Wenn es um das Erbe geht, dann streiten Erben oft mit für den Außenstehenden kaum nachvollziehbarer Härte und ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Sinn der Auseinandersetzung. Nicht anders ist ein Rechtsstreit, den das OLG München mit Urteil vom 16.11.2016 (20 U 2886/16) entschieden hat, einzustufen. Das Gericht hat dort im Rahmen einer sog. unechten Drittwiderspruchsklage eine von einem Miterben betriebene Teilungsversteigerung einer Immobilie untersagt, weil eine testamentarisch angeordnete Teilungsanordnung entgegensteht.
Erblasserin verteilt Nachlass mittels Teilungsanordnung auf ihre 4 Kinder
Die Erblasserin war 2005 verstorben (daraus lässt sich rückschließen, dass die Erben seit nunmehr 11 Jahren um das Erbe ihrer Mutter streiten). Sie hatte 1989 ein privatschriftliches Testament errichtet und darin ihre 4 Kinder zu Erben eingesetzt. Gleichzeitig hat sie eine Teilungsanordnung bezüglich der 3 zum Nachlass gehörenden Grundstücke vorgenommen.
In einem vorangegangenen Rechtsstreit hat das OLG München bereits festgestellt, dass eine Teilungsanordnung der Erblasserin vorliegt, nach der sich auch die quotalen Erbteile, nach denen ein Erbschein zu erteilen ist, bestimmen. Die Erbquoten der 3 Söhne beliefen sich danach auf 36,5 %, 31,9 % und 26,7 %, während die Tochter lediglich mit 4,9 % Erbin der Mutter wurde.
Miterbe betreibt trotz Teilungsanordnung die Teilungsversteigerung eines Immobilienanteils
Einer der Söhne betrieb nun die Teilungsversteigerung von einem Miteigentumsanteil an dem von ihm selbst bewohnten Haus. Hiergegen wendete sich ein anderer Bruder im Klageweg und berief sich auf die bereits gerichtlich festgestellte Teilungsanordnung, die einer Teilungsversteigerung entgegenstehen würde.
OLG München erklärt Teilungsversteigerung für unzulässig
Wie heißt es so schön, 2 Juristen und 3 Meinungen. Während nämlich das Landgericht die Klage als unzulässig zurückgewiesen hat, war das OLG München als Berufungsgericht anderer Auffassung. Es befand die Klage, mit der der Kläger die Verhinderung einer nach seinem Dafürhalten aus materiellen Gründen unberechtigten Teilungsversteigerung erreichen wollte, nicht nur als sog. unechte Drittwiderspruchsklage für zulässig, sondern auch für begründet.
Dies deshalb, weil die Teilungsversteigerung der testamentarischen Teilungsanordnung der Erblasserin widersprochen hat.
Auch, wenn die Teilungsanordnung im Hinblick auf die Tochter nach § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. unwirksam war, weil eine Beschränkung oder Beschwerung als nicht angeordnet gilt, wenn ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch eine Teilungsanordnung beschwert wird, wenn der ihm hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die beschwerende Teilungsanordnung mit Wirkung für alle Miterben unwirksam wäre. Beschränkungen und Beschwerungen nach § 2306 BGB a.F. fallen grundsätzlich nicht im Ganzen, sondern nur hinsichtlich des Erbteils des Pflichtteilsberechtigten weg, so das OLG.
Der Wegfall der Teilungsanordnung gegenüber der Miterbin führt auch nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Teilungsanordnung gemäß § 2085 BGB. Dies wäre nur dann der Fall, so die Richter, wenn anzunehmen wäre, dass die Erblasserin die Teilungsanordnung gegenüber ihren Söhnen nicht getroffen hätte, wenn ihr deren Unwirksamkeit der Tochter gegenüber bekannt gewesen wäre. Dies allerdings ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen und haben die Parteien auch nicht behauptet.
Eine Gesamtunwirksamkeit der Teilungsanordnung ist nach Vorstehendem auch nicht unter dem Gesichtspunkt anzunehmen, dass eine inhaltliche Trennung der Anordnung im Verhältnis aller Miterben nicht möglich ist, da die Anordnung nur bei Mitwirkung der Miterbin erfüllt werden kann. Denn dies bedeutete eine eklatante Missachtung eines klaren Erblasserwillens.
Auch hat das Oberlandesgericht München im Rahmen des Vorverfahrens nicht die Gesamtunwirksamkeit der Teilungsanordnung festgestellt. Dass das Oberlandesgericht die Teilungsanordnung im Verhältnis der Brüder grundsätzlich für wirksam gehalten hat, ergibt sich schon aus der Abweisung der Klage als „derzeit unbegründet“ und dem Ausspruch, dass die von den Klägern anerkannte Widerklageforderung des damaligen Beklagten und hiesigen Klägers auf Übertragung der Miteigentumsanteile nur „Zug um Zug“ gegen Erfüllung seiner Übertragungsverpflichtung gemäß der Teilungsanordnung besteht.
Außergerichtliche Einigung stets einem Rechtsstreit vorzuziehen
Aus Sicht der Erben ist damit allerdings nicht viel gewonnen. Lediglich die Teilungsversteigerung ist vom Tisch. Der Streit unter den Erben geht weiter.
Hätte die Erblasserin sich bei Errichtung des Testaments kompetent beraten lassen, dann hätte den streitenden Kindern nicht nur viel Ärger erspart, sondern auch Geld gespart werden können. Erbstreitigkeiten, die sich 10 Jahre und länger hinziehen, sind nämlich durchaus, je nach Höhe des Nachlasses, geeignet, den Nachlass weitgehend aufzuzehren.
Erschreckend aus Sicht der Rechtsuchenden ist aber auch, dass ein Landgericht eine Klage, die die Berufungsinstanz sogar als begründet einstuft, als unzulässig abgewiesen hat. Dies macht nicht nur deutlich, dass Urteile immer kritisch auf ihre rechtliche Richtigkeit hinterfragt werden müssen, sondern dass man bereits im Vorfeld eines Rechtsstreits in Erwägung ziehen muss, dass man vor Gericht, ähnlich wie auf hoher See, in Gottes Hand ist. Wer nämlich die Entscheidung über seine Angelegenheiten einem Dritten überträgt, der gibt die Zügel aus der Hand. Deshalb besser kompromissbereit außergerichtlich eine Einigung suchen als über Jahre hinweg vor Gericht zu streiten. Die Praxis zeigt natürlich, dass dies leichter gesagt als getan ist.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.