An dieser Stelle haben wir bereits des Öfteren darüber berichtet, wenn Volkswagen oder aber Volkswagen-Händler vom Dieselskandal betroffene Fahrzeuge zurücknehmen musste. Nun musste Volkswagen erneut eine schwere Niederlage vor dem OLG Köln (Beschlüsse vom neunter 20.11.2018 bzw. 03.01.2019 – 18 U 270/18) hinnehmen. Die Richter haben dort nämlich eine Berufung von Volkswagen gegen Urteil des Landgerichts Köln nicht nur als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen, sondern gleichzeitig nochmals klargestellt, dass Volkswagen eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Käufers begangen habe und deshalb den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung gegen Rückgabe des Fahrzeugs erstatten muss.
Streit um gebrauchten Audi A4 Avant 2.0 TDI
Der Kläger hatte bei einem Autohändler zum Preis von 21.500,01 € gebrauchtes Fahrzeug der Marke Audi, Typ Aufwand 2.0 Teddy mit einem Kilometerstand von 43.000 km gekauft. In dem Fahrzeug war ein Dieselmotor EEA 189 Eu5 der Volkswagen AG verbaut, also ein Mutter, in dem die Schummelsoftware eingesetzt worden war.
Im Juli 2018 ließ der Kläger dann noch dem Angebot der Beklagten folgend ein Software Update einspielen. Diese sollte dafür sorgen, dass das Fahrzeug künftig durchgängig in einen Modus betrieben wird, bei dem nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Straßenverkehr die öffentlich-rechtlichen Grenzwerte eingehalten werden.
Gleichwohl verlangte der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrags. Er trug dazu vor, dass das Software-Update nicht geeignet sei den Mangel zu beheben. Außerdem seien schädliche Auswirkungen auf den Motor zu befürchten. Er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er bei Vertragsschluss den tatsächlichen Schadstoffausstoß gekannt hätte. Er war zwischenzeitlich mit dem Fahrzeug gut 50.000 km gefahren.
Vom Landgericht war Volkswagen verurteilt worden, dem Kläger 17.000 € an Schadenersatz Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu bezahlen. Für die gefahrenen Kilometer haben die Richter 4500 € zum Ansatz gebracht und dabei bei der Berechnung eine fiktive Laufleistung von 300.000 km zugrunde gelegt.
Gericht bejaht vorsätzliche sittenwidrige Schädigung und billigt Käufern erleichterte Darlegungslast zu
Die gegen das Urteil gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Nachdem zunächst das OLG bereits darauf hingewiesen hatte, dass es beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen und Zurücknahme angeraten hatte, ist die Berufung dann mit Beschluss, d. h. ohne mündliche Verhandlung, zurückgewiesen worden, weil Volkswagen die Berufung nicht zurückgezogen hatte. Die Richter am OLG Köln haben dabei bestätigt, dass in ihren Augen die Voraussetzungen für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB durch Volkswagen vorliegen würden.
Die Mitarbeiter der Volkswagen AG hätten die mit der manipulativ wirkenden Software ausgerüsteten Motoren dem zum VW- Konzern gehörenden Hersteller gerade zum Zweck der Weiterveräußerung überlassen. Sie hätten damit gerechnet, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge ohne Hinweis auf die manipulativ wirkende Software weiterveräußert werden würden.
Aus der Heimlichkeit des Einsatzes der Software gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt und den potentiellen Kunden ergebe sich mit hinreichender Sicherheit, dass die Mitarbeiter auch in der Vorstellung gehandelt hätten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typengenehmigung und der Betriebszulassung der Fahrzeuge führen könnte und dass potentielle Kunden Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden, so die Richter.
Diese Kenntnisse und Vorstellungen seien der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen. Aufgrund des Sach- und Streitstandes sei davon auszugehen, dass der Vorstand der Beklagten über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der Software verfügt habe.
Zugunsten des Klägers greife eine Erleichterung der Darlegungslast: Es habe genügt, dass der außerhalb der Geschehensabläufe stehende Kläger allgemein behauptet habe, dass dem Vorstand der Beklagten sämtliche Umstände bekannt gewesen seien.
Es sei dann Sache der Beklagten gewesen, konkret darzulegen, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragen, bezahlen und verwenden ließen. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten habe nicht einmal ansatzweise ausgereicht.
Der zu ersetzende Schaden sei beim Kläger schon durch den Erwerb des Fahrzeugs eingetreten, weil dieses infolge der eingesetzten Software hinter den Vorstellungen des Klägers von der allgemein ordnungsgemäßen Ausrüstung des zu erwerbenden Pkw zurückgeblieben sei und sich dieses Zurückbleiben schon infolge der damit zunächst verbundenen Unsicherheiten für die Typengenehmigung und die Betriebszulassung nachteilig auf den Vermögenswert des Pkw ausgewirkt habe.
Dementsprechend könne in dem vom Kraftfahrtbundesamt erzwungenen Software-Update keine Erfüllung des Schadensersatzanspruchs liegen. Auch ein Entfallen des Schadens habe die Beklagte nicht hinreichend darzulegen vermocht. Sie habe nicht durch Offenlegung des Software-Updates in allen Details dargetan, dass das Update keine anderen negativen Auswirkungen haben könne.
Was bedeutet die Entscheidung für Betroffene?
Auch, wenn ein solches Urteil natürlich nicht allgemeinverbindlich wirkt, also andere Gerichte zu dieser Thematik durchaus eine andere Auffassung vertreten können, so hat es doch Signalwirkung. Die Richter haben hier nämlich nicht nur eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung doch Volkswagen bejaht, sondern gleichzeitig festgelegt, dass Käufer von betroffenen Fahrzeugen ihrer Darlegungslast bereits dann genügen, wenn sie behaupten, der Vorstand habe davon Kenntnis gehabt. Es sei dann an Volkswagen dies nicht dazu bestreiten, sondern im Rahmen der sekundären Darlegungslast einen anderen Geschehensablauf zu präsentieren. Weiter haben hier die Richter die Auffassung vertreten, dass ein Software Update, so wie es vom Kraftbundesamt gefordert wird, mitnichten geeignet sei, den Mangel am Fahrzeug zu beseitigen. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet dies, dass sämtliche Fahrzeuge, gleichgültig, ob mit oder ohne Update, für Volkswagen mit dem Makel der Rückabwicklung behaftet sind. Der Schaden ist immens. In Deutschland gibt es für derartige Fahrzeuge kaum mehr einen Markt; auch Abnehmer in anderen Ländern Europas werden immer schwerer zu finden sein, jedenfalls dann, wenn damit gerechnet werden muss, dass nicht nur Deutschland, sondern europaweit Fahrverbote drohen. Damit verbleibt letztlich nur noch die Möglichkeit für Volkswagen die Fahrzeuge ins außereuropäische Ausland zu veräußern, was nicht nur mit erheblichen Zusatzkosten möglich ist, sondern auch nur mit gewaltigen Preisabschlägen realisierbar sein dürfte.