Nach siebeneinhalbstündigem Verhandlungsmarathon haben wir am vergangenen Mittwoch einen fast vierjährigen Rechtsstreit zwischen 2 Schwestern vergleichsweise beendet, der sich nach dem Tod des Vaters im Jahr 2009 entzündet hatte. Ausgangspunkt war ein gut gemeintes, aber juristisch schlecht gemachtes Testament, das der Vater – Bereichsvorstand eines DAX Konzerns – von einer Münchner Wirtschaftskanzlei hat entwerfen lassen, die ihm dafür 52 Stunden zum Stundensatz von 250 € in Rechnung gestellt hatte. Auch, wenn das Testament mit über 15.000 € an der Grenze zur Sittenwidrigkeit überbezahlt war, waren das „Peanuts“ im Vergleich zu den Kosten, die die Erbinnen nach Eintritt des Erbfalls zu tragen hatten: Gerichtskosten, Rechtsanwaltkosten, Steuerberaterkosten und Steuernachzahlungen summierten sich hier im Laufe der Verfahrensdauer sicherlich auf einen mittleren sechsstelligen Betrag. Hätte der Vater kein Testament gemacht, hätte es kaum schlimmer kommen können…
Deshalb tun Sie Ihren Kindern etwas Gutes und machen Sie ein gut durchdachtes Testament, und zwar ein solches, bei dem Sie auch selbst verstehen, welche Regelungen der Sie beratende Rechtsanwalt entworfen hat. Wer blind etwas abschreibt, was er nicht versteht, der läuft Gefahr seine Familie zu zerstören und sein Lebenswerk zu demontieren.
Wenn Sie Ihr eigenes Testament nicht verstehen, dann sind Sie gut beraten, eine zweite Fachmeinung einzuholen, die Ihnen Ihr eigenes Testament verständlich erklären soll. Gelingt dies nämlich nicht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass nach dem Ableben schlechte und unklare Regelungen nicht Streit vermeiden, was ein Testament an sich sollte, sondern Streit provozieren. Großkanzleien in denen ein Partner zwar ein Mandat nach außen vertritt, während es in Wahrheit von unerfahrenen Junganwälten, meist ohne große Berufs- und Lebenserfahrung, bearbeitet wird, und unüberlegt aus Formularbüchern abgeschriebene Klauseln aneinandergereiht werden, sind nach unserer Erfahrung meist nicht die 1. Wahl, wenn es um eine lebensnahe und praktikable Testamentserrichtung geht.
Auch Aspekte der Steuerersparnis sollten bei der Errichtung eines guten Testaments zwar nicht aus den Augen verloren werden, aber nicht primäre Richtschnur sein.
Last, but not least sollten Sie immer bedenken, dass es bei einem Erbfall meistens nicht nur ums Geld geht, sondern dass unter Geschwistern oftmals die gesamte Kindheit aufgearbeitet wird. Eine Volksweisheit sagt: „Redet ihr noch miteinander oder habt ihr auch schon geerbt“. Wenn Sie also wollen, dass Ihre Familie auch nach Ihrem Ableben intakt bleibt, dann sorgen Sie unbedingt rechtzeitig und vorausschauend vor.
Übrigens: Nicht nur bei großen Vermögen gibt es Streit, auch kleinere Vermögen können die Verwandtschaft entzweien. Nur, wer nichts hat, bei dem gibt es auch nichts zu streiten.
Rechtsanwalt Graf ist Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V.). Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig vom Amtsgericht Wolfratshausen als Nachlasspfleger bestellt.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.