Die Frage, wie ein Arbeitszeugnis formuliert sein sollte, beschäftigt sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Insbesondere dann, wenn Arbeitnehmer der Ansicht sind, dass ihre Arbeitsleistung im Zeugnis nicht ausreichend gewürdigt wurde, weil ihnen lediglich eine durchschnittliche Arbeitsleistung bescheinigt wurde (Note 3) kommt es häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Viele Arbeitnehmer verkennen dabei, dass per se kein Anspruch auf eine Note gut oder gar sehr gut, gesetzlich verankert ist, sondern dass lediglich ein Anspruch auf ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis besteht, mit einer durchschnittlichen Verhaltens- und Leistungsbeurteilung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern vom 2. Juli 2024 (Az. 5 Sa 108/23) verdeutlicht, worauf es ankommt: wer als Arbeitnehmer der Meinung ist, besser als der Durchschnitt gewesen sein, der muss es im Streitfall auch beweisen.
Sachverhalt des Falls
Im Mittelpunkt des Falls stand ein Arbeitnehmer (ArbN), der nach einer neunmonatigen Ausbildung als Schulbegleiter und Integrationsassistent arbeitete. In dieser Funktion unterstützte er einen Schüler, dessen Hilfeplan vorsah, dass dieser lernen sollte, Konflikte ohne Gewalt zu lösen, die Grenzen seiner Mitschüler zu respektieren und aktiv am Unterricht teilzunehmen. Die Tätigkeit des ArbN war geprägt von besonderen Herausforderungen, da der betreute Schüler dem ArbN sogar körperliche Verletzungen zugefügt hatte, die zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führten.
Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erhielt der ArbN ein Arbeitszeugnis, in dem ihm eine „stets zu unserer Zufriedenheit“ erbrachte Leistung bescheinigt wurde, was einer durchschnittlichen Bewertung entspricht. Der ArbN war jedoch der Ansicht, er habe deutlich überdurchschnittliche Leistungen erbracht und verlangte eine entsprechende Anpassung des Zeugnisses. Er führte aus, er habe sich überdurchschnittlich engagiert und sei der Einzige gewesen, der den Schüler in die Klasse erfolgreich integriert habe.
Entscheidung des Gerichts
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern wies die Klage des ArbN ab. Es entschied, dass der ArbN keinen Anspruch auf ein neues qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer besseren Leistungsbeurteilung hat. Dabei stützte sich das Gericht auf die allgemeine arbeitsrechtliche Beweislastverteilung, wie sie auch vom Bundesarbeitsgericht (BAG) in früheren Entscheidungen entwickelt wurde. Grundsätzlich ist es so, dass der ArbN die Darlegungs- und Beweislast trägt, wenn er eine überdurchschnittliche Beurteilung in seinem Zeugnis anstrebt.
Darlegungs- und Beweislast im Zeugnisstreit
Das Arbeitsrecht sieht in § 109 Abs. 1 und 2 Gewerbeordnung (GewO) vor, dass ein Arbeitnehmer ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangen kann. Dieses Zeugnis muss wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert sein. Es ist jedoch üblich, dass ein Arbeitgeber nur eine durchschnittliche Leistung bescheinigt, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Möchte ein Arbeitnehmer eine bessere Bewertung durchsetzen, muss er die entsprechenden Tatsachen darlegen und beweisen. Dies war auch im vorliegenden Fall entscheidend. Der ArbN hätte nachweisen müssen, dass seine Leistungen tatsächlich über dem Durchschnitt lagen.
Das Gericht führte weiter aus, dass die Formulierung „stets zu unserer Zufriedenheit“ eine durchschnittliche Bewertung darstellt. Diese entspricht einer „befriedigenden“ Leistung, die im Arbeitszeugnis als Standard gilt, sofern keine besonderen Umstände auf eine bessere Bewertung hinweisen. Der Kläger konnte jedoch nicht nachweisen, dass er durch sein Verhalten und seine Leistungen überdurchschnittlich gewesen war. Vielmehr sah das Gericht es als nachvollziehbar an, dass der ArbG die Bewertung aufgrund der kurzen Berufserfahrung des ArbN auf einer durchschnittlichen Ebene verortete.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern verdeutlicht, dass Arbeitnehmer, die in ihrem Arbeitszeugnis eine überdurchschnittliche Bewertung anstreben, die Beweislast für ihre besonderen Leistungen tragen. Es genügt dabei nicht, lediglich eine subjektive Einschätzung der eigenen Leistung abzugeben; vielmehr sind konkrete Tatsachen erforderlich, die eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen. Arbeitnehmer sollten daher sorgfältig abwägen, ob sie gegen eine durchschnittliche Bewertung vorgehen, da die Erfolgsaussichten einer solchen Klage in der Regel gering sind.
Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber eine unterdurchschnittliche Bewertung ausstellt. In diesem Fall trägt der Arbeitgeber die Beweislast und muss darlegen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers tatsächlich unter dem Durchschnitt lagen (vgl. BAG, Urteil vom 24. März 1977, Az. 3 AZR 232/76). Aus diesem Grund sind Arbeitgeber gut beraten, Konflikte zu vermeiden, indem sie eine mindestens befriedigende Beurteilung in das Zeugnis aufnehmen.
Für Arbeitnehmer gilt es zu beachten, dass ein Arbeitszeugnis, das übermäßig positiv formuliert ist, für künftige Personalverantwortliche oftmals wenig glaubwürdig wirkt. Ein Zeugnis, das in den höchsten Tönen lobt und mit einer sehr guten Beurteilung endet, kann den Verdacht erwecken, es sei unter Druck entstanden oder der Arbeitnehmer solle „weggelobt“ werden. Daher sollte auch hier mit Augenmaß agiert werden.