Im vergangenen Jahr hat der BGH (Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17) letztverbindlich entschieden, dass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks auch der Nutzungsvertrag auf die Erben übergeht. Geklagt hatten die Eltern eines minderjährigen Mädchens, das unter nicht geklärten Umständen tödlich in einem U-Bahnhof von einem einfahrenden Zug erfasst wurde. Die Eltern erhofften sich aus dem Facebook Konto, dass das Mädchen mit 14 Jahren mit deren Einwilligung errichtet hatte, Kenntnisse darüber, ob ihre Tochter Suizidgedanken hatte.
Ordnungsgeldantrag gegen Facebook wegen Zugang zum digitalen Nachlass
Aus Sicht der Eltern schon schlimm genug, dass sie ihre Tochter verloren haben und durch die Instanzen einen Rechtsstreit bis zum BGH über den digitalen Nachlass ihrer verstorbenen Tochter führen mussten. Denn auch jetzt, nachdem die Rechtsfrage durch die Bundesrichter verbindlich geklärt worden ist, kommt Facebook seinen Verpflichtungen nur zögerlich nach, so dass die Eltern mit einem Ordnungsgeldantrag neuerlich gegen Facebook vor Gericht ziehen mussten. Anstatt den Eltern nämlich Zugriff zum Facebook-Profil ihrer verstorbenen Tochter zu gewähren, hat Facebook den Eltern lediglich einen USB-Stick mit einem 14.000 Seiten langen PDF Dokument zur Verfügung gestellt. Dies genügte den Eltern nicht, weil sie durch den direkten Zugriff auf das Facebook Profil ihre Tochter hofften dort Hinweise zu finden, ob die 15-jährige möglicherweise Selbstmord begangen hatte.
Facebook hatte seine Weigerungshaltung damit begründet, dass die Einrichtung eines „passiven Modus, bei dem man nur auf Inhalte zugreifen kann, nicht aber gleichzeitig darüber kommunizieren könne, nicht vorgesehen und technisch unmöglich sei.
Bereits zuvor war das Nutzerkonto des toten Mädchens von Facebook in einen sog. Gedenkzustand versetzt worden, so dass den Eltern auch deshalb kein Zugriff mehr möglich war.
Lenkt Facebook nicht ein, so sind weitere Ordnungsgeldanträge zu erwarten
Nun bleibt abzuwarten, ob Facebook einlenken wird oder aber das Ordnungsgeld aus der Portokasse bezahlt. Letzteres könnte auf Dauer allerdings teuer werden, weil dann, wenn ein sog. Bestrafungsantrag bei Gericht gestellt wird und der Verpflichtete gleichwohl der ihm durch ein Urteil auferlegten Pflicht nicht nachkommt, der Bestrafungsantrag beliebig oft wiederholt werden kann. Von Antrag zu Antrag setzt das Gericht dann höhere Ordnungsgelder fest. Sollte dies alles nichts helfen, dann kann sogar Ordnungshaft, die an der Geschäftsführung zu vollstrecken ist, festgesetzt werden. Es bleibt also, aus juristischer Sicht, weiter spannend. Für die Eltern dagegen ist es eine Qual, dass sie die juristische Angelegenheit nicht ad acta legen können, um zu trauern.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.