Wer amerikanische Anwaltsserien im Fernsehen sieht weiß, dass dort Anwälte oft auf Erfolgsbasis arbeiten, also an den Entschädigungszahlungen, die sie für ihre Mandanten in Millionenhöhe erstreiten, prozessual beteiligt sind. Deutsche Rechtsanwälte dagegen werden ausschließlich für ihre Tätigkeit, nicht jedoch für ihren Erfolg bezahlt. Anders lautende Vereinbarungen sind nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers nicht zulässig une unwirksam.
Not macht bekanntlich erfinderisch. Da dieses Verbot nur im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nicht aber im Verhältnis zwischen einem Dritten, beispielsweise einer Prozessfinanzierungsgesellschaft und dem Rechtssuchenden gilt, sind manche Anwälte dazu übergegangen sich an Prozessfinanzierungsgesellschaften, die dann ihre Honorare finanzieren, zu beteiligen oder gar selbst solche zu gründen. Ein solcher Fall, bei dem Rechtsanwälte mit einer prozessfinanzieren GmbH eine stille Gesellschaft gegründet hatten, beschäftigte jetzt das OLG München (Urteil vom 10.05.2012 – 23 U 4635/11).
Die Richter sahen auch dann eine unzulässige Umgehung des Verbots von Erfolgshonoraren nach § 49b Abs. 2 BRAO, wenn die mit der Führung des Prozesses mandatierten Rechtsanwälte mit der prozessfinanzierenden GmbH eine stille Gesellschaft gegründet haben und die Erfolgsbeteiligung ohne Auskehrung an die prozessfinanzierende GmbH unmittelbar unter den Rechtsanwälten als stillen Gesellschaftern aufgeteilt wird.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts soll das grundsätzliche Verbot von Erfolgshonoraren für Rechtsanwälte dem Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit und des Ansehens der Rechtsanwaltschaft dienen. Es solle verhindert werden, dass der Rechtsanwalt den Ausgang eines Mandats zu seiner eigenen „wirtschaftlichen“ Angelegenheit mache und bei der Führung des Mandats wirtschaftliche Erwägungen den Ausschlag geben. Zudem sei es dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft abträglich, wenn Rechtssuchende den Eindruck gewinnen könnten, der Rechtsanwalt steigere seine Einsatzbereitschaft mit den finanziellen Erfolgsaussichten des Falles. Diese Risiken bestünden aber nicht nur, wenn der Rechtsanwalt selbst ein Erfolgshonorar vereinbare. Auch wenn Rechtsanwälte mehrheitlich an einer Gesellschaft beteiligt seien, die die Prozessführung ihrer eigenen Mandantschaft finanziere, bestehe in gleicher Weise die Gefahr, dass die Rechtsverfolgung in einer mit der Stellung als Organ der Rechtspflege unvereinbaren Weise primär aus wirtschaftlichen Interessen betrieben werde. Auch in derartigen Fällen sei daher eine unzulässige Umgehung des § 49b Abs. 2 BRAO anzunehmen.
Quelle: BRAK, Nachrichten aus Berlin 14/2012 v. 20.07.2012
In einem anderen Fall hat sich dagegen das Landgericht München I (Urteil vom 19.05.2011 – 4 O 9659/10) großzügig gezeigt und faktisch einem Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch aus einer unwirksamen Erfolgshonorarvereinbarung zugesprochen. Bei dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit hatte ein Rechtsanwalt für eine außergerichtliche Tätigkeit anstelle der gesetzlichen Gebühren ein Pauschalhonorar und zusätzlich für den Fall, dass die Tätigkeit erfolgreich sein sollte, ein Erfolgshonorar vereinbart. Das Gericht ist dabei zwar ebenfalls zum Ergebnis gelangt, dass die Vereinbarung des Erfolgshonorars nichtig und damit unwirksam ist. Da das Erfolgshonorar der Höhe nach aber deutlich unter den gesetzlichen Gebühren gelegen hatte, hat das Gericht den Zahlungsanspruch aus dem gesetzlichen Gebührenanspruch hergeleitet. Es hat allerdings dem Anwalt, der nun die vollständigen gesetzlichen Gebühren haben wollte, diese nicht zugesprochen, sondern lediglich den Betrag, den er erlangt hätte, wenn die Honorarvereinbarung wirksam gewesen wäre.
Ein vergleichbarer Fall ist, soweit ersichtlich, bislang noch nicht entschieden worden. Aus der Argumentation des Gerichts ließe sich aber herleiten, dass aus einer unwirksamen Erfolgshonorarvereinbarung im Ergebnis jedenfalls dann ein Zahlungsanspruch hergeleitet werden kann, wenn das Erfolgshonorar der Höhe nach unter den gesetzlichen Gebühren liegt.
Wir halten dies rechtlich für bedenklich und gedanklich inkonsequent. Im zu Grunde liegenden Rechtsstreit war die Diskrepanz zwischen den gesetzlichen Gebühren (rund 100.000 EUR) und dem Erfolgshonorar (10.000 EUR) sehr groß, so dass das Gericht immer wieder mit dem Gedanken der Billigkeit argumentiert hat. Ob das Gericht auch so entschieden hätte, wenn die gesetzlichen Gebühren im Rahmen der unwirksamen Honorarvereinbarung nur geringfügig unterschritten worden wären, beispielsweise statt 100.000 EUR lediglich 95.000 EUR, lässt sich die Entscheidung nicht entnehmen.
Anmerkung:
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Rechtsanwalt ist nunmehr auch nicht damit zufrieden, dass ihm das Gericht über den Umweg der gesetzlichen Gebühren auch noch sein (unwirksam) vereinbartes Erfolgshonorar zugesprochen hat, sondern er möchte nun stattdessen die vollständigen gesetzlichen Gebühren. Nachdem er auch vor dem OLG München unterlegen ist, weil dieses eine Sperrwirkung der Honorarvereinbarung angenommen hat, hat er nun Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt.