Sind Arbeitnehmer wegen eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig, dann erhalten sie Verletztengeld, das sich in der Höhe nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt richtet. Schwarzzahlungen, die der Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber zusätzlich erhält, werden dabei nicht berücksichtigt (LSG Hessen, Urteil vom 26.10.2019, L 9 109/17).
Divergenz zwischen Lohnabrechnung und Arbeitsvertrag
Der Kläger war auf einer Großbaustelle tätig und erlitt dabei einen Unfall, der von der Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkannt worden ist. Sie gewährte daher dem Kläger auch Verletztengeld, allerdings nur für eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden. Diese Arbeitszeit ergab sich nämlich aus dem vom Kläger vorgelegten Lohnabrechnungen.
Der Kläger wollte aber für 40 Stunden bezahlt werden, weil diese Stundenzahl seinem Arbeitsvertrag entsprechen würde und von ihm auch regelmäßig 40 Wochenstunden gearbeitet worden seien. Da die Berufsgenossenschaft dies verweigert hat, landete der Rechtsstreit vor Gericht.
Auf die nachgewiesene Arbeitszeit kommt es an
Vor Gericht hatte der Kläger keinen Erfolg, denn die Richter waren der Auffassung, dass dieser nur eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden nachgewiesen habe. Aus den Lohnabrechnungen ergebe sich nämlich nur, dass der Kläger auch für diese Arbeit bezahlt worden sei.
Zwar hätten sowohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, als auch die Zeugenaussagen dafür gesprochen, dass es auf der Baustelle gängige Praxis gewesen sei Arbeitnehmer nur mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden Sozialversicherung rechtlich anzumelden und den Rest schwarz zu bezahlen. Einen Nachweis dafür, dass aber auch das Arbeitsverhältnis des Klägers so gelebt worden sei, habe diese nicht erbringen können.
Anmerkung:
Da dem Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts der Nachweis gelungen ist, dass er mehr als die zur Abrechnung gebrachten 20 Stunden wöchentlich gearbeitet hatte, mussten die Richter nicht darüber entscheiden, ob andernfalls die Schwarzgeldzahlungen bei der Bemessung des Verletztengeldes hätten berücksichtigt werden müssen. Im Ergebnis wäre dies aber wohl abzulehnen, weil eine andere Auffassung nicht zu einer Sanktionierung der sozialversicherungsrechtlich unerwünschten Schwarzarbeit führen würde.
Derartige Schwarzgeldabreden sind nicht nur auf dem Bau, sondern teilweise auch in der Gastronomie und anderen Betrieben, in denen Kunden teilweise oder überwiegend mit Bargeld bezahlen, weit verbreitet. Losgelöst davon, dass eine strafrechtliche Verfolgung und erhebliche Nachforderungen gegen den Arbeitgeber drohen, begibt sich der Arbeitnehmer, der sich darauf einlässt, jedenfalls eines Teils des Sozialversicherungsschutzes, wie der vorliegende Fall verdeutlicht.