Ist das Grundbuch unrichtig, weichen also die formelle und die materielle Rechtslage voneinander ab, dann kann derjenige, zu dessen Ungunsten die Unrichtigkeit besteht gestützt auf § 894 BGB gegen denjenigen, der formell zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, auf Grundbuchberichtigung klagen. Eine solche Unrichtigkeit des Grundbuchs kann sich beispielsweise dann ergeben, wenn ein Grundstückskaufvertrag wegen Geschäftsunfähigkeit oder Sittenwidrigkeit unwirksam ist.
Da die Mühlen der Justiz aber bekanntlich langsam mahlen, können bei einem solchen Rechtsstreit, gerade dann, wenn zur Frage der Geschäftsunfähigkeit oder aber Sittenwidrigkeit eines Grundstücksgeschäfts, Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, mehrere Jahre vergehen. Da aber wiederum der gute Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs geschützt ist, besteht in dieser Zeit die Gefahr für den materiell Berechtigten, dass derjenige, der zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, diese Stellung dazu ausnutzt, um entweder die Immobilie an einen gutgläubigen Dritten zu veräußern oder aber die Immobilie zu belasten. Aber auch Gläubiger des zu Unrecht im Grundbuch eingetragenen, können solange kein Widerspruch eingetragen ist, in das Grundstück pfänden. Um dies zu verhindern, muss ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen werden. Bewilligt der zu Unrecht im Grundbuch Eingetragene die Eintragung eines Widerspruchs nicht, was regelmäßig der Fall sein wird, dann kann der Widerspruch meist recht einfach in einem weiteren Gerichtsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingetragen werden, § 899 BGB.
Nur der Verfügungsanspruch muss glaubhaft gemacht werden
Im Rahmen eines solchen Verfügungsverfahrens muss vom Antragsteller lediglich ein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht werden, also die Unrichtigkeit des Grundbuchs. Die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrunds, also die Eilbedürftigkeit, ist dagegen hier ausnahmsweise nicht erforderlich, weil dies nach § 899 Abs. 2 S. 2 BGB vermutet wird.
Bei richtiger Antragstellung veranlasst das Gericht die Eintragung des Widerspruchs im Grundbuch
Zusätzlich besteht hier die Besonderheit, dass im Rahmen der einstweiligen Verfügung das erlassene Gericht zugleich das Grundbuchamt besuchen kann, den Widerspruch im Grundbuch einzutragen, § 941 ZPO. Hierfür ist allerdings erforderlich, dass dies im Rahmen des Verfügungsantrags mit beantragt wird.
Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch sind bei guter Vorbereitung meist ein Selbstläufer
Wir haben erst unlängst für unsere Mandantschaft einen solchen Antrag beim Landgericht München II (Beschluss vom 10. Dezember 2019, 8 O 4792/19) in einem Verfahren durchgesetzt, in dem Erben die Rückabwicklung eines Grundstücksverkaufs, den die Erblasserin noch kurz vor ihrem Tod abgeschlossen hat, wegen Sittenwidrigkeit anstreben. Die über 90-jährige Erblasserin hatte dabei kurz vor ihrem Tod ihren Grundbesitz, der einen Verkehrswert von knapp 1,4 Millionen € hat, zum Preis von 450.000 € veräußert. Das Landgericht hat daraufhin seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
„Die Entscheidung beruht auf §§ 894, 899 BGB.
Die Antragsteller haben den Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht durch Vorlage des Erbscheins, des Kaufvertrags vom 03.12.2017 über die verfahrensgegenständlichen Grundstücke, des Grundbuchauszuges sowie die Vorlage eines durch eine öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken erstellten Gut-achtens vom 05.09.2019.
Gemäß § 899 Abs. 2 S. 2 BGB ist die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes nicht erforderlich.
Das Ersuchen gemäß Ziffer 4 stützt sich auf § 941 ZPO.“
Anmerkung:
Derartige Entscheidungen ergehen regelmäßig ohne mündliche Verhandlung, also im schriftlichen Verfahren, so dass wir Sie hier problemlos bundesweit unterstützen können. Der Sachverhalt ist übrigens dem nicht unähnlich, über den wir hier schon verschiedentlich berichtet hatten, bei dem zur Absicherung eines Grundstücksvermächtnisses gegen den Erben ein Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt wird. Letzteres ist immer dann sinnvoll, wenn der Erbe auf Aufforderung der Vermächtniserfüllung auf Übertragung des Grundstücks nicht unverzüglich nachkommt, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass der Erbe das Grundstück belastet, über das Grundstück anderweitig verfügt oder aber etwaige Gläubiger des Erblassers in das Grundstück pfänden. Auch in diesen Fällen muss nur ein Verfügungsanspruch, nicht jedoch ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht werden.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.