Wird ein Darlehensvertrag frühzeitig aufgelöst, dann verlangen Banken dafür regelmäßig eine sog. Vorfälligkeitsentschädigung. Durch solche Vorfälligkeitsentschädigungen soll der entgangene Zinsverlust der Bank ausgeglichen werden. Was aber ist, wenn im Zusammenhang mit einem Erbfall Grundstücke verkauft und in Geld umgesetzt werden, damit der Nachlass unter mehreren Erben verteilt werden kann? Nach Auffassung des FG Münster (Urteil vom 12. April 2018,3 K 3662/16 Erb) kann jedenfalls dann eine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Erbschaftssteuer Berücksichtigung finden, wenn ein Nachlasspfleger im Rahmen seiner Nachlasspflegschaft Grundstücke veräußert und in Geld umgesetzt hat. Es handelt sich dann um keine Kosten der Nachlassverwaltung, sondern der Nachlassregelung.
Nachlasspfleger veräußert vier mit Darlehen belastete Grundstücke
Der vermögende Erblasser war verstorben, ohne dass zunächst Erben bekannt gewesen wären. Das Nachlassgericht hatte deshalb eine Nachlasspflegschaft angeordnet. Die Nachlasspflegerin ermittelte dann 29 Erben und veräußerte mit Genehmigung des Nachlassgerichts vier zum Nachlass gehörenden Grundstücke. Bei dieser Gelegenheit löste sie auch auf dem Grundstück lastende Darlehen vorzeitig ab und bezahlte an die Bank Vorfälligkeitsentschädigung.
Finanzamt erkennt gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Abzugsposten an, weil es sich um Kosten für die Nachlassverwaltung handeln würde
Einer der Erben, gegen den das Finanzamt Erbschaftssteuer festgesetzt hatte, wollte anteilige Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen. Dies wurde vom Finanzamt mit der Begründung abgelehnt, dass es sich dabei um nicht abzugsfähige Kosten für die Verwaltung des Nachlasses nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG handeln würde.
Vorfälligkeitsentschädigungen als abzugsfähige Nachlassregelungskosten
Die Richter am Finanzgericht Münster sahen dies dagegen anders und stuften die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen als Nachlassregelungskosten ein. Als solche handelt es sich um Nachlassverbindlichkeiten, die wiederum abzugsfähig sind. Nach Auffassung der Richter seien die Kosten nämlich nicht für die Verwaltung, sondern für die Sicherung des Nachlasses angefallen. Die Vorfälligkeitsentschädigungen standen nämlich in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Abwicklung bzw. Verteilung des Nachlasses, weil die Herausgabe von vier mit Darlehen belasteten Grundstücken an eine Vielzahl von Erben praktisch nicht möglich gewesen wäre.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Vielmehr wurde die Revision zum BFH zugelassen. Das Finanzamt hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht (II 3 177/18).
Bei normalen Erbfällen ist Vorfälligkeitsentschädigung grds. nicht abzugsfähig
Bei normalen Erbfällen kann eine Vorfälligkeitsentschädigung, die anfällt, weil ein zum Nachlass gehörendes Grundstück verkauft wird, grundsätzlich nicht als Nachlassverbindlichkeit geltend gemacht werden. Etwas Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Erblasser ausdrücklich die Veräußerung der Immobilie und Verteilung des Erlöses unter den Erben testamentarisch angeordnet hat.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.