Volkswagen wird derzeit dadurch in Trab gehalten, der sich der Hersteller in Rechtsstreitigkeiten landauf und landab, in denen ihm eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Käufern vorgeworfen wird, verteidigen muss. Dass hier die Gerichte teilweise unterschiedliche Auffassung vertreten, haben wir an dieser Stelle ja bereits mehrfach berichtet.
Eine gute Nachricht für Volkswagen dürfte daher sein, dass das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 13.11.2019 (9 U 120/19) ein klares Signal gegen Trittbrettfahrer, also solche Käufer, die ein Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals gekauft haben, und gleichwohl auf Schadenersatz klagen, gesetzt und letztinstanzlich die Klage abgewiesen hat.
Trotz Erwerb eines Skoda erst im Dezember 2016 verklagt Käuferin Volkswagen
Im Dezember 2016 hatte die Klägerin bei einem Händler einen Pkw der Marke Skoda, in dem ein Dieselmotor von VW der Baureihe EA 189 verbaut war, gekauft. Das Fahrzeug hatte einen Kilometerstand von 89.000 km und eine Erstzulassung aus dem Jahr 2011. Das Fahrzeug hatte vor dem Verkauf im Oktober 2016 ein Software-Update erhalten, um die aus Sicht des Kraftbundesamtes unzulässige Abschaltung zu entfernen. Die Klägerin hatte bei Vertragsschluss nicht nur Kenntnis vom Dieselskandal, sondern auch davon, dass an dem Fahrzeug bereits ein Software-Update durchgeführt worden war.
Klägerin verlangt Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs
Trotz dieser Vorgeschichte zog die Klägerin vor Gericht und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs, das zwischenzeitlich einen Kilometerstand von 164.000 km aufwies. Zur Stützung ihrer Klage behauptete sie, aufgrund von öffentlichen Äußerungen von VW sei ein Garantievertrag zustande gekommen. Darüber hinaus sei sie auch vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt worden.
Kein Garantievertrag durch öffentliche Erklärung
Nachdem die Klage bereits beim Landgericht erfolglos geblieben ist, war auch die Berufung ohne Erfolg.
Die Richter haben zunächst klargestellt, dass in der Presseerklärung von Volkswagen vom 16.12.2015 mit der Kunden über die bevorstehenden Maßnahmen bezüglich der Motoren der Baureihe EA 189 informiert und die technische Umsetzung und die damit verbundenen Ziele beschrieben wurden, kein Angebot zum Abschluss eines Garantievertrag liegen würde. Von daher scheiden Ansprüche aus dem behaupteten Garantievertrag bereits aus.
Keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Käufern, die trotz Kenntnis des Dieselskandals Fahrzeug gekauft haben
Die Richter haben aber auch Ansprüche der Klägerin aus einer behaupteten vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch Volkswagen verneint.
Es könne dabei offenbleiben, so die Richter, ob der Einbau der unzulässigen Abschaltung überhaupt ein vorsätzlich sittenwidriges Handeln von Volkswagen darstellt, weil das Handeln jedenfalls nicht ursächlich für einen etwaigen Schaden der Klägerin gewesen sei. Diese habe nämlich das Fahrzeug trotz Kenntnis des Dieselskandals und des ursprünglichen Vorhandenseins der unzulässigen Abschaltungsvorrichtung und des anschließenden Software-Updates erworben. Es oblag daher dem freien Willen der Klägerin ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug zu erwerben.
Die Klägerin sei auch nicht, so das Gericht, über die Folgen des Software-Updates vorsätzlich sittenwidrig getäuscht worden. Dieses sei durch das Kraftfahrtbundesamt geprüft und freigegeben worden. In einer mit der zuständigen Behörde abgestimmten Vorgehensweise könne aber kein sittenwidriges vorsätzliches Verhalten zu sehen sein.
Anmerkung:
Die Richter haben dann noch ergänzend dazu ausgeführt, dass die Erklärung, dass mit der Umsetzung der Rückrufaktion keine Verschlechterung hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs, der CO2-Emission, der Motorleistung, des Drehmoments sowie der Geräuschemmission verbunden sein, nicht durch Volkswagen, sondern durch die Skoda Auto a.s. erfolgt sei. Ob dann, wenn die Klägerin nicht gegen Volkswagen, sondern gegen Skoda direkt geklagt hätte, etwas anderes gelten würde, haben die Richter dann nicht mehr geklärt.