Stefan (Name geändert) wurde nur 25 Jahre alt. Er ist bei einem Verkehrsunfall in Spanien ums Leben gekommen. Er wurde dort eingeäschert und seine Asche nach Deutschland gebracht. Nach der Scheidung seiner Eltern hat er lange bei seiner Mutter gelebt. Kontakt mit seinem Vater hatte er über viele Jahre nicht. Sein Wunsch war es, so jedenfalls sieht es seine Mutter, dass seine Asche im Meer verstreut wird. Sein Vater hat dafür kein Verständnis und möchte stattdessen ein Urnengrab in Deutschland. Wie bereits so oft zu Ehezeiten können die Eltern auch jetzt keinen Konsens finden.
Der Tod eines Kindes ist für Eltern eine der schwierigsten Erfahrungen. Häufig wird das emotionale Erleben noch erschwert, wenn unterschiedliche Ansichten darüber bestehen, wie der Verstorbene bestattet werden soll. Im Falle eines getrennt lebenden Elternpaares kann es zu Konflikten darüber kommen, wer das Bestimmungsrecht über die Art und Weise der Bestattung innehat und ob der Wille des Verstorbenen – sollte dieser geäußert worden sein – zu berücksichtigen ist. Dieser Artikel zeigt die rechtliche Lage auf, erläutert die Voraussetzungen für das Bestimmungsrecht und gibt Hilfestellungen, wie ein solches Konfliktpotenzial einvernehmlich oder notfalls gerichtlich geregelt werden kann.
1. Die Rechtslage zum Bestimmungsrecht über die Bestattung
In Deutschland ist das Bestattungsrecht grundsätzlich Ländersache, weshalb es in verschiedenen Bestattungsgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt ist. In der Regel obliegt die sogenannte Totenfürsorgepflicht zunächst den nächsten Angehörigen, zu denen insbesondere Eltern, Kinder oder Ehegatten zählen. Entscheidend für das Bestimmungsrecht ist § 1922 BGB, der regelt, dass das Erbe mit dem Tod einer Person auf die Erben übergeht, ebenso wie die Verantwortung für die Bestattungskosten gemäß § 1968 BGB. Die Totenfürsorgepflicht wird allerdings nicht automatisch durch das Erbrecht geregelt, da sie vielmehr eine eigene Rechtsverpflichtung darstellt.
Einschlägige Vorschriften in den Bestattungsgesetzen der Bundesländer legen fest, dass die nächsten Angehörigen berechtigt und verpflichtet sind, über die Art und Weise der Bestattung zu entscheiden. Stehen beide Elternteile in der gesetzlichen Reihenfolge an oberster Stelle, wird das Bestimmungsrecht in der Regel gemeinschaftlich ausgeübt. Bei Uneinigkeit kann jedoch das Familiengericht eine Entscheidung treffen, um den letzten Willen des Verstorbenen bestmöglich zu berücksichtigen.
2. Bedeutung des letzten Willens des Verstorbenen
Die Wünsche des Verstorbenen sollten immer an erster Stelle stehen und haben im Rahmen der Totenfürsorge ein besonders hohes Gewicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgelegt, dass die postmortalen Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen zu respektieren sind, wenn ein konkreter Wille für die Art der Bestattung geäußert wurde. Hierbei kann auch der Wunsch nach Einäscherung, Überführung oder der Verstreuung der Asche im Ausland berücksichtigt werden.
Sollte der Verstorbene – wie im Beispiel – geäußert haben, dass seine Asche am Meer verstreut werden soll, stellt dies einen eindeutigen Willen dar, den die Hinterbliebenen respektieren sollten. Dies ist jedoch oft mit praktischen und rechtlichen Hürden verbunden, insbesondere wenn ein Elternteil anderer Meinung ist oder dies aufgrund persönlicher Einstellungen oder religiöser Überzeugungen ablehnt.
3. Konfliktlösung: Die gerichtliche Übertragung des Bestimmungsrechts
Falls eine einvernehmliche Lösung nicht möglich ist, besteht die Möglichkeit, das Familiengericht anzurufen. In diesem Fall kann ein Elternteil die Übertragung des Bestimmungsrechts auf sich selbst beantragen. Das Gericht prüft dann, wer am besten geeignet ist, den letzten Willen des Verstorbenen umzusetzen und die Totenfürsorgepflicht auszuüben.
Das Gericht wird in seiner Entscheidung verschiedene Faktoren berücksichtigen, darunter:
– die bisherige Beziehung des Verstorbenen zu den jeweiligen Elternteilen,
– den geäußerten letzten Willen des Verstorbenen,
– die persönliche Eignung und das Verhalten der Elternteile sowie
– mögliche Belastungen oder Konflikte, die das Wohl der Familie beeinträchtigen könnten.
In Fällen, in denen ein Elternteil durch Gewalt, Drohungen oder andere problematische Verhaltensweisen auffällt, könnte dies als Argument für eine Übertragung des Bestimmungsrechts auf den anderen Elternteil gewertet werden.
4. Internationales Recht bei einer Verstreuung im Ausland
Wenn der letzte Wille des Verstorbenen eine Verstreuung im Ausland vorsieht, beispielsweise in Spanien, sind auch die dortigen Bestimmungen zu berücksichtigen. Spanien erlaubt in bestimmten Regionen die Verstreuung der Asche am Meer, jedoch unter Auflagen. Die Beauftragung eines Bestattungsunternehmens vor Ort ist ratsam, da diese mit den behördlichen Anforderungen vertraut sind. Um sicherzustellen, dass die Verstreuung rechtmäßig durchgeführt wird, sollte die Familie entsprechende Dokumente wie die Sterbeurkunde und den Nachweis über die Einäscherung vorlegen.
5. Praktische Hinweise und Handlungsmöglichkeiten für Angehörige
Für Angehörige, die den letzten Willen eines Verstorbenen durchsetzen möchten, sind folgende Schritte empfehlenswert:
a. Nachweis des letzten Willens: Falls kein schriftliches Testament oder eine entsprechende Verfügung existiert, können Aussagen von Verwandten oder Bekannten des Verstorbenen über dessen letzte Wünsche als Beweismittel dienen.
b. Protokollierung des Konflikts: Sollte der andere Elternteil blockieren oder die Kommunikation verweigern, sollten alle Versuche, Kontakt aufzunehmen, dokumentiert werden. Eine schriftliche oder elektronische Dokumentation kann später vor Gericht vorgelegt werden.
c. Rechtliche Unterstützung suchen: Ein Anwalt kann den Prozess begleiten und unterstützen, insbesondere falls eine gerichtliche Übertragung des Bestimmungsrechts notwendig wird.
d. Behördenkontakt im Ausland: Ein örtliches Bestattungsunternehmen in Spanien kann helfen, die Verstreuung am Meer gesetzeskonform zu organisieren.
Fazit
Der letzte Wille eines Verstorbenen, besonders im Hinblick auf die Art der Bestattung, verdient größten Respekt und ist rechtlich von hoher Bedeutung. In Deutschland haben die nächsten Angehörigen grundsätzlich das Bestimmungsrecht über die Bestattung, doch der Wille des Verstorbenen kann deren Befugnis einschränken. Wenn Elternteile sich nicht einigen können, bietet das Familiengericht die Möglichkeit, das Bestimmungsrecht an den geeignetsten Elternteil zu übertragen. Besonders bei Auslandswünschen, wie etwa einer Verstreuung der Asche im Meer, sind internationale Vorschriften zu beachten. Ein harmonisches Einvernehmen wäre wünschenswert, doch wo dies nicht möglich ist, stehen rechtliche Schritte zur Durchsetzung des Willens des Verstorbenen zur Verfügung.
Mit einer rechtzeitigen rechtlichen Beratung können betroffene Angehörige den letzten Wunsch eines geliebten Menschen erfüllen und damit auch einen respektvollen Abschied ermöglichen.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.