Moderne Kommunikation macht auch vor der Rechtsberatung nicht halt. Telefonberatung und E-Mail-Beratung machen Anwälte unabhängig von Raum und Zeit. Dabei sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass Qualität ihren Preis hat, also Anwälte, die mit kostenloser oder kostengünstiger Onlineberatung werben, oft nicht zu den Besten ihres Berufsstandes zählen, sondern meist auch nur eine eingeschränkte Leistung bieten.
So hatten zwei Berliner Rechtsanwälte auf ihrer Homepage unter der Überschrift: „Scheidung Online“ damit geworben, dass eine bundesweite Ehescheidung ohne Anwaltsbesuch zu den geringstmöglichen Kosten von Fachanwälten durchgeführt werden kann. Von dieser Offerte angelockt hat sich dann eine seit dem Jahr 2000 in Deutschland lebende russische Pianistin gemeldet, die mit einem chilenischen Staatsbürger verheiratet war, der sowohl in Chile als auch in Leipzig als Musikdozent gearbeitet hat. Aus der Ehe ging eine kleine zweijährige Tochter hervor. Das Paar hatte sich am 01.01.2010 getrennt und der Ehemann zog aus der Wohnung aus. Am 27.12.2010 fühlte sie dann das von den Anwälten ins Internet gestellte Scheidungsformular aus. Dabei gab sie an, dass u.a. beide Ehegatten auf Versorgungsausgleich und auf Ehegattenunterhalt verzichten würden. Das monatliche Nettoeinkommen beider Eheleute hat sie mit ca. 1.600 € angegeben. Die Anwälte reichten dann am 13.01.2011 beim Amtsgericht Leipzig einen Scheidungsantrag ein. Vor dem Termin wurde dann die Klägerin von einem der Anwälte angerufen, um die Einzelheiten im Bezug auf den nahen Scheidungstermin zu erörtern.
Im Scheidungstermin schlossen waren die Parteien, wobei die Klägerin von einem der Anwälte begleitet worden war, folgenden Vergleich:
„Die Parteien verzichten auf die Durchführung eines Versorgungsausgleiches sowie auf einen nachehelichen Unterhalt und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.
Der Verzicht auf einen nachehelichen Unterhalt bezieht sich nicht auf den Fall der Not.“
Die so Geschiedene war dann aber mit dem Vergleichsschluss nicht „glücklich“ und hat ihre vormaligen Rechtsvertreter auf Schadenersatz in Anspruch genommen.
Sie war dabei der Meinung, dass die Anwälte pflichtwidrig gehandelt hätten, weil sie sie nicht über die nachteiligen Folgen eines Unterhaltsverzichts aufgeklärt hätten. Bei dem kurzen telefonischen Kontakt, den es vor dem Scheidungstermin gegeben hatte, hätte sie darauf hingewiesen, dass sie nur geringe und zudem unregelmäßige Einkünfte als Pianistin bzw. selbständige Musiklehrerin habe und sie zu den Einkünften ihres Ehemannes keine Angaben machen könne. Sie habe auch angegeben, dass sie ein kleines Kind habe, aber, weil sie auch während der Ehezeit arbeitete, der Meinung war keine Alternative zum Unterhaltsverzicht zu haben. Dies hätten die Anwälte ihr auch nahe gelegt. Sie sei auch nicht darüber belehrt worden, dass sie im Ehescheidungsverfahren Anspruch auf Prozesskostenhilfe hierfür habe. Sie habe das Mandant nicht eingeschränkt erteilt, so dass eine Verpflichtung der Anwälte zur umfassenden Beratung bestanden hätte. Die Rechtsanwälte hätten daher ihre Interessen in jeder Hinsicht optimal vertreten müssen.
Die Beklagten Anwälte wandte einen, sie hätten alles richtig gemacht, insbesondere hätten sie auf die Angaben der Klägerin im Online-Scheidungsformular vertrauen können und ihr Mandat habe sich nur in dem genau bestimmten Rahmen bewegt.
Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 05.06.2014 (14 O 305/13) die Anwälte zum Schadenersatz verurteilt und dazu ausgeführt:
„Der Rechtsanwalt ist aufgrund des Anwaltsvertrages verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung umfassend wahrzunehmen. Er muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen des Auftraggebers, auch wenn dies nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden kann, vermeidet. Dabei richten sich die konkreten Pflichten nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Einzelfalles (BGH NJW 1988, 1079; NJW-RR 1990, 1241, 1242). Bei der Vertretung der Interessen seines Mandanten muss der Rechtsanwalt den sichersten und zweckmäßigsten Weg wählen, um den angestrebten Erfolg zu erreichen (BGH NJW 1988, 486, 487). Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rats nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Unkundige muss er über die Folgen der Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er den Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu den erstrebten Zielen zu führen geeignet sind und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH NJW-RR 2007, 569, 570 m.w.N.).
Ein Rechtsanwalt, der konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass sein Mandant erwartet, durch einen Vergleich eine bestimmte Rechtsposition gewahrt zu wissen, hat den Mandanten aufzuklären, wenn er beabsichtigt, den Vergleich mit einem abweichenden Inhalt abzuschließen (BGH NJW 1993, 1325). Der Wunsch des Mandanten, schnell geschieden zu werden, berührt nicht die anwaltlichen Beratungspflichten wegen der Scheidungsfolgen, auch wenn der Mandant insoweit mit festen Vorstellungen an den Rechtsanwalt herantritt (OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 343). Erhält der Anwalt nur einen eingeschränkten Auftrag, beschränkt sich die Verpflichtung des Anwalts, den Sachverhalt umfassend und erschöpfend aufzuklären, auf diese eingeschränkte Prüfungspflicht, nicht mehr.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zu 1. ihren Auftrag zwar eingeschränkt, weil sie den beklagten Anwälten von vornherein schon in dem Scheidungsformular die Vorgabe gemacht hatte, dass beide Eheleute im Scheidungsverfahren auf den Versorgungsausgleich und den Ehegattenunterhalt verzichten, dennoch durften die Anwälte der Beklagten von einem solchen eingeschränkten Anwaltsauftrag nicht ausgehen. Es war von vornherein klar, dass ein über das Internet bereit gestelltes Scheidungsformular der Anwaltskanzlei nur ein erster Kontakt zum Mandanten sein kann und sich erst in einem Beratungsgespräch herausstellen wird, inwieweit der Mandant Beratung braucht. Der erkennende Richter hält es für grundsätzlich pflichtwidrig und fehlerhaft, allein aufgrund eines solchen Scheidungsformulars im Internet oder aufgrund einer telefonischen Rücksprache von einem bestimmten Sachverhalt auszugehen und die weitere Beratung auf diesen Sachverhalt zu beschränken, wenn der Mandant Vorgaben gemacht hat, die in den Formular oder in dem Telefonat geäußert werden. Die Tätigkeit des Anwalts ist schon nach den o.g. Anforderungen an die Beratung verantwortungsvoller und lässt sich weder in einem Telefonat erledigen noch durch ein Onlineformular ersetzen.
Es erscheint von vornherein verfehlt, auf der Homepage mit einer Ehescheidung „ohne Anwaltsbesuch zu den geringstmöglichen Kosten von Fachanwälten“ zu werben.
Um die übernommene Rechtsbetreuung fehlerfrei vornehmen zu können und eine zuverlässige Grundlage für sein weiteres Vorgehen zu haben, hat der Rechtsanwalt zunächst den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. In Wechselwirkung hierzu steht zwar die Informationspflicht des Mandanten, sind dessen Informationen aber unklar oder drängt sich auf, dass der Auftraggeber von falschen Vorstellungen ausgeht, muss der Anwalt nachfragen und aufklären. Dabei ist es Sache des Rechtsanwalts, Unklarheiten durch Rückfragen zu beseitigen und den Mandanten über alle Probleme aufzuklären. Der Anwalt muss die maßgeblichen tatsächlichen Umstände und ggf. die zu erwartenden Einwände des Gegners sammeln, ordnen und berücksichtigen. Dabei muss er den Mandanten gezielt befragen und um Vorlage der einschlägigen Unterlagen bitten (vgl. ausführlich: Handbuch der Anwaltshaftung, 3.Aufl., Rdnr.562ff). Das muss rechtzeitig geschehen, damit die richtigen Rechtsbehelfe ergriffen werden. Dies alles ist bei einer Vertretung eines Mandanten allein mit Hilfe eines Online-Formulars nicht möglich. Auch eine Erstberatung kurz vor oder nach einem Verhandlungstermin ist aus diesen Gründen verspätet.
Hier kam die Besonderheit hinzu, dass völlig unklar war, inwiefern die Klägerin Beratungsbedarf hatte. Die Klägerin wollte zwar auf Ehegattenunterhalt und Versorgungsausgleich verzichten, unklar war aber, warum. Beratungsbedarf bestand von vornherein insbesondere hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehepartner. Angesichts der unsicheren Einkommenslage beider Ehepartner und insbesondere der zukünftigen Einkommen durften die Anwälte der Beklagten sich nicht mit den Angaben der Klägerin zu 1. Zufrieden geben, dieses belaufe sich ungefähr gleich hoch bei ca. 800 €. Das war völlig ungewiss und bedurfte der Nachfrage. Das gleiche gilt grundsätzlich auch hinsichtlich des Kindesunterhalts betreffend die Klägerin zu 2. Hier aber gibt es die Besonderheit, dass die Klägerin der Beklagten auf Nachfrage erklärt hatte, dass der Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle gezahlt werde und geregelt sei. Auf diese Angabe durften sich die beklagten Anwälte verlassen, hier musste nicht nachgefragt werden, denn wenn die Klägerin sogar schon den nur für Juristen verständlichen Begriff „Düsseldorfer Tabelle“ verwendete, durften die beklagten Anwälte davon ausgehen, dass die Klägerin schon wusste, was damit gemeint war und diese Frage tatsächlich auch geklärt war. Allerdings wäre auch hier eine Kontrollrückfrage sinnvoll gewesen um zu klären, ob die Klägerin zu 1. tatsächlich hierüber Bescheid wusste.
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Anders stellt sich die Sachlage bezüglich der Klägerin zu 1. dar, denn hier war klar, dass die Klägerin ganz erheblichen Beratungsbedarf hatte. Sie war nicht nur aus Russland gekommen – hatte also keine Vorstellung von dem deutschen Recht – und mit einem Chilenen verheiratet, so dass verschiedene Rechtssysteme eine Rolle spielten, insbesondere aber waren die Einkommensverhältnisse völlig unklar.
Wenn die Klägerin zu 1. den Beklagten erklärte, auf den Ehegattenunterhalt und den Versorgungsausgleich solle verzichtet werden, war hier klar, dass Beratungsbedarf vorlag und die Klägerin – bevor sie den Verzicht ausdrücklich erklärte – beraten werden musste. Zumindest hätten die beklagten Anwälte Rückfragen stellen müssen und auch in Frage stellen müssen, inwieweit die Klägerin den von ihr in Aussicht genommenen Verzicht insbesondere in Bezug auf seine Tragweite verstanden hatte.
Die Klägerin ist vom erkennenden Richter in der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt angehört worden, und sie wirkte sehr unsicher. Es mag sein, dass die Klägerin in der Anhörung vor dem Gericht interessengerecht auszusagen versucht hat und deshalb unsicher wirkte. Solche Unsicherheiten mag sie im Gespräch mit der beklagten Rechtsanwältin K. im Telefonat am 01.04.2011 nicht gezeigt haben. Dessen ungeachtet musste die beklagte Anwältin K. nachfragen und überdenken, ob nicht eine persönliche Beratung in der Anwaltskanzlei oder sonst wo – jedenfalls über einen persönlichen Kontakt – nötig war. Der Hinweis im Internetauftritt auf eine schnelle und kostengünstige Scheidung entband die beklagte Anwaltskanzlei nicht von der Verpflichtung, die Mandanten umfassend zu beraten, weshalb ein solcher Hinweis im Internet irreführend und falsch ist.
Dessen ungeachtet war jedenfalls eine umfassende Aufklärung der Klägerin nötig, was die Beklagte unterlassen hat. Dies ergibt sich schon daraus, dass offenbar keine Nachfragen gestellt worden sind. Die Beklagte Rechtsanwältin K. hat in der mündlichen Verhandlung persönlich gehört erklärt, sie könne sich auf die Angaben der Klägerin verlassen, wenn diese zu den Einkommensverhältnissen etwas sagt. Dies stellt eine Verkennung und verkürzte Sicht der Anwaltspflichten dar. Die Klägerin kam aus Russland. Sie hatte möglicherweise fehlerhafte Vorstellungen von dem Ablauf eines Scheidungsprozesses in Deutschland; und auch über die Pflichten einer Ehefrau. Die Rolle der Ehefrau in Russland ist sehr stark noch an dem traditionellen Bild einer Ehefrau orientiert mit entsprechender Aufgabenverteilung in der Ehe einschließlich anderer Vorstellungen dahin, was die Ehefrau an erzieherischen und finanziellen Beiträgen zu leisten imstande sein muss.
Aufgabe der beklagten Rechtsanwältin K., die das Mandat geführt hat, aber spätestens auch des Rechtsanwalts S. im Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Leipzig am 14.04.2011 wäre es doch gewesen, diese Aussage kritisch zu hinterfragen und im Interesse der Klägerin und des Mandats umfassend aufzuklären, dass möglicherweise eine solche Vorgehensweise völlig fehl am Platze war. Insbesondere die Tatsache, dass die Klägerin als Pianistin selbständig tätig war und nur ein geringes Einkommen hatte und auch die Tatsache, dass sie noch ein kleines Kind zu versorgen hatte und ihre Mutter aus Russland kommen lassen musste, um überhaupt Geld verdienen zu können, hätte alle Alarmglocken bei der beklagten Anwaltskanzlei klingeln lassen müssen um zu verhindern, dass die Klägerin einen so unvorteilhaften Verzicht erklärte.
Möglicherweise gibt es Mandanten, die dessen ungeachtet auf einen solchen Verzicht beharren und diesen auch protokolliert haben wollen. Dem hat sich selbstverständlich der Rechtsanwalt unterzuordnen und dem zu folgen. So etwas trägt die Beklagte jedoch nicht vor. Unstreitig ist die Beratung nur dahin erfolgt, dass die beklagte Rechtsanwältin K. und auch Rechtsanwalt S. die Klägerin nur kurz dazu befragt und sich damit zufrieden gegeben haben, dass die Klägerin erklärte, sie wolle auf den Ehegattenunterhalt und den Versorgungsausgleich verzichten, das Einkommen beider Eheleute betrage circa 1.600,00 € und damit bestehe ohnehin kein Anspruch auf Versorgungsausgleich oder Ehegattenunterhalt. Das aber stellt keine Beratung dar, die die Beklagte der Klägerin schuldete.
Die Beklagte wollte entsprechend ihrem Internetauftritt der Klägerin zu einem günstigen und schnellen Scheidungstermin ohne große Probleme verschaffen, was ihr auch gelungen ist. Nicht gelungen ist ihr damit aber eine umfassende rechtliche Beratung, die sie der Klägerin ebenfalls schuldete. Das Angebot einer schnellen und unkomplizierten und billigen Scheidung verträgt sich nicht mit den Pflichten des Anwalts, die dahin gehen, den Mandanten umfassend zu beraten. Bei einer umfassenden Beratung hätten die beklagten Anwälte erfahren, wie schlecht die finanziellen Verhältnisse bei der Klägerin bestellt sind und dass es völlig unklar ist, welche finanziellen Verhältnisse bei dem geschiedenen Ehemann bestehen. Auch heute noch ist völlig unklar, welche Einkünfte der geschiedene Ehegatte der Klägerin nunmehr in Chile als Musikdozent erhält. Diese Einkünfte mögen zur Zeit niedrig sein, sicher ist das aber nicht. Sie können eben auch ganz andere Dimensionen erreichen. Bei einer solchen Sachlage der Klägerin zu einem Verzicht zu raten wäre fehlerhaft. Aber bei einer solchen Situation nicht weiter nachzufragen und einen von der völlig unerfahrenen Klägerin zu 1. einen Verzicht protokollieren zu lassen, der für die Klägerin ausschließlich Nachteile bringen kann, war jedenfalls pflichtwidrig und fehlerhaft und verpflichtet die Beklagte wegen Verletzung des Anwaltsvertrages zum Schadensersatz, §§ 675, 611, 280, 276 BGB.ff
Es ist offen, ob der geschiedene Ehemann der Klägerin nicht doch zeitweilig sehr viel höhere Einkünfte im Monat in Chile erzielt und deshalb unterhaltspflichtig gewesen wäre mit der Folge, dass die Klägerin nicht auf Sozialhilfe angewiesen wäre und ihr Kind zu Hause versorgen könnte ohne arbeiten gehen zu müssen. Denn, wenn die Klägerin – wie der Fall nunmehr eingetreten ist – keine Einkünfte erzielen kann – insbesondere aufgrund der Betreuungspflicht zugunsten ihrer Tochter, der Klägerin zu 2., wäre sie dringend auf Ehegattenunterhalt angewiesen, selbstverständlich auch auf einen Versorgungsausgleich. Die Beklagte hat sich einfach mit den Angaben der rechtsunkundigen Klägerin begnügt und nicht weiter nachgefragt, was pflichtwidrig ist. Da die Anwälte der Beklagten Nachfragen an die Klägerin nicht gestellt haben, konnten sie auch nicht davon ausgehen, dass ihr Mandat diesbezüglich nur eingeschränkt war, weil die Klägerin etwa darauf bestanden hätte, den Verzicht auf jeden Fall zu protokollieren. Die Klägerin wusste nicht, worauf sie sich damit einließ und die Beklagten hätten der Klägerin dringend anraten müssen, einen solchen Verzicht nicht zu erklären, weshalb ein Mitverschulden der Klägerin zu 1. (§254 BGB) ausscheidet.
Soweit die Beklagten darauf verweisen, sie hätten immerhin darauf gedrungen, dass der Verzicht für den Fall der Not nicht gilt, ist dies nicht ausreichend. Wann der Fall der Not eintritt und ob er hier gegeben ist, ist von vielen Dingen abhängig. Es spricht zwar alles dafür, dass im vorliegenden Fall in der momentanen Situation der Klägerin ein solcher Fall der Not vorliegt. Wenn ein solcher Fall der Not nicht gegeben wäre, wäre es für die Klägerin äußerst beruhigend, einen solchen Verzicht nicht erklärt zu haben und ihre Unterhaltsansprüche uneingeschränkt gegen den geschiedenen Ehemann verfolgen zu können mit der möglichen Folge, sich ohne die Verpflichtung zur Erzielung von Einkünften ihrer Tochter umfassend widmen können.
Die uneingeschränkte Verfolgung von Unterhaltsansprüchen ist nun nicht mehr möglich, weil der Verzicht uneingeschränkt erklärt worden ist.
Dies gilt unabhängig davon, dass die Klägerin z. Zt. Schwierigkeiten hat, solche Ansprüche gegen den Ehemann (im Falle der Not) überhaupt durchzusetzen. Die Tatsache, dass der geschiedene Ehemann mit allen Kräften versucht, solchen Ansprüchen zu entgehen, entlastet die Beklagte nicht. Inwieweit ein Schaden entstanden und der geschieden Ehemann leistungsfähig ist, ist dem Betragsverfahren vorzubehalten.“