Wird über eine Person in der Presse rechtswidrig berichtet, so stehen dieser wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts neben Schadenersatzansprüchen auch Unterlassungsansprüche zu.
Verlage sahen sich bislang oft damit konfrontiert, dass Wort- und Bildberichterstattung eines Presseartikels von findigen Anwälten gesondert abgemahnt und somit doppelt Anwaltshonorar abgerechnet wurde. Diese Form der „Gebührenschinderei“ trat besonders häufig auf, wenn Prominente vertreten wurden. Der BGH (VI ZR 174/08) hat dieser Praxis nunmehr widersprochen und festgestellte, dass kein doppelter Kostenerstattungsanspruch bei getrennter Abmahnung von Wort- und Bildberichterstattung besteht.
Der BGH führt in seinem Urteil vom 26. Mai 2009 dazu aus:
„(a) Die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Abmahnung von Wort- und Bildberichterstattung lägen verschiedene Angelegenheiten im Sinne der §§ 7 Abs. 2, 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO vor, weil der Anwalt die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Berichterstattung in getrennten Überprüfungen feststellen müsse, beruht auf einem grundlegend fehlerhaften Verständnis des Begriffs der Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne.
(aa) Das Berufungsgericht ist zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit betreffen, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 277/06 – aaO; BGH, Urteile vom 29. Juni 1978 – III ZR 49/77 – JZ 1978, 760, 761; vom 17. November 1983 – III ZR 193/82 – MDR 1984, 561; vom 3. Mai 2005 – IX ZR 401/00 – NJW 2005, 2927, 2728).
(bb) Es hat aber verkannt, dass sich die Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse beantworten lässt und dabei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrages maßgebend ist (vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 277/06 – aaO; vom 4. März 2008 – VI ZR 176/07 – aaO; BGH, Urteile vom 9. Februar 1995 – IX ZR 207/94 – NJW 1995, 1431 und vom 11. Dezember 2003 – IX ZR 109/00 – NJW 2004, 1043, 1045). Dementsprechend hat es insoweit nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen.
(cc) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus verkannt, dass die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne nicht voraussetzt, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. – wie das Berufungsgericht formuliert hat – mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu ver-stehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt be-stimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen (vgl. BGH, Urteile vom 4. Mai 1972 – III ZR 27/70 – JurBüro 1972, 684; vom 29. Juni 1978 – III ZR 49/77 – JZ 1978, 760, 761; vom 17. November 1983 – III ZR 193/82 – MDR 1984, 561; vom 11. Dezember 2003 – IX ZR 109/00 – a-aO; vom 3. Mai 2005 – IX ZR 401/00 – aaO). Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen – z.B. in einem Abmahnschreiben – geltend ge-macht werden können (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 – IX ZR 109/00 – aaO; vom 3. Mai 2005 – IX ZR 401/00 – aaO; N. Schneider in AnwK RVG 4. Aufl., § 15 RVG, Rn. 31 f.). Dementsprechend ist anerkannt, dass die Verfolgung der prozessual selbstständigen und an unterschiedliche Vorausset-zungen geknüpften Ansprüche auf Ersatz des Sachschadens und auf Zahlung von Schmerzensgeld aus einem Unfallereignis dieselbe Angelegenheit betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 – IX ZR 207/94 – aaO).
(dd) Das Berufungsgericht hat auch den Begriff des – für die Annahme einer Angelegenheit erforderlichen – inneren Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit verkannt. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätig-keit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammen gehören (vgl. Senatsurteil vom 4. März 2008 – VI ZR 176/07 – aaO; BGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 – IX ZR 109/00 – aaO; vom 3. Mai 2005 – IX ZR 401/00 – aaO, jeweils m.w.N.; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, 8. Aufl. § 13 Rn. 24). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft lediglich geprüft, ob zwischen der Wort- und der Bildberichterstattung ein Zusammen-hang besteht; das mit den anwaltlichen Leistungen verfolgte Ziel hat es dagegen außer Betracht gelassen und es dementsprechend unterlassen, die erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Abgesehen davon ist die nicht mit einer Begründung versehene Annahme des Berufungsgerichts, die Berichterstattung über das Scheidungsverfahren sei mit einem „kontextfernen“ Foto bebildert worden und ein innerer Zusammenhang zwischen Text und Bild sei nicht gegeben, schon angesichts des Um-stands nicht nachvollziehbar, dass das Bild mit dem Untertitel „Lassen sich scheiden: A. und C. O.“ versehen und damit offensichtlich in einen Zusammen-hang mit der Wortberichterstattung gestellt worden ist.
(b) Bei der Beurteilung des Außenverhältnisses hat das Berufungsgericht schon im Ausgangspunkt einen falschen rechtlichen Ansatz gewählt. Es hat verkannt, dass ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Kosten eines mit der Sache befassten Anwalts nur unter der Voraussetzung gegeben ist, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit – hier die getrennte Verfolgung der Un-terlassungsansprüche wegen der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits – aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 277/06 – aaO; vom 4. März 2008 – VI ZR 176/07 – aaO, jeweils m.w.N.). Hierbei handelt es sich um eine echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung und nicht lediglich – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen hat – um einen im Rahmen des § 254 BGB bedeutsamen, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallenden Umstand.
Das Berufungsgericht hat darüber hinaus nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten lässt, und die Feststellung der insoweit maßgeblichen Tatsachen, insbesondere zu der Frage unterlassen, ob im Streitfall vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Verfolgung der Unterlassungsansprüche bestanden haben oder ob hierdurch lediglich Mehrkosten verursacht worden sind.
Aus diesen Gründen kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben und der Rechtsstreit ein weiteres Mal an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die noch erforderlichen Feststellungen treffen und die Umstände des Streitfalls umfassend würdigen kann. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.“