Kommt es bei den Gesellschaftern einer GmbH zu Streit, dann kommt es nicht selten vor, dass versucht wird einen unliebsamen Gesellschafter dadurch aus der Gesellschaft zu drängen, dass dessen Gesellschaftsanteil kurzerhand eingezogen wird. Dabei genügt es regelmäßig nicht, den Einziehungsbeschluss lediglich mit einer Nichtigkeit- oder Anfechtungsklage anzugreifen, sondern daneben sollte der so ausgeschlossene Gesellschafter mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Einreichung einer Gesellschafterliste, die ihn nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zum Handelsregister vorgehen, denn andernfalls können ohne ihn Gesellschafterversammlungen abgehalten und Beschlüsse gefasst werden. Untersagt dagegen eine einstweilige Verfügung die Einreichung einer solchen Gesellschafterliste zum Handelsregister, so darf die Gesellschaft die Liste schon gar nicht einreichen, jedenfalls aber muss sie, wenn die Liste bereits eingereicht ist eine Korrekturliste einreichen. Verstößt sie gegen diese Pflicht, dann ist die Gesellschaft so zu behandeln, als sei die unrichtige Gesellschafterliste nie beim Handelsregister eingereicht worden, so dass die ohne den zu Unrecht ausgeschlossenen Gesellschafter gefassten Beschlüsse unwirksam sind (BGH, Urteil vom 02.07.2019, II ZR 406/17).
Streit um Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, an denen ein ausgeschlossener Gesellschafter nicht beteiligt worden ist
Der Kläger war zunächst mit einem Gesellschaftsanteil von 60 % Hauptgesellschafter einer GmbH. Im Rahmen von Streitigkeiten mit seinen Mitgesellschaftern hatten diese kurzerhand seine Geschäftsanteile eingezogen. Hiergegen klagte er. Zugleich hat er eine einstweilige Verfügung gegen die GmbH und der Geschäftsführer mit dem Inhalt erwirkt, dass diesen die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste, auf welche er nicht aufgeführt war, untersagt wurde.
Der Geschäftsführer beachtete die einstweilige Verfügung aber nicht, sondern reichte beim elektronischen Handelsregister eine Gesellschafterliste ein, bei der der vormalige Hauptgesellschafter nicht mehr eingetragen war. Diese Gesellschafterliste wurde auch in Register aufgenommen.
In de nächsten Gesellschafterversammlung, zu der der Hauptgesellschafter nicht eingeladen worden war, fasste dann die Gesellschaft verschiedene Gesellschafterbeschlüssen, die der (vormalige) Hauptgesellschafter mit der Begründung angegriffen hat, sie seien deshalb unwirksam, denn er hätte, obwohl er nicht mehr in der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste eingetragen war, eingeladen und beteiligt werden müssen.
Einstweilige Verfügung schützt ausgeschlossene Gesellschafter vor Mauscheleien in der Gesellschafterversammlung
Wie bereits zuvor das Landgericht Berlin und das Kammergericht Berlin, hat auch der BGH die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse deshalb für unwirksam erklärt, weil die Gesellschaft gegen die einstweilige Verfügung verstoßen und die Beschlüsse ohne Beteiligung des Hauptgesellschafters gefasst worden waren.
Nach Auffassung der Richter sei es zwar zutreffend, dass im GmbH-Recht grundsätzlich nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste gelten würde, so dass nur derjenige als Gesellschafter gelte, der in die im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste eingetragen ist. Auf die Frage, ob er tatsächlich Inhaber des Gesellschaftsanteils ist, komme es nicht entscheidend an, weil nur die eingetragenen Personen grundsätzlich auch geladen werden müssten.
Ausnahmsweise würde aber dann etwas Anderes gelten, wenn – so wie hier – der GmbH durch einstweilige Verfügung rechtskräftig untersagt worden sei, eine neue Gesellschafterliste, in der der ausgeschlossene Gesellschafter nicht mehr eingetragen ist, beim Handelsregister einzureichen. Die Gesellschaft wäre vielmehr verpflichtet gewesen, die Einreichung einer solchen Liste zu verhindern bzw. wenn diese bereits eingereicht worden ist eine neue Korrekturliste einzureichen. Wenn sie aber so wie hier, diese Pflicht verletzt, dann kann sich nicht auf unrichtige Gesellschafterbeschlüsse berufen, sondern sie muss sich so behandeln lassen, als sei die unrichtige Gesellschafterliste nie im Handelsregister aufgenommen worden.
Anmerkung:
Wer als Gesellschafter einer GmbH aus der Gesellschaft zu Unrecht ausgeschlossen wird, der tut gut daran nicht zu kleckern, sondern zu klotzen. Bis über eine Anfechtung- oder Nichtigkeitsklage rechtskräftig entschieden ist, vergehen meist mehrere Monate, manchmal sogar, gerade dann wenn der Rechtsstreit von den anderen Gesellschaftern bewusst verzögert wird, Jahre. Wer hier nicht parallel zur Sicherung seiner Rechtsposition eine solche einstweilige Verfügung erwirkt, der spart am falschen Ende, weil dann, wenn eine solche falsche Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt wird, er grundsätzlich nicht mehr als Gesellschafter gilt. Er wird deshalb zu Gesellschafterversammlungen nicht mehr geladen und an Beschlussfassungen nicht mehr beteiligt, verliert also seinen Einfluss. Stellt sich dann im Nachhinein im Hauptsacheverfahren heraus, dass die Einziehung des Gesellschaftsanteils unwirksam war, dann können bereits irreparable Schäden zum Nachteil des zu Unrecht ausgeschlossen Gesellschafters entstanden sein. Von daher sollte es stets zur Kampfstrategie eines (zu Unrecht) ausgeschlossen Gesellschafters zählen, sich möglichst frühzeitig gegen die Hinterlegung einer aktualisierten (unrichtigen) Gesellschafterliste zu wenden und sowohl der Gesellschaft als auch dem Geschäftsführer durch einstweilige Verfügung die Einreichung einer solchen Liste, jedenfalls bis zur Entscheidung darüber, ob der Ausschluss rechtmäßig war, untersagen lassen. Hält sich dann, so wie im vorliegenden Fall, die Gesellschaft nicht an die einstweilige Verfügung, dann sind die ohne den ausgeschlossenen Gesellschafter gefassten Beschlüsse bereits aus diesem Grund unwirksam.
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