Bonuszahlung, wenn der Arbeitgeber es unterlässt mit dem Arbeitnehmer eine entsprechende Zielvereinbarung zu treffen (BAG, Urteil vom 17.12.2020, 8 AZR 149/20).
Bonusregelung mit Zielvereinbarung
Der Kläger, der im Luftfrachtgeschäft als „Head of Operations“, was einem Projektleiter entspricht, beschäftigt war, hatte mit dem Arbeitgeber einen Formulararbeitsvertrag abgeschlossen, nachdem er neben seinem Fixgehalt noch – je nach Leistung und Geschäftsentwicklung – bis zu 25 % seines Bruttojahresgehalts zusätzlich verdienen konnte. Für die nähere Ausgestaltung war auf eine noch abzuschließende Zielvereinbarung verwiesen worden.
Zum Abschluss einer solchen Vereinbarung war es bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach ca. eineinhalb Jahren nicht gekommen. Der Arbeitnehmer verlangte gleichwohl die vertraglich zugesagte Bonuszahlung und zog, als der Arbeitgeber nicht zahlen wollte, vor Gericht.
Unterlassener Abschluss einer Zielvereinbarung stellt schuldhafte Vertragsverletzung des Arbeitgebers dar
Nachdem der Kläger zunächst beim Arbeitsgericht erfolgreich war, wies das LAG Frankfurt am Main die Klage ab. Die Revision zum BAG war überwiegend erfolgreich. Die obersten Arbeitsrichter haben klargestellt, dass der unterlassene Abschluss einer vertraglich in Aussicht gestellten Zielvereinbarung zur näheren Ausgestaltung der Bonuszahlung eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitsvertrags im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB darstellen würde. Die Bonusklausel sei nach ihrem Wortlaut und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen dahingehend auszulegen, dass die Parteien jährlich eine Zielvereinbarung zu treffen hatten, um die konkreten Voraussetzungen für die Zusatzvergütung zu regeln. Nach § 280 Abs. 1 BGB werde das Verschulden regelmäßig vermutet, diese Vermutung habe die Firma vorliegend nicht widerlegen können. Wegen Zeitablaufs und Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne keine Erfüllung, sondern nur noch Schadensersatz statt der Leistung nach § 283 BGB gefordert werden.
Der zu ersetzende Schaden bemisst sich dann nach den § 249 ff. BGB. Hier gingen die Richter dann davon aus, dass nach dem Sinn und Zweck einer Bonusklausel, den Arbeitnehmer zu motivieren und ihn zu Höchstleistungen anzureisen, davon auszugehen sei, dass die Ziele so festgelegt worden wären, dass der Arbeitnehmer diese auch hätte erreichen können, so dass grundsätzlich ein Anspruch in Höhe von 100 % der zugesagten Bonuszahlung gegeben sei. Allerdings sei hier über § 254 BGB wegen Mitverschulden des Arbeitnehmers eine Kürzung von 10 % gerechtfertigt, weil der Arbeitnehmer es unterlassen hatte den Arbeitgeber um ein Gespräch für die Zielvereinbarung zu bitten. Gerade deshalb, weil keine einseitige Festlegung durch den Arbeitgeber erfolgen sollte, sondern im Arbeitsvertrag von einer Zielvereinbarung, also einem weiteren Vertrag, die Rede war, sei es – so die Richter – dem Arbeitnehmer auch zumutbar gewesen Eigeninitiative zu ergreifen.
Anmerkung:
Falls auch Sie eine solche offene Bonusregelung im Vertrag haben, der Arbeitgeber aber entweder keine Ziele einseitig festgelegt oder mit Ihnen keine Zielvereinbarung getroffen hat, dann stehen auf Grundlage dieser Rechtsprechung die Chancen gut, dass sie nicht nur für die Zukunft darauf bestehen können, dass solche Ziele festgelegt bzw. vereinbart werden, sondern dass Sie für die Vergangenheit einen Anspruch auf Bonuszahlung haben. Ein solcher Anspruch besteht übrigens unabhängig davon, ob es Arbeitsverhältnis durch Arbeitnehmerkündigung oder durch Arbeitgeberkündigung endet. Wir hatten erst unlängst einen Fall begleitet, in dem der Arbeitgeber sich mit dem Argument gegen die Bonuszahlung zur Wehr setzen wollte, dass das Arbeitsverhältnis unterjährig geendet hatte, also noch kein Jahr Bestand hatte. In derartigen Fällen ist dann eben ein zeitanteiliger Anspruch in Höhe von 1/12 pro Beschäftigungsmonat gegeben. Der Arbeitgeber hat es also nicht in der Hand durch vorzeitige Kündigung sich der zugesagten Bonuszahlung zu entziehen. Wir unterstützen Sie gerne bundesweit.