Die Gründung eines Betriebsrats ist ein grundlegender Bestandteil der betrieblichen Mitbestimmung in Deutschland. Vor diesem Hintergrund genießen Initiatoren einer Betriebsratswahl einen besonderen Kündigungsschutz. Doch stellt sich die Frage, ob dieser Schutz auch einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung beinhaltet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat in seinem Urteil vom 19. Januar 2024 (Az. 7 GLa 2/24) dies im Ergebnis verneint.
Der Sonderkündigungsschutz für Vorfeld-Initiatoren
Vorfeld-Initiatoren sind Arbeitnehmer, die frühzeitig ihre Absicht zur Gründung eines Betriebsrats dokumentieren und entsprechende Vorbereitungshandlungen vornehmen. Der Gesetzgeber hat diesen Personen in § 15 Abs. 3b des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) einen besonderen Kündigungsschutz gewährt. Dieser besagt, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers unzulässig ist, wenn sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, es liegen Tatsachen vor, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Der Fall vor dem LAG Köln
Im vorliegenden Fall wurde ein Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt. Dieser verlangte im Eilverfahren seine Weiterbeschäftigung und berief sich dabei auf seinen Status als Vorfeld-Initiator einer Betriebsratswahl. Er argumentierte, dass der Sonderkündigungsschutz auch einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung impliziere, um effektiv zu sein.
Entscheidung des LAG Köln
Das Arbeitsgericht erster Instanz gab dem Arbeitnehmer teilweise Recht, das LAG Köln verneinte jedoch einen solchen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Es stellte klar, dass der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG sich nicht auf betriebsbedingte Kündigungen erstreckt. Ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung bestehe nur dann, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam sei oder die Nichtbeschäftigung gravierend in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers eingreife. Diese Voraussetzungen sah das Gericht im vorliegenden Fall als nicht erfüllt an.
Rechtliche Einordnung und Praxisrelevanz
Die Entscheidung des LAG Köln verdeutlicht, dass der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG nicht als genereller Schutzschild gegen jede Form der Kündigung verstanden werden kann. Er bietet insbesondere keinen umfassenden Schutz gegen betriebsbedingte Kündigungen. Der Gesetzgeber hat den Schutz auf den Zeitraum bis zur tatsächlichen Gründung des Betriebsrats und auf Kündigungen beschränkt, die aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen erfolgen.
Weiterbeschäftigungsanspruch in der Praxis
In der Praxis bedeutet dies, dass Vorfeld-Initiatoren einer Betriebsratswahl zwar einen erhöhten Schutz vor bestimmten Kündigungsarten genießen, jedoch keinen automatischen Anspruch auf Weiterbeschäftigung haben. Dieser Anspruch könnte nur dann durchgesetzt werden, wenn die Kündigung offenkundig unwirksam wäre oder die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers erheblich verletzt würden. Das Urteil des LAG Köln stellt somit klar, dass der kollektive Schutz der Belegschaft im Vordergrund steht und individuelle Beschäftigungsansprüche davon nicht automatisch abgeleitet werden können.
Fazit
Der Sonderkündigungsschutz für Vorfeld-Initiatoren einer Betriebsratswahl nach § 15 Abs. 3b KSchG bietet keinen allgemeinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Diese Schutzvorschrift zielt primär darauf ab, die Gründung eines Betriebsrats und die Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder zu gewährleisten. Das Urteil des LAG Köln zeigt, dass betriebsbedingte Kündigungen hiervon ausgenommen sind und ein Weiterbeschäftigungsanspruch nur unter engen Voraussetzungen geltend gemacht werden kann. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist es daher entscheidend, die genauen Regelungen und deren Grenzen zu kennen, um ihre Rechte und Pflichten entsprechend wahrzunehmen.
Die Entscheidung des LAG Köln ist ein wichtiger Beitrag zur Klärung der Rechtslage und bietet Orientierung für künftige Fälle. Sie verdeutlicht zugleich die Notwendigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung und Beratung bei Kündigungen im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit.