Seit der Erbschaftsteuerreform 2009 haben Enkelkinder bei Schenkung und Erbschaft einen Steuerfreibetrag von 200.000 €. Da dieser alle 10 Jahre genutzt werden kann, können die Enkelkinder grundsätzlich zu einer steueroptimierten Vermögensübertragung eingesetzt werden. Allerdings haben viele Großeltern Bedenken den Enkeln bereits zu Lebzeiten 200.000 € zuzuwenden. Viel zu groß ist die Angst, diese würden das Geld nicht zum Aufbau eines Vermögens, sondern für unnötigen Konsum einsetzen. Eine Lösung kann hier der Abschluss einer fondsbasierten Lebensversicherung mit anschließender Schenkung nach dem 99/1-Modell darstellen.
Vermögensübertragung unter Ausnutzung von Freibeträgen und Aufteilung der Versicherungsnehmereigenschaft
Wer die Enkelkinder zur steueroptimierten Vermögensübertragung einsetzen möchte, gleichzeitig aber sichergestellt haben will, dass diese nicht noch zu Lebzeiten der Großeltern das zugewendete Vermögen verschleudern, für den könnte der Abschluss einer fondsbasierten Lebensversicherung in Höhe von 200.000 € und anschließender Schenkung nach dem 99/1 Modell eine vernünftige Alternative darstellen.
So wird das 99/1-Modell gestaltet
Die Großeltern schließen zunächst eine fondsbasierte Lebensversicherung ab und zahlen 200.000 € ein. Bei einer solchen Versicherung handelt es sich nicht um die bekannte klassische Lebensversicherung mit (derzeit minimalen) Garantiezinsen. Vielmehr legen die Großeltern als Versicherungsnehmer eine Anlagestrategie fest, die z. B. mit Investmentfonds umgesetzt wird. Dadurch ergeben sich höhere Ertragschancen. Zudem gilt die fondsbasierte Versicherung als kundenspezifisches Sondervermögen, d. h. sie fällt nicht in die Insolvenzmasse des Versicherers.
Zunächst werden die Großeltern (Großvater und/oder Großmutter) Versicherungsnehmer der Police. Gleichzeitig werden sie beide (auf Letztversterbendenbasis) als versicherte Personen eingesetzt. Begünstigte im Versicherungsfall (des letztversterbenden Großelternteils) ist das Enkelkind, das die Schenkung erhalten soll. Danach wird der Vertrag zeitnah zu 99% an das begünstigte Enkelkind verschenkt. Zu 1 % verbleiben die Großeltern Versicherungsnehmer.
So wirkt das 99/1-Modell
Das 99/1-Modell hat folgende Wirkungen:
- Der Schenkungswert an das Enkelkind liegt mit 198.000 EUR innerhalb des Freibetrages nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und ist somit schenkungssteuerlich nicht relevant.
- Da Verfügungen und Kündigungen nur einstimmig erfolgen können, haben die Großeltern eine „Sperrminorität“ im Vertrag. Das Enkelkind kann Entnahmen nur mit Zustimmung der Großeltern tätigen. Quotale Verfügungen sind ausgeschlossen.
- Der Vertrag läuft in dieser Struktur, solange beide Großelternteile leben. Während der Laufzeit werden die entstehenden Erträge steuerfrei angesammelt (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG)
- Verstirbt der letzte Großelternteil, endet der Vertrag und wird an den Enkel ausbezahlt. Damit endet auch die Verfügungssperre und über das Vermögen kann frei verfügt werden. Während der Vertragslaufzeit erwirtschaftete Erträge werden steuerfrei ausbezahlt (Todesfallleistung als nicht steuerbarer Vorgang).
Falls beide Großeltern binnen 10 Jahren versterben, ist der 1% Anteil wahrscheinlich über seinen ursprünglichen Wert von 2.000 EUR angewachsen und damit entstünde eine minimale Erbschaftsteuerpflicht. Andererseits lebt der ausgenutzte Freibetrag nach 10 Jahren wieder auf und kann erneut verbraucht werde.
Alternative: Einsetzung der Eltern als Versicherungsnehmer
Alternativ können statt der Großeltern z. B. die Eltern des Enkels als versicherte Person eingesetzt werden. Dann wird nach einer gesonderten Vereinbarung der 1%-Anteil an das Enkelkind vererbt, wenn die Großeltern versterben. Der Vertrag als solcher bleibt jedoch bestehen. Durch den Wegfall der „Sperrminorität“ kann das Enkelkind nun frei Verfügungen über das Vermögen vornehmen. Diese Variante kann langfristig interessanter sein, da mit dem (zeitlich späteren Ableben der Eltern) höhere Erträge angesammelt werden, die steuerfrei zur Auszahlung kommen.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.