Wer als Katholik bei einem katholischen Arbeitgeber beschäftigt ist, der kann manchmal auch den Verlust des Arbeitsplatzes durch Verhalten in seinem Privatleben riskieren. Diese Erfahrung muss seit mehreren Jahren ein katholischer Chefarzt machen, der bei einem katholischen Arbeitgeber beschäftigt war und dem, nachdem sein Arbeitgeber davon erfahren hatte, dass er sich hat scheiden lassen, um ein zweites Mal standesamtlich zu heiraten, gekündigt hat. Beim Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der katholischen Kirche ungültigen Ehe handelt es sich nämlich um einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen kann. Die Weiterbeschäftigung ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Loyalitätsverstoß von einem leitenden Mitarbeiter begangen wurde, wozu auch Chefärzte zählen.
Während der Arzt zunächst in allen Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht erfolgreich gewesen war, und der katholische Arbeitgeber dann vor dem Bundesverfassungsgericht erwirkt hatte, dass das Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit an das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen worden war, haben sich die Bundesrichter nunmehr entschlossen ein weiteres Gericht, nämlich den EuGH, mit einzubeziehen und diesem im Wege eines sog. Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vorgelegt, ob die Kirchen nach Unionsrecht bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören, unterscheiden dürfen (BAG, Beschluss vom 28.07.2016, Az.: 2 AZR 746/14 (A)).
Die Frage, ob die Regeln der katholischen Kirche insoweit heute überhaupt noch zeitgemäß und nicht längst überholt sind, wird das Gericht allerdings nicht beantworten. Diese Entscheidung wird, soweit sich nicht die katholische Kirche selbst grundlegend reformiert, jeder einzelne für sich selbst zu treffen haben. Wer sich dagegen als Patient in einem Krankenhaus, bei dem der Träger mit der katholischen Kirche verbunden ist, behandeln lässt, der wird sich fragen müssen, ob die ihn behandelnden Ärzte dort aufgrund ihrer Kompetenz oder aber lediglich aufgrund ihrer Loyalität zur katholischen Kirche beschäftigt sind.