Zu Hochzinsphase waren die Regeln klar: der Bausparer erhält in der Ansparphase für sein eingelegtes Kapital eine (bescheidene) Verzinsung. Dafür hat er gleichzeitig das Recht, wenn sein Bausparvertrag zuteilungsreif ist, über den vereinbarten Betrag ein zinsgünstiges Baudarlehen zu erhalten.
Dieses für die Bausparkassen einst lukrative System ist durch die Niedrigzinsphase auf den Kopf gestellt worden. Während nämlich vormals eine versprochene Kapitalverzinsung von regelmäßig 4 % deutlich niedriger war, als bei alternativen Kapitalanlagen am Markt erzielt werden konnten, sind heute 4 % Verzinsung traumhaft und derzeit mit keiner risikofreien Anlage zu erzielen. Dies ist der Grund, warum einerseits Bausparer auch zuteilungsreife Verträge nicht abrufen, sondern einfach weiter die aus heutiger Sicht hohen Zinsen kassieren möchten, während andererseits den Bausparkassen die Altverträge eine lästige Altlast sind. Deswegen haben sie in den letzten Jahren verstärkt damit begonnen solche Verträge zu kündigen.
Da die Rechtsprechung der Instanzgerichte dazu, ob die Bausparkassen überhaupt zu einer Kündigung berechtigt sind, weil das Geschäft für sie nicht mehr rentabel geworden ist, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind, hat sich in seinem Urteil vom 21.02.2017 (XI ZR 185/16) nunmehr letztinstanzlich der BGH mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung von Bausparverträgen befasst und im Ergebnis zugunsten der Bausparindustrie entschieden.
Bausparer argumentieren mit dem Grundsatz der Vertragstreue
Die Kläger hatten damit argumentiert, dass es um langjährige Verträge gehe. Beim Abschluss wisse niemand, ob er das Darlehen in der Zukunft tatsächlich gebrauchen könne. Den Kassen hätte klar sein müssen, dass sich die Verhältnisse ändern können. Dass jetzt eine Niedrigzinsphase eingetreten ist, darf nicht zulasten der Kunden gehen, denn im umgekehrten Fall bei einer Hochzinsphase hätten sie auch keinen Anspruch darauf gehabt, dass ihr Kapital besser als mit 4 %, so wie es vertraglich vereinbart war, verzinst wird.
Wer zuteilungsreifen Vertrag mehr als 10 Jahre nicht abruft handelt gegen Sinn und Zweck des Bausparvertrags
Die Auffassung fand allerdings bei den Richtern kein Gehör, denn es widerspricht Sinn und Zweck eines Bausparvertrags einen solchen mehr als 10 Jahre nach Zuteilungsreife weiterlaufen zu lassen. Das Ansparen sei dazu gedacht Anspruch auf ein Darlehen zu erlangen. Dieser Zweck sei mit Erlangen der Zuteilungsreife erreicht.
Damit ist der Weg für die Bausparindustrie frei sich aller lästigen Altverträge zu entledigen.