Der Fall einer Schweizer Uhrenfirma, die von ihren Mitarbeitern verlangt, dass sie beim Gang zur Toilette ausstempeln, sorgt derzeit für Aufmerksamkeit – und auch für eine Debatte über Arbeitnehmerrechte. In der Schweiz entschied das Kantonsgericht Neuenburg zugunsten des Arbeitgebers: Toilettengänge sind als Pausenzeit zu werten und müssen entsprechend ausgestempelt werden. Diese Praxis wird durch die fehlende gesetzliche Definition des Begriffs „Pause“ im Schweizer Arbeitsrecht gestützt, sodass der Arbeitgeber hier weitgehende Freiheit hat, solche Pausen als unbezahlte Arbeitszeit zu deklarieren (Quelle: t-online.de, heute.at). Doch wie sieht es in Deutschland aus? Wir haben dies zum Anlass genommen die Rechtslage in Deutschland näher zu beleuchten.
Toilettenpause im deutschen Arbeitsrecht
In Deutschland ist das Arbeitsrecht im Hinblick auf Pausen und Arbeitszeit durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und den § 611a BGB klarer geregelt. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer zu wahren. Das bedeutet, dass alle Maßnahmen, die der Gesunderhaltung dienen, auch Teil der Arbeitszeit sind – zumindest wenn sie nicht als Ruhepause zu qualifizieren sind.
Ein Toilettengang wird hierzulande in der Regel als ein unentbehrliches Bedürfnis angesehen und ist damit Teil der vergüteten Arbeitszeit. Anders als in der Schweiz wäre eine Verpflichtung zum Ausstempeln bei Toilettengängen in Deutschland eher unüblich und könnte problematisch sein, wenn man die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht berücksichtigt. Auch die Praxis des Ausstempelns würde womöglich gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen, insbesondere wenn bestimmte Gruppen wie Frauen durch physiologische Bedürfnisse benachteiligt würden.
Rechtsprechung und Regelungen zur Arbeitsunterbrechung
Deutsche Gerichte haben sich in der Vergangenheit mehrfach mit ähnlichen Fragen beschäftigt. In bisherigen Entscheidungen wurden Toilettengänge ähnlich wie das Trinken oder das Dehnen als notwendige Unterbrechungen der Arbeit gewertet, die nicht als Pausenzeit im Sinne des ArbZG zu erfassen sind. Beispielsweise wurde festgestellt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zu 30 Minuten pro Tag für Toilettengänge als angemessen nutzen dürfen, ohne dass diese Zeit als unbezahlt zu erfassen ist (Quelle: t-online.de).
Pausen vs. Arbeitsunterbrechungen – Ein juristischer Unterschied
Das Arbeitszeitgesetz sieht vor, dass Arbeitnehmer Anspruch auf Pausen haben, wenn sie eine bestimmte Arbeitszeit überschreiten. So müssen nach § 4 ArbZG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten einlegen. Toilettengänge fallen jedoch nicht unter diese Regelung, da sie als kurzfristige Arbeitsunterbrechungen und nicht als Erholungszeiten anzusehen sind. Würde ein Arbeitgeber in Deutschland verlangen, dass Arbeitnehmer für Toilettengänge ausstempeln, wäre dies wohl ein Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht und damit rechtswidrig.
Fazit
Die Entscheidung des Schweizer Gerichts zeigt, wie unterschiedlich Toilettengänge als Teil der Arbeitszeit interpretiert werden können. In Deutschland hingegen ist die Rechtslage klarer zugunsten der Arbeitnehmer geregelt. Der Toilettengang wird als notwendige Unterbrechung betrachtet und ist damit Teil der bezahlten Arbeitszeit. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, wie sie im deutschen Arbeitsrecht verankert ist, schützt die Arbeitnehmer hier umfassender als in der Schweiz. Eine Verpflichtung zum Ausstempeln bei Toilettengängen würde in Deutschland nicht nur das Arbeitszeitgesetz, sondern auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verletzen und wäre somit unzulässig.