Wer als Onlinehändler oder privater Verkäufer PayPal als Zahlungsmethode akzeptiert, der riskiert, dass im Streitfall PayPal sich auf die Seite des Käufers schlägt und kurzerhand – auch gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Verkäufers – in das Vertragsverhältnis eingreift und den Kaufpreis erstattet. Ob das, was der Käufer, der den Käuferschutz in Anspruch nimmt, behauptet, auch zutreffend ist, wird regelmäßig nicht (ausreichend) geprüft. Dass hier Missbrauch Tür und Tor geöffnet ist, liegt auf der Hand. Ähnlich, wie das Widerrufsrecht oft dazu missbraucht wird, sich eine nur vorübergehend benötigte Ware „kostenfrei“ zu verschaffen, haben dreiste Zeitgenossen im gut gemeinten Käuferschutz eine Möglichkeit gefunden, sich mithilfe des PayPal Käuferschutzes eine Nutzung der gekauften Ware auch über den Ablauf der kurzen Widerrufsfrist hinaus zu sichern. Der Käuferschutz kann nämlich innerhalb von 180 Tagen in Anspruch genommen werden…
Streit um Rückgabe einer Digitalkamera
Inspiration für diesen Beitrag ist ein Fall, der gerade auf dem Schreibtisch des Verfassers gelandet ist, bei dem eine hochpreisige und neuwertige Kamera mit unter 1.000 Auslösungen über eBay Kleinanzeigen verkauft worden war.
Mehr als 3 Monate nach der Lieferung und mit knapp 1.000 Auslösungen mehr, kam die Kamera dann mit der Behauptung zurück, sie würde nicht richtig funktionieren. Auch das mitgelieferte Zubehör und Originalverpackungsmaterial war nicht vollständig. Gleichwohl hat sich PayPal in die Vertragsbeziehung eingemischt indem kurzerhand zugunsten der Käuferin entschieden und der Kaufpreis von 1.100 € der unredlichen Käuferin erstattet wurden. Der behauptete Fehler liegt, wen wundert‘s, natürlich nicht vor. Unklar ist, ob die Kamera einfach für eine ausgiebige Fotosession oder gar für den Urlaub benutzt worden ist…
Entscheidung von PayPal berührt nicht den Rechtsweg
Der Verkäufer hat in derartigen Fällen, zumindest vorübergehend, das Nachsehen, insbesondere weil das System der Vorkasse damit problemlos ausgehebelt werden kann.
Die gute Nachricht für Verkäufer ist allerdings, dass die Entscheidung von PayPal keinerlei Präjudiz für ein Gerichtsverfahren hat. Mit der Rückzahlung des Kaufpreises lebt also der Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises nach § 433 Abs. 2 BGB wieder auf. Der Käufer, der die Kaufsache, die nicht mangelhaft war, wieder zurückgeschickt hat, gerät mit der Verpflichtung zur Abnahme der Kaufsache nach § 433 Abs. 1 BGB in Annahmeverzug. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreits würde nun also der Verkäufer gerichtlich auf Zahlung des Kaufpreises klagen. Hält der Käufer die Behauptung der Mangelhaftigkeit der Kaufsache aufrecht, dann würde im Rahmen eines Rechtsstreits ein gerichtliches Sachverständigengutachten klären, ob die Kaufsache den behaupteten Mangel oder aber der Käufer gelogen hat.
Käufer, die hier unredlich handeln, laufen nicht nur Gefahr mit Prozesskosten, inklusive hoher Sachverständigenkosten, belangt zu werden, sondern riskieren auch ein Strafverfahren. Die missbräuchliche Inanspruchnahme des PayPal Käuferschutzes ist kein Kavaliersdelikt. Wer hier einen Mangel der Kaufsache vortäuscht, der in Wahrheit gar nicht vorliegt, nur um PayPal dazu zu bestimmen, den Kaufpreis zulasten des Verkäufers zu erstatten, der kann sich bereits wegen Betrugs strafbar machen. Gleiches gilt für denjenigen, der der Wahrheit zuwider im Rahmen eines Rechtsstreits einen Mangel behauptet, der in Wahrheit nicht vorliegt. Dies jedenfalls dann, wenn dem Käufer vorsätzliches und nicht nur fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden kann.
Die schlechte Nachricht für Verkäufer ist allerdings, dass sie bei einem solchen Rechtsstreit, der regelmäßig am Wohnsitz des Käufers geführt werden muss, nicht nur mit Gerichts- und Anwaltsgebühren in Vorleistung treten müssen, sondern auch das Ausfallrisiko tragen. Bei Gericht bekommen Sie nämlich nicht ihr Geld, sondern nur ein Urteil. Stellt sich dann am Ende heraus, dass der Käufer nicht solvent war, also das Urteil nicht vollstreckt werden kann, dann hat der Verkäufer ein zweites Mal das Nachsehen. In diesem Fall kann dann allenfalls darüber nachgedacht werden, ob nicht spätestens jetzt PayPal für den Schaden, der dem Verkäufer entstanden ist, einzustehen hat. Ohne die Entscheidung des Käuferschutzes hätte nämlich alles seine Richtigkeit gehabt und der Verkäufer wäre durch die vereinbarte Vorkasse abgesichert gewesen.
Die schlechte Nachricht für Verkäufer ist aber auch, dass gerade dann, wenn es sich um keinen wertvollen Kauf handelt, der schönste Rechtsanspruch nichts nutzt, wenn es wirtschaftlich unrentabel ist, diesen zu verfolgen. Bei Streitwerten von einigen 100 €, um die es meist geht, wird sich oft kaum ein Anwalt finden, der zu gesetzlichen Gebühren eine solche Rechtsstreit führt, weil er dann am Ende des Tages nicht kostendeckend arbeiten würde. Wird aber eine Honorarvereinbarung getroffen, die die gesetzlichen Gebühren überschreitet, dann werden auch im Erfolgsfall immer nur die gesetzlichen Gebühren vom Gegner erstattet, sodass die Differenz stets beim Verkäufer bleibt. Zwar könnte ein solcher Rechtsstreit, da beim Amtsgericht kein Anwaltszwang besteht, auch ohne Anwalt geführt werden. Aber dies ist zum einen mit erheblichen Zeitaufwand verbunden und zum anderen auch deshalb recht umständlich, weil der Rechtsstreit am Wohnsitz des Käufers und damit vielleicht irgendwo am anderen Ende von Deutschland geführt werden muss, was auch eine persönliche Prozessführung, selbst wenn sich der Verkäufer dies zutraut, mühsam macht.
Käuferschutz führt oft zu kuriosen Ergebnissen
Dass es der Käuferschutz auch manchmal wirklich übertreibt zeigt ein anderes Beispiel, dass vor längerem auf dem Schreibtisch des Verfassers gelandet war. Dort hat der Einkäufer Alufelgen zum Kauf angeboten. Gekauft hat ein Käufer aus England. Dieser hat dann den Käuferschutz mit der Behauptung bemüht, er sei davon ausgegangen, dass nicht nur Felgen geliefert würden, sondern Felgen mit Reifen. Dies deshalb, weil der Verkäufer zwar in der Beschreibung geschrieben hatte, dass nur fälligen verkauft werden, auf dem Produktfoto aber Felgen mit Reifen zu sehen waren. Im Ergebnis lief es dann so ab, dass PayPal den Kaufpreis erstattet hatte, während der englische Käufer gar nicht daran dachte die Felgen zurückzuschicken …
Während Händler oft an PayPal nicht vorbeikommen, sollten sich daher Privatverkäufer, auch wenn es praktisch ist, zweimal überlegen, ob nicht die klassische Vorkasse zweckmäßiger ist. Wichtig ist dabei auch, dass gerade dann, wenn gebrauchte Sachen verkauft werden, stets darauf hingewiesen wird, dass der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgt. Dann haben Käufer es nämlich grundsätzlich schwerer Gewährleistungsansprüche zu behaupten. Müssen Sie dann doch damit argumentieren, dass ein offensichtlicher Mangel arglistig verschwiegen wurde.