Derjenige, der die Wirkung einer Kündigung für sich in Anspruch nehmen möchte, muss beweisen, dass die Kündigungserklärung zugegangen ist. Arbeitgeber versenden deshalb Kündigungsschreiben, wenn sie nicht gleich dem Arbeitnehmer direkt übergeben werden können, gerne mittels Einwurfeinschreiben. Dies deshalb, weil dann regelmäßig im Streitfall der Nachweis problemlos geführt werden kann, dass das Kündigungsschreiben jedenfalls so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte. So jedenfalls die hinlängliche Meinung bei Arbeitgebern. Das LAG Rheinland-Pfalz hat sich in seinem Urteil vom 17.09.2019 (8 Sa 57/19) mit einem Fall befasst in dem ein Arbeitnehmer trotz Einwurfeinschreiben den Zugang bestritten und stattdessen vom Arbeitgeber im Klageweg Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Verzugslohn gefordert hat. Auch, wenn am Ende dann doch der Arbeitgeber den Rechtsstreit gewonnen hat, weil die Richter im Rahmen einer umfangreichen Beweisaufnahme davon überzeugt werden konnten, dass die Kündigung zugegangen ist, verdeutlicht dies doch, dass die Kündigung durch Einwurfeinschreiben nicht die beste aller Möglichkeiten ist, einem Arbeitnehmer eine Kündigung zukommen zu lassen.
Arbeitnehmer bestreitet Zugang einer Probezeitkündigung mittels Einwurfeinschreiben
Der Kern, des doch recht umfangreichen Rechtsstreits, war an sich banal: Der Kläger war nämlich bei seinem Arbeitgeber, bei dem er als Assistent des Betriebsrates beschäftigt war, erst ab dem 16.03.2016 zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.750 € beschäftigt, wobei er in der Zeit vom 18. Januar bis zum 28. Februar 2017 arbeitsunfähig krank war. Während dieser Arbeitsunfähigkeit fand eine E-Mail Korrespondenz zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten statt, in dem der Geschäftsführer am 15. Februar mitgeteilt hat, dass diesem bereits am 19.01.2017 eine Probezeitkündigung vom Vortrag zum 02.02.2017 zugestellt worden sei. Später dann hat die Beklagte mit Schreiben vom 06.04.2017 erneut und rein vorsorglich nochmals das Arbeitsverhältnis zum 20.04.2017 gekündigt.
Mit Klage vom 02.05.2017 machte der Kläger Entgeltfortzahlung für den Monat Februar 2017 in Höhe von 2.750 € brutto sowie Annahmeverzugslohn für die Monate März und April zuzüglich Urlaubsabgeltung geltend.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, dass ihm das Kündigungsschreiben vom 18.01.2017 nicht zugegangen sei. Er kontrolliere seinen Briefkasten regelmäßig und ein Kündigungsschreiben der Beklagten habe weder am 19. Januar 2017 noch an den darauffolgenden Tagen im Briefkasten gelegen. Er hat die Örtlichkeiten seiner Wohnanschrift und die Lage des Briefkastens näher dargelegt und Lichtbilder der Briefkästen des Hauses zu der Akte gereicht. Weiter hat er erklärt, dass er seine Wohnung am 19. Januar 2017 allein bewohnt habe und alleinigen Zugriff auf den Inhalt des Briefkastens gehabt habe, weil nur er einen Schlüssel gehabt habe.
Die Beklagte dagegen hat vorgetragen, dass ihr Geschäftsführer die Kündigungserklärung vom 18.01.2017 erstellt, unterschrieben und in Anwesenheit von mehreren Zeugen in einen Briefumschlag gesteckt habe. Sodann habe er sich mit dem verschlossenen Briefumschlag in die Filiale der Deutschen Post AG, S-Straße, Dienststellen-Nr. 000000000 begeben und den verschlossenen Umschlag, enthaltend die Probezeitkündigung, am 18. Januar 2017 um 18:50 Uhr, eingeliefert. Danach sei er in sein Büro zurückgekehrt und habe das als Anlage B 3 mit Schriftsatz vom 18. Juli 2017 zur Akte gereichte „Zustellprotokoll“ erstellt, auf dem er oben rechts den Einlieferungsbeleg aufgebracht habe mit der entsprechenden Sendungsnummer. Die als Anlage B 4 in Kopie beigefügte Sendungsverfolgung habe ergeben, dass die Sendung mit der entsprechenden Sendungsnummer 000000000 am 19.01.2017 vom Zeugen S. zugestellt worden sei.
Gerichte sehen Nachweis des Zugangs der Kündigungserklärung als erbracht
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, weil sie nach erfolgter Beweisaufnahme den Nachweis des Zugangs der Kündigungserklärung als erbracht angesehen hatten, so dass das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, in dem der Kläger Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Verzugslohn gefordert hatte, bereits infolge der vorangegangenen Probezeitkündigung beendet war.
Das Gericht hatte dabei zum einen den Zusteller der Firma DHL zur Frage der Zustellung des Kündigungsschreibens vernommen. Darüber hinaus hat es schriftliche Zeugenaussagen der Mitarbeiter, die bestätigen konnten, dass der Geschäftsführer die Kündigung in den Umschlag gesteckt hat, verwertet.
Die Richter haben dabei im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO die Aussage des Zustellers als glaubwürdig eingestuft. Diese habe nicht nur nachvollziehbar und ohne Widerspruch geschildert, wie er bei der Zustellung von Einschreiben vorgehe. Darüber hinaus habe dieser auch die Örtlichkeiten und die Lage des Briefkastens des Klägers konkret schildern können, weiter hat er bestätigt, dass der Auslieferungsbrief für die Sendung mit der Nummer … seine Unterschrift trägt. Auch, wenn der Zeuge sich (naturgemäß) nicht mehr an die konkrete Zustellung habe Ihnen können, so könne doch von einer Zustellung des Kündigungsschreibens, so die Richter, ausgegangen werden.
Das LAG hat dabei die Ausführungen des Arbeitsgerichts noch dahingehend ergänzt, dass nach
„§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Eine verkörperte Willenserklärung ist zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnisses die Möglichkeit besteht, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen.
Zum Bereich des Empfängers gehören auch von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie z. B. ein Briefkasten. Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren. Bei Hausbriefkästen ist mit einer Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können.
Wenn danach für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob und wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, so wird der Zugang durch solche – allein in seiner Person liegende – Gründe nicht ausgeschlossen (BAG, 22. März 2012 – 2 AZR 224/11 – Rn. 21 f.; LAG Rheinland-Pfalz, 23. September 2013 – 5 Sa 18/13 – Rn. 43, juris).
Der Arbeitgeber hat den Vollbeweis des Zugangs einer Kündigung unter Abwesenden zu führen.“
Weiter haben die Richter am LAG darauf hingewiesen, dass streitig sei, ob durch den Einlieferung zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür begründet sei, dass die Sendung durch einlegen in den Briefkasten zugegangen ist, wenn das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, dies aber vorliegend dahinstehen könne, weil zu der Indizwirkung der vorgelegten Belege die glaubhafte Aussage des Zustellers dazu geführt habe, dass der Arbeitgeber den Nachweis des Zugangs erbracht habe.
Was Sie als Arbeitgeber aus der Entscheidung lernen können
Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen gehört zu den (leidvollen) Aufgaben eines jeden Arbeitgebers mit denen diese früher oder später konfrontiert wird. Der Fall führt deutlich vor Augen, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer nur dreist genug ist, und unter Missachtung der prozessualen Wahrheitspflicht den Zugang der Kündigung bestreitet, ein Rechtsstreit aus Sicht des Arbeitgebers durchaus aufwendig und problematisch werden kann, weil es sicherlich nicht, so wie hier, einfach ist den Zusteller ausfindig zu machen und auch als Zeugen im Rechtsstreit zu benennen. Von daher sollte stets, wann immer dies möglich ist, versucht werden, die Kündigung dem Arbeitnehmer persönlich zu übergeben und den Empfang der Kündigung auf dem Kündigungsschreiben quittieren zu lassen.
Da sich manche Arbeitnehmer weigern den Empfang zu quittieren, sollte zu einem solchen Kündigungsgespräch auch stets mindestens eine weitere Person, die nicht im Lager des Arbeitgebers steht, als Zeuge hinzugezogen werden. Wir haben nämlich auch schon Fälle erlebt, in denen im Gespräch der Arbeitnehmer aufgestanden und gegangen ist, ohne dass Kündigungsschreiben mitzunehmen. Später im Rechtsstreit wurde dann behauptet, es sei nicht schriftlich, sondern nur mündlich gekündigt wurden, was bei Arbeitsverhältnissen wiederum eine Kündigung wegen § 623 BGB unwirksam macht.
Die hier aufgezeigte Problematik besteht übrigens nicht nur bei der Kündigung von Arbeitswelt dessen, sondern auch bei der Kündigung von Mietverhältnissen. Wir sind gerade in der Kanzlei auch mit einem Rechtsstreit befasst, in dem ein Makler im Auftrag des Vermieters dem Mieter die Kündigung einer Gewerbemiete übergeben hat. Anschließend hat der Mieter den Makler so in ein Gespräch über die Modalitäten der Beendigung des Mietverhältnisses verwickelt, dass es ihm gelungen ist, dem Makler die Kündigung wieder in die Hand zu drücken. Jetzt behauptet er „blauäugig“ er habe keine Kündigung erhalten, weil ihm diese nicht ausgehändigt worden sei … Sie sehen, dass derjenige, der hier nicht unnötig seine Kündigung angreifbar machen möchte, stets sorgfältig und auf der Hut sein muss vor unehrlichen Gegenspielern.