In den letzten Tagen haben umfangreiche Streiks des Flughafenpersonals an 13 deutschen Flughäfen, darunter Frankfurt, München und Berlin, den Flugverkehr nahezu zum Erliegen gebracht. Diese Arbeitsniederlegungen führten zu zahlreichen Flugausfällen und Verspätungen, wodurch Hunderttausende von Reisenden betroffen waren.
Rechte von Reisenden bei Flugausfällen durch Streiks
Bei Flugausfällen aufgrund von Streiks haben Reisende unterschiedliche Rechte, abhängig davon, ob sie eine Pauschalreise oder eine Individualreise gebucht haben.
Pauschalreisen
Bei Pauschalreisen, die mindestens zwei Reiseleistungen (z. B. Flug und Hotel) umfassen, gelten besondere Schutzbestimmungen. Fällt der Flug aufgrund eines Streiks aus, stellt dies einen Reisemangel dar. Der Reisende hat in diesem Fall folgende Rechte:
- Minderung des Reisepreises: Der Reisende kann eine angemessene Herabsetzung des Reisepreises verlangen, wenn die Reise beeinträchtigt wurde.
- Kündigung des Reisevertrags: Ist die Reise erheblich beeinträchtigt und der Veranstalter bietet innerhalb einer angemessenen Frist keine Abhilfe an, kann der Reisende den Vertrag kündigen.
- Schadensersatz: Bei Verschulden des Reiseveranstalters kann der Reisende Schadensersatz verlangen.
Diese Rechte ergeben sich aus den §§ 651i bis 651n des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Individualreisen
Bei individuell gebuchten Flügen greifen die Bestimmungen der EU-Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004). Bei Flugausfällen aufgrund von Streiks haben Reisende folgende Rechte:
- Betreuungsleistungen: Die Fluggesellschaft muss Mahlzeiten, Erfrischungen sowie gegebenenfalls Hotelunterkünfte und Transfers bereitstellen.
- Erstattung oder anderweitige Beförderung: Der Reisende kann zwischen der Erstattung des Flugpreises oder einer anderweitigen Beförderung zum Endziel wählen.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen besteht jedoch nicht, da Streiks als außergewöhnliche Umstände gelten, die von der Fluggesellschaft nicht zu verantworten sind.
Aktuelle Rechtsprechung zu Streiks und Fluggastrechten
Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren die Rechte von Fluggästen bei streikbedingten Flugausfällen und -verspätungen präzisiert:
EuGH-Urteil zu innerbetrieblichen Streiks (2021):
Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 23.03.2021, C-28/20) entschied, dass innerbetriebliche Streiks, wie beispielsweise ein Pilotenstreik, keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen. Somit haben Passagiere bei streikbedingten Flugausfällen oder Ankunftsverspätungen von mindestens drei Stunden Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro.
BGH-Urteil zu Streiks bei der Personen- und Gepäckkontrolle (2018):
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 4. September 2018 – X ZR 111/17) entschied, dass bei Streiks des Sicherheitspersonals an Flughäfen Fluggesellschaften unter bestimmten Umständen zur Zahlung von Ausgleichszahlungen verpflichtet sein können, insbesondere wenn sie nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Minimierung der Verspätung ergriffen haben.
Fazit
Streiks des Flughafenpersonals können erhebliche Auswirkungen auf Reisende haben. Während Pauschalreisende bei Flugausfällen aufgrund von Streiks unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Reisepreisminderung oder Schadensersatz haben, können Individualreisende Betreuungsleistungen und die Erstattung des Flugpreises oder eine alternative Beförderung verlangen. Ein Anspruch auf zusätzliche Ausgleichszahlungen besteht in der Regel nicht, da Streiks als außergewöhnliche Umstände eingestuft werden.
Es ist empfehlenswert, sich im Falle von Flugausfällen oder -verspätungen an die jeweilige Fluggesellschaft oder den Reiseveranstalter zu wenden, um die individuellen Ansprüche geltend zu machen. Bei Unstimmigkeiten können Schlichtungsstellen wie die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) oder das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) unterstützend tätig werden.