Wenn Eltern finanziell bedürftig sind und staatliche Unterstützung in Form von Grundsicherung oder Pflegeleistungen erhalten, stellt sich für viele Kinder die Frage, ob sie dafür herangezogen werden können. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen des Sozialhilferegresses und zeigt die Unterschiede zwischen dem bloßen Bezug von Grundsicherung und der Pflegebedürftigkeit mit Heimunterbringung auf.
Müssen Kinder bei Grundsicherung zahlen?
Nein, Kinder müssen nicht für ihre Eltern aufkommen, wenn diese Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung beziehen. Dies ist im § 43 Abs. 5 SGB XII geregelt. Der Gesetzgeber hat bewusst entschieden, dass die Unterhaltsansprüche der Eltern in diesen Fällen nicht auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden dürfen. Damit wird sichergestellt, dass Kinder nicht finanziell belastet werden, wenn ihre Eltern lediglich die Grundsicherung benötigen.
Unterschied: Pflegebedürftigkeit und Heimunterbringung
Im Gegensatz zur Grundsicherung greift der Sozialhilferegress, wenn die Eltern pflegebedürftig sind und Sozialhilfeleistungen für die Finanzierung der Pflegekosten – insbesondere bei einer Heimunterbringung – benötigen. In diesen Fällen kann der Sozialhilfeträger gemäß § 94 SGB XII auf die Unterhaltsansprüche der Eltern gegenüber ihren Kindern zugreifen. Die Haftung der Kinder hängt dann von ihrem Einkommen ab.
Ab wann haften Kinder?
Seit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, das am 1. Januar 2020 in Kraft trat, gilt: Kinder haften erst, wenn ihr jährliches Bruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Liegt das Einkommen darunter, sind sie von jeglicher Unterhaltspflicht gegenüber dem Sozialhilfeträger befreit.
Welche Einkünfte zählen zum Einkommen?
Für die Berechnung des Jahresbruttoeinkommens werden alle steuerpflichtigen Einkünfte berücksichtigt:
- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit: Löhne und Gehälter.
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit: Gewinne aus freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit.
- Mieteinnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
- Kapitalerträge, wie Dividenden, Zinsen oder Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren.
- Sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG.
Nicht angerechnet wird Kindergeld, da es nicht als Einkommen gilt.
Vermögen: Zählt es bei der Haftung?
Das Vermögen eines Kindes wird grundsätzlich nicht direkt herangezogen, um die Unterhaltspflicht zu berechnen. Es gelten jedoch folgende Grundsätze:
- Selbstgenutzte Immobilien: Diese gelten als Schonvermögen und bleiben unberührt.
- Vermietete Immobilien: Hier werden nur die Erträge (z. B. Mieteinnahmen) als Einkommen angerechnet. Der Substanzwert der Immobilie bleibt unberücksichtigt.
- Kapitalvermögen: Erträge aus Kapitalvermögen (z. B. Zinsen oder Dividenden) zählen zum Einkommen. Das angelegte Vermögen selbst bleibt unberührt.
- Altersvorsorge: Angemessene Rücklagen für die Altersvorsorge – z. B. in Form von Rentenversicherungen oder Aktien – fallen ebenfalls unter das Schonvermögen.
Wie hoch sind die Zahlungen?
Die Höhe der Zahlungen richtet sich nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Kindes. Kinder, deren Einkommen knapp über der 100.000-Euro-Grenze liegt, müssen weniger zahlen als solche mit einem deutlich höheren Einkommen. Hierbei wird nur das „verfügbare Einkommen“ oberhalb der Grenze herangezogen, abzüglich:
- eines angemessenen Selbstbehalts (derzeit ca. 2.000 Euro netto monatlich, Stand 2025),
- berufsbedingter Aufwendungen,
- sowie Vorsorgeaufwendungen.
Fazit
Kinder müssen nicht für ihre Eltern zahlen, wenn diese lediglich Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung beziehen. Der Sozialhilferegress greift jedoch, wenn Eltern pflegebedürftig sind und Heimkosten nicht selbst tragen können.
Die Haftung beginnt erst bei einem Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 Euro. Dabei werden nur die Einkünfte berücksichtigt, nicht jedoch das Vermögen selbst. Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung oder Kapitalerträgen zählen allerdings als Einkommen.
Eine rechtzeitige Beratung kann helfen, die finanzielle Belastung realistisch einzuschätzen und individuelle Risiken zu minimieren.