In Deutschland gilt kein Faustrecht. Dies bedeutet, dass ein Vermieter mit dem Ausspruch einer Kündigung zwar das Mietverhältnis beenden kann, er aber gleichwohl, um wieder in den Besitz der Mietsache zu gelangen, darauf angewiesen ist, dass der Mieter freiwillig die Mietsache herausgibt oder aber der Vermieter ein entsprechendes Räumungsurteil erstritten hat, dass er dann zwangsweise mithilfe eines Gerichtsvollziehers vollstrecken kann. Alle anderen Maßnahmen an die mancher Vermieter so denkt, wie heimlicher Austausch der Schlösser oder gewaltsame Wegnahme der Schlüssel etc. würde als verbotene Eigenmacht gewertet werden, mit der Folge, dass er Mieter mit einer einstweiligen Verfügung eine Wiedereinräumung des Besitzes mit gerichtlicher Hilfe erstreiten könnte. Gibt allerdings ein Mieter nach vorangegangener fristloser Kündigung zunächst „freiwillig“ die Schlüssel heraus, dann hat er damit den Besitz aufgegeben und kann keine Wiedereinräumung des Besitzes verlangen, selbst wenn die Herausgabe der Schlüssel nur auf Aufforderung durch vom Vermieter herbeigeholte Polizeibeamte erfolgt ist (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16. Oktober 2020,2 B 50/20).
Streit um Kündigung eines Hotelrestaurants
Die Antragstellerin war Pächterin eines in einem Hotel gelegenen Restaurants. An einem Tag im September waren plötzlich die Kühlschränke verschlossen. Als der zu dieser Zeit im Restaurant befindliche Mitarbeiter daraufhin den Hausmeister aufsuchte, überreichte ihm dieser eine fristlose Kündigung und verlangte die Herausgabe der Schlüssel. Die zwischenzeitlich hinzugekommene Antragstellerin rief zunächst die Polizei. Diese zog aber unverrichteter Dinge wieder ab und verwies die Pächterin darauf, dass sie sich an ihren Anwalt wenden solle.
Zwischenzeitlich war auch die Vermieterin eingetroffen, die nun ihrerseits die Polizei rief. Diese wurde nunmehr dahingehend aktiv, dass sie die Antragstellerin unter Verweis auf das Hausrecht der Antragsgegnerin aufforderte die Schlüssel herauszugeben. Diese händigte daraufhin, weil sie befürchtete die Polizeibeamten würden ihr ohnehin die Schlüssel gewaltsam wegnehmen, die Schlüssel aus.
Damit war aber die Angelegenheit noch nicht ausgestanden, denn die Antragstellerin, wollte sich nicht so leicht geschlagen geben und zog vor Gericht. In einem Eilverfahren wollte sie zunächst in einem ersten Schritt Wiedereinräumung des Besitzes, weil sie im Vorgehen der Vermieterin eine verbotene Eigenmacht.
Schlüsselherausgabe = Besitzaufgabe
Nachdem die Antragstellerin bereits vor dem Landgericht Frankfurt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unterlegen war, haben auch die Richter am OLG den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht verlangen könne, dass ihr wieder der Besitz eingeräumt werde, weil ihr diese nicht durch verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 BGB entzogen worden sei. Zwar sei zunächst durch das Verschließen der Kühlschränke, ohne die das Restaurant nicht betrieben werden könne, der Besitz in verbotener Weise gestört worden. Durch die Herausgabe der Schlüssel habe die Antragstellerin dann aber der Besitzaufgabe zugestimmt. Dass die Herausgabe der Schlüssel nach Aufforderung durch die herbeigerufenen Polizeibeamten erfolgt sei spiele dabei keine Rolle, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Gericht davon überzeugt, dass die Polizeibeamten keinen so starken Druck ausgeübt hätten, dass nicht mehr von einer freien Willensentschließung ausgegangen werden könne. So die Antragstellerin angegeben habe, sie hätte befürchtet, die Polizeibeamten hätten ihr, wenn sie die Schlüssel nicht freiwillig herausgeben hätte, mit körperlichen Zwang weggenommen, handle es sich um persönliche Befürchtungen, die keinen realen Bezug gehabt hätten.
Die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung sei nicht im hiesigen Eilverfahren, sondern im Hauptverfahren zu prüfen. Sie sei aber jedenfalls nicht so offensichtlich unwirksam, dass der Antragstellerin deshalb der Besitz wieder einzuräumen sei. Stelle sich im Hauptsacheverfahren heraus, dass die Kündigung unwirksam sei, dann hätte dies letztlich Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin zur Folge. Hierdurch sei die Antragstellerin ausreichend gesichert, so das Gericht.
Anmerkung:
Bei Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter kann die Polizei grundsätzlich nur schlichtend eingreifen. Darüber hinausgehende Befugnisse, insbesondere ein Recht zur Wegnahme von Schlüsseln der Mietsache, wenn eine Kündigung in Streit steht, hat sie dagegen grundsätzlich nicht. Von daher hätte die Mieterin der Aufforderung zur Herausgabe der Schlüssel keine Folge leisten müssen. Hätten dann allerdings die Polizeibeamten weitere Maßnahmen ergriffen, insbesondere unter Zwangsanwendung versucht in den Besitz des Schlüssels zu gelangen, dann wiederum hätte die Mieterin sich nicht zur Wehr setzen dürfen, weil ansonsten ein Strafverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gedroht hätte. Hier hätte sie sich dann dem Zwang fügen müssen. In diesem Fall hätte sie dann aber wohl auch erfolgreich mit gerichtlicher Hilfe die Wiedereinräumung des Besitzes erstreiten können.
Das Hausrecht steht übrigens bei vermieteten Sachen grundsätzlich nicht dem Vermieter, sondern dem Mieter zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Kündigung ausgesprochen wurde. Dringt also der Vermieter gewaltsam in die Räumlichkeiten des Mieters ohne dessen Einverständnis ein, dann läuft er Gefahr sich wegen Hausfriedensbruchs strafbar zu machen.