Das Thema Sozialhilferegress bei der Schenkung von Immobilien an Angehörige ist ein facettenreiches Feld, das sowohl für potenzielle Schenker als auch für Begünstigte von großer Bedeutung ist. In einer Zeit, in der die Übertragung von Vermögenswerten innerhalb der Familie zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist es essenziell, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und den möglichen finanziellen Konsequenzen auseinanderzusetzen. Der vorliegende Artikel widmet sich diesem komplexen Thema, beleuchtet relevante gesetzliche Vorschriften und richterliche Entscheidungen und bietet praktische Hinweise für eine rechtssichere Gestaltung von Immobilienschenkungen.
Was versteht man unter Sozialhilferegress?
Der Sozialhilferegress, gemäß §§ 93 ff. SGB XII, ermöglicht es Sozialhilfeträgern, sich an Personen zu wenden, die durch Schenkungen ihr Vermögen verringert haben, um später Sozialhilfeleistungen zu erhalten. In der Praxis bedeutet dies, dass, wenn eine Person nach der Übertragung von Vermögenswerten, wie z.B. einer Immobilie, auf Sozialhilfe angewiesen ist, der Sozialhilfeträger prüfen kann, ob und inwieweit die verschenkten Vermögenswerte für die Deckung der Hilfebedürftigkeit herangezogen werden können.
Zehnjahresfrist beachten
Die Rechtsprechung zum Thema Sozialhilferegress bei Schenkungen zeigt, dass Gerichte individuell entscheiden und dabei insbesondere die zehnjährige Rückforderungsfrist gemäß § 528 BGB berücksichtigen. Von daher kann durch eine möglichst frühzeitige Übertragung erreicht werden, dass allein der Fristablauf die Thematik überhaupt nicht virulent wird.
Gestaltungsmöglichkeiten zur Risikominimierung
Aber auch ohne Einhaltung der Zehnjahresfrist stehen verschiedene rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um den Wert einer Schenkung zu verkleinern und so das Risiko eines Sozialhilferegresses bei der Schenkung von Immobilien effektiv zu minimieren. Hierzu gehören insbesondere die Einräumung von Nießbrauch und Wohnrechten sowie die Übernahme von Pflegeleistungen durch die Beschenkten.
Nießbrauch vs. Wohnrecht
Der Nießbrauch, geregelt in §§ 1030 ff. BGB, verleiht dem Berechtigten das Recht, alle Nutzungen aus der Immobilie zu ziehen. Dies umfasst beispielsweise das Recht, die Immobilie selbst zu bewohnen oder die Mieteinnahmen zu vereinnahmen. Demgegenüber gewährt das Wohnrecht, basierend auf § 1093 BGB, lediglich das Recht zum Bewohnen der Immobilie. Nachdem der Nießbrauch also nicht persönlich ausgeübt werden muss, wird für den Fall, dass das Geld knapp wird, der Sozialträger darauf bestehen, dass die Wohnung vermietet wird und die Miete dann an ihn fließt. Dieses Problem kann nicht dadurch umgangen werden, dass im Fall der Fälle der Schenker dann, bevor er in ein Altenwohnheim umzieht, auf den Nießbrauch verzichtet, weil der Verzicht auf einen Nießbrauch ebenfalls als Schenkung gewertet wird.
Ein Wohnrecht kann dagegen nur persönlich ausgeübt werden. Gleichwohl versuchen Sozialträger gelegentlich den Beschenkten damit zu „erpressen“, dass einer Löschung des Wohnrechts nur unter der Prämisse zugestimmt wird, dass der Beschenkte dies mit einer finanziellen Zahlung ablöst. Andernfalls wird damit gedroht nicht mit einer wirtschaftlichen Verwertung der Immobilie durch Vermietung einverstanden zu sein. In Schenkungsverträgen wird deshalb oft geregelt, dass das Wohnrecht bei dauerhafter Unmöglichkeit der Ausübung erlischt.
Übernahme von Pflegeleistungen
Eine weitere Möglichkeit, den Wert der Schenkung zu verringern und somit das Risiko eines Sozialhilferegresses zu reduzieren, besteht in der Vereinbarung, dass der Beschenkte Pflegeleistungen für den Schenker übernimmt. Solche Vereinbarungen müssen sorgfältig ausgestaltet sein, um rechtlich wirksam zu sein und sollten idealerweise schriftlich festgehalten werden.
Fazit
Die Schenkung von Immobilien an Angehörige kann eine sinnvolle Strategie zur Vermögensübertragung sein, birgt jedoch das Risiko eines Sozialhilferegresses. Durch die gezielte Nutzung von Gestaltungsmöglichkeiten wie Nießbrauch, Wohnrecht und der Übernahme von Pflegeleistungen kann dieses Risiko minimiert werden.
Eine sorgfältige Planung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und der individuellen Situation ist essentiell, um unerwünschte Konsequenzen zu vermeiden. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Gestaltung auch erbrechtlich Einfluss auf etwaige Pflichtteilsansprüche haben kann. Dies jedenfalls dann, wenn Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind, also beispielsweise mehrere Kinder und Übertragung schenkweise auf ein Kind erfolgt. Auch muss berücksichtigt werden, ob und wenn ja welcher Höhe durch eine Schenkung eventuell Schenkungsteuer ausgelöst wird.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.