Gelegenheit macht bekanntlich Diebe. Dies gilt nicht nur für die Wegnahme fremder Sachen, sondern auch für die Einsicht in fremde Personalakten. Doch Vorsicht! Auch, wenn der Arbeitgeber diese nicht weggesperrt hat, sondern sich diese unverschlossen in einem Ordner im Büro des Chefs befinden, dann ist dies kein Freibrief für neugierige Arbeitnehmer Personalunterlagen der Kollegen zu lesen. Kommt dies raus, dann droht unweigerlich der Verlust des Arbeitsplatzes.
Arbeitnehmer schleicht sich am Wochenende ins Büro des Chefs und liest fremde Personalakten
Wir haben heute vor dem Arbeitsgericht München einen Fall gegen einen besonders dreisten Arbeitnehmer verhandelt, dem wegen eines Blicks in fremde Personalakten fristlos gekündigt wurde. Der Arbeitnehmer hatte seinen Firmenschlüssel dazu benutzt am Wochenende ins Büro des Chefs zu gehen, um sich in den Personalakten seiner Kollegen Informationen über deren Verdienst zu verschaffen. Die so gewonnenen Erkenntnisse hatte er dann gleich am nächsten Werktag dazu benutzt, um eine Gehaltserhöhung zu verlangen. Damit aber nicht genug. Für den Fall, dass seinem Wunsch nach Gehaltserhöhung nicht entsprochen werde, hat er gleich noch damit gedroht sich dann für mindestens 3 Monate wegen „Burnouts“ krankschreiben zu lassen.
Zur Überraschung des Arbeitnehmers gab es dann vom Chef aber nicht die geforderte Gehaltserhöhung, sondern stattdessen die fristlose Kündigung.
Das verstand nun der Arbeitnehmer gar nicht und reichte Kündigungsschutzklage ein.
Arbeitnehmer zeigt sich auch vor dem Arbeitsgericht völlig uneinsichtig
Selbst in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht zeigte der Arbeitnehmer keinerlei Einsicht in den Unrechtsgehalt seines Handelns. Ganz im Gegenteil. Er gab ganz unumwunden zu, dass er das Wochenende genutzt habe, um sich mit dem Firmenschlüssel Zugang zu dem unverschlossenen Büro des Chefs zu verschaffen. Dort habe er dann nach kurzem Suchen in einem Aktenregal einen Ordner mit Personalunterlagen gefunden. Sein gehegter Verdacht, nämlich dass er weniger verdienen würde, als andere Mitarbeiter, mit denen er sich vergleichbar gefühlt hat, wurde dann auch bestätigt. Er gab dann auch noch zu Protokoll, dass schließlich der Arbeitgeber, wenn dieser nicht gewollt hätte, dass er sich Zugang zu den Unterlagen verschaffen kann, die Personalakten in einen absperrbaren Schrank hätte stellen können oder aber zumindest sein Büro hätte zusperren müssen.
Bestritten hat er lediglich, dass er sich Kopien aus den Unterlagen gefertigt hätte, was er gegenüber dem Arbeitgeber zunächst noch behauptet hatte. Auch die Drohung mit der Krankschreibung hat er bestritten.
ArbG München: Blick in fremde Personalakten ist massiver Vertrauensbruch und rechtfertigt fristlose Kündigung
Die Hoffnung bei dieser Sachlage auf eine Abfindung zu spekulieren oder jedenfalls die Umwandlung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung mit großzügiger Auslauffrist hat sich dann allerdings für den Arbeitnehmer sehr schnell zerschlagen. Das Gericht hat ihm nämlich unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass eine Einsichtnahme in fremde Personalakten durch dazu nicht befugte Mitarbeiter einen solch massiven Vertrauensbruch darstellt, dass dadurch ohne weiteres eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Hinzu kommt, dass hierdurch nicht nur der Betriebsfrieden konkret beeinträchtigt wird, sondern auch ein Eingriff in geschützte Daten vorliegt.
Zur Rechtfertigung dieser Kündigung ist auch nicht erforderlich, dass die Personalunterlagen im Betrieb verschlossen aufbewahrt werden. Allein dadurch, dass der Arbeitnehmer das Wochenende genutzt hat, um im Büro des Chefs nach Personalunterlagen zu suchen verdeutlicht, dass dem Arbeitnehmer bewusst war, dass er hier etwas Verbotenes macht. Außerhalb der Arbeitszeit hat der Arbeitnehmer nämlich nichts in fremden Büros zu suchen.
Um im Gütetermin die Angelegenheit zum Abschluss bringen zu können, haben die Parteien sich dann darauf verständigt, dass das Arbeitsverhältnis ohne Beachtung der einzuhaltenden Kündigungsfrist zum nächsten Monatsende sein Ende gefunden hat. Für den Arbeitnehmer hat dies den Vorteil, dass bei der nächsten Bewerbung ein Personalverantwortlicher nicht auf den ersten Blick erkennen kann, dass das Arbeitsverhältnis durch eine fristlose Kündigung geendet hat; für den Arbeitgeber den Vorteil, dass ein Termin vor der Kammer entbehrlich wird und rasch wieder Rechtsfrieden einkehrt.
Also, wenn Ihnen als Arbeitnehmer Ihr Arbeitsplatz lieb und teuer ist, dann Finger weg vor fremden Personalakten.