Wer ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Dieselfahrzeug erworben hat, findet vor Gericht immer öfter damit Gehör, dass ein Sachmangel vorliegt, der eine Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtfertigen würde. Dazu hatten wir an dieser Stelle bereits des Öfteren berichtet.
Sind Gewährleistungsansprüche allerdings bereits verjährt, dann hilft es den Käufern auch nichts mehr, wenn ein Gericht die Mangelhaftigkeit vom Grundsatz her bejaht, den Anspruch dann aber deshalb zurückweist, weil der Händler sich auf Verjährung beruft.
In genau so einem Fall hat nun das LG Augsburg (Urteil vom 07.05.2018 – 82 O 4497/16) einen anderen Weg beschritten und trotz verjährter Gewährleistungsansprüche einen Händler zu Rückabwicklung des Kaufvertrags verurteilt. Das Gericht hat sich dabei aber nicht einfach über gesetzliche Regelungen zur Verjährung hinweggesetzt, sondern bereits den abgeschlossenen Kaufvertrag wegen Verstoß gegen EU-Recht für nichtig angesehen, weil es bei manipulierten Fahrzeugen an einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung mangeln würde. Bei einem nichtigen Kaufvertrag ist diese von Anfang an unwirksam, sodass es auf die Frage der Verjährungsvorschriften nicht ankomme.
Händler verteidigt sich mit der Einrede der Verjährung
In dem entschiedenen Rechtsstreit bei dem der Kläger ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Dieselfahrzeug beim Beklagten erworben hatte, war der beklagte Händler der Meinung er müsse deshalb auf jeden Fall den Vertrag nicht Rückabwicklung, weil kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche bereits verjährt seien. Er erhob deshalb explizit die Einrede der Verjährung.
Kaufrechtliche Verjährung greift bei Nichtigkeit des Vertrags nicht ein
Hier hatte allerdings die Verteidigungsstrategie des Händlers zu kurz gegriffen, denn der Anspruch auf Rückabwicklung ergab sich nach Auffassung der Richter nicht (nur) aus kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht, sondern daraus, dass der Kaufvertrag nach § 134 BGB nichtig war. In § 27 Abs. 1 EG-FGV ist nämlich geregelt, dass Fahrzeuge im Inland nur dann veräußert werden dürfen, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen seien. Daran habe es aber gefehlt, weil eine solche Übereinstimmung nur dann gültig sei, wenn das Fahrzeug, für das sie ausgestellt wird, tatsächlich auch dem genehmigten Typ entspricht. Dies sei bei von VW manipulierten Fahrzeugen nicht der Fall. Bei diesen Vorgaben handelt es sich nach Auffassung des Gerichts um ein Verbotsgesetz gegen das der Händler verstoßen habe. Es spielt daher weder eine Rolle, ob gewährleistungsrechtliche Ansprüche bereits verjährt seien noch ob der Händler von der Manipulation Kenntnis gehabt hatte. Der Händler wurde daher verurteilt das Fahrzeug zurückzunehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zu erstatten.
Soweit ersichtlich ist das LG Augsburg das Erstgericht, das so weitreichend argumentiert hat. Sollte diese Auffassung sich aber durchsetzen, dann hätten all diejenigen Käufer, die vom Abgasskandal betroffene Dieselfahrzeuge erworben haben, bei denen aber Gewährleistungsansprüche bereits verjährt sind, noch eine Chance das Fahrzeug zurückzugeben und den Kaufpreis abzüglich eine Entschädigung für gezogene Nutzungen zurück zu erhalten. Für Händler aber auch für Volkswagen selbst wäre dies fatal.