Wie heißt es so schön: „Drei sind einer zu viel“. Das dachten sich offensichtlich auch zwei Frauen, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben und die sich mithilfe einer privaten Samenspende den Kinderwunsch erfüllt hatten. Das Kind war dann mit Einwilligung des Samenspenders, der eine Vaterschaft nie feststellen ließ, mit seiner Einwilligung von der Lebenspartnerin der leiblichen Mutter adoptiert worden. Beide Damen wollten, dass das Kind nicht „ohne männliche Bezugsperson aufwachse. Deswegen hatte der leibliche Vater dann auch in der Folgezeit regelmäßigen Kontakt mit dem Kind, entweder im Haushalt der Frauen oder außerhalb mit einer der Mütter in Begleitung.
Dies reicht irgendwann dem leiblichen Vater nicht mehr aus. Er äußerte deshalb den Wunsch nun mit dem Kind auch Umgang in seiner häuslichen Umgebung und für einen längeren Zeitraum zu haben. Dies ging dann Mutter und Adoptivmutter doch deutlich zu weit, so dass sie den persönlichen Kontakt mit dem renitenten Samenspender abbrachen….
Dieser gab aber nicht auf und zog vor Gericht. Während er noch vor dem Amtsgericht und dem Kammergericht Berlin das Nachsehen hatte, weil dort die Richter der Meinung waren, dass formell eine dreifache Elternschaft weder im Gesetz noch Verfassung vorgesehen sei, so dass bereits aus diesem Grund ein Anspruch ausscheiden würde, sah nun der BGH mit Beschluss vom 16.06.2021 (XII ZB 58/20) den Wunsch des leiblichen Vaters nicht ganz so abwegig. Er hob kurzerhand die Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Kammergericht zurück.
Auf das Kindeswohl kommt es an
Die obersten Bundesrichter haben zunächst klargestellt, dass nach § 1686a Abs. 1 BGB ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters in Betracht kommen könne. Da er ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt habe, könne auch ein Umgangsrecht bestehen, wenn dies dem Kindeswohl diene. Dass das Kind nicht auf natürliche Weise entstanden sei, sondern aufgrund einer privaten Samenspende stünde dem Anspruch nicht entgegen. Im Gegensatz zu einer anonymen Samenspende könne nämlich ein privater Samenspender nach § 1600d Abs. 4 BGB auch die Vaterschaft feststellen lassen. Dass das Kind bereits infolge der Adoption 2 Elternteile habe sei auch kein Hinderungsgrund, denn es bestehe kein sachlicher Unterschied zwischen einer Stiefkindadoption durch einen Ehepartner in einer heterosexuellen Ehe. Aus dem Verzicht auf das Elternrecht durch die Einwilligung in die Adoption lasse sich auch nicht zwingend rückschließen, dass beim leiblichen Vater nicht einzelne Befugnisse verbleiben können, wenn diese von seinem Verzicht nicht erfasst sein. Dies könne bei dem Umgangsrecht der Fall sein, da der Vater unstreitig, durch regelmäßigen, begleiteten Umgang durch die Eltern bislang Umgang mit dem Kind gehabt hatte. Von daher sei nun vom KG zu prüfen, ob eine Fortsetzung des Umgangs dem Kindeswohl diene. Da das Kind zwischenzeitlich 7 Jahre alt ist müssen nun die Richter am Kammergericht hierzu auch das Kind persönlich anhören.
Anmerkung:
Der Fall zeigt zweierlei, nämlich einmal, dass Rechtsprechung nicht immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun haben muss. Das Kindeswohl, dass an sich bei allen Streitigkeiten, an denen Minderjährige beteiligt sind, über allem stehen sollte, hat die Richter am Amtsgericht und KG offensichtlich nicht interessiert. Diese haben ihr Recht nur anhand formeller Kriterien gesprochen, nämlich dass niemand mehr als 2 Eltern haben soll. Man könnte dies auch als sture Paragrafenreiterei bezeichnen. Die Richter am BGH haben hier in bemerkenswerter Weise Menschlichkeit und Weitblick gezeigt, in dem sie einer solch starren formellen Sichtweise eine klare Absage erteilt haben und die Kollegen darauf hinweisen mussten, dass Recht nicht seiner selbst willen gesprochen werden soll, sondern den Menschen denen es dient. Dies ist nun mal beim Umgangsrecht das Kindeswohl.
Hinzu kommt, dass es an sich auch dem gesunden Rechtsempfinden widerspricht, einem leiblichen Vater, der obwohl er mit seiner Samenspende die Schuldigkeit getan hatte, über Jahre hinweg Kontakt zu seinem Kind hatte, und dessen einziges „Verbrechen“ darin besteht, eine emotionale Beziehung zu dem Kind aufgebaut zu haben und deshalb mehr zu beanspruchen, als die Damen, denen er mit seiner Samenspende behilflich war, bereits von ihm zu geben, für seine Emotionalität damit zu bestrafen ihm nun den Kontakt zu dem Kind dauerhaft ganz zu untersagen. Chapeau BGH.
Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Zeigt der Fall doch über die hier entschiedene Problematik hinaus, worin das eigentliche Problem liegt, nämlich dass mit entsprechender Begründung im deutschen Recht ganz unterschiedliche Ergebnisse gut zu begründen sind. Das macht Recht aber nicht kalkulierbar, sondern willkürlich, weil dann Recht das ist, was das zuletzt mit einer Angelegenheit befasste Gericht als Recht empfindet. Ob dem Vater mit der Entscheidung tatsächlich geholfen ist, bleibt abzuwarten. Nachdem der Kontakt zu dem Kind im Jahr 2018 von den Müttern unterbunden worden war, also nun bereits 3 Jahre nicht bestanden hat und das Verfahren noch nicht zu Ende ist, spricht viel dafür, dass das Kind zwischenzeitlich, jedenfalls, wenn es, wie es bei Trennungskindern oft vorkommt, entsprechend mütterlicherseits bearbeitet wurde, keinen Wert mehr auf Kontakt mit einer männlichen Bezugsperson legt.