Als Cineast werden Sie bei dem Titel “Und nichts als ein Fremder“ sofort an ein US amerikanisches Filmdrama von Stanley Kramer aus dem Jahr 1955 denken. Darum geht es im nachfolgenden Artikel aber nicht, auch wenn der betroffene Kläger sicherlich das Urteil des VG Mainz vom 19.07.2023 (3 K 425/22) nicht minder als persönliches Drama empfindet. Dies deshalb, weil die Richter es für rechtens befunden haben, dass er allein aufgrund seines bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse die Bestattungskosten für seinen ihm zeitlebens unbekannten Halbbruder bezahlen muss und es dabei wieder darauf ankommt, dass er das Erbe ausgeschlagen hat noch das zwischen ihm und dem Verstorbenen kein „Näheverhältnis“ bestanden hat.
Der Fall des Verwaltungsgerichts Mainz, wirft ein bedeutendes Licht auf die gesetzliche Bestattungspflicht zwischen Verwandten außerhalb des Erbrechts. Hierbei spielen sowohl landesspezifische Bestimmungen als auch allgemeine rechtliche Grundsätze eine Rolle.
Das war geschehen
Der Kläger staunte nicht schlecht, als er Post bekam und aufgefordert wurde, Bestattungskosten für jemanden zu bezahlen, den er gar nicht kannte. Nach dem Schreiben der Behörde, sollte sich bei der Verstorbenen um seinen älteren Halbbruder gehandelt haben, der von der Mutter nicht nur weggegeben worden war, sondern auch zeitlebens nicht erwähnt worden ist, so das der Kläger von dessen Existenz keinerlei Kenntnis hatte. der Kläger hat deshalb nicht nur gegenüber dem Nachlassgericht die Annahme der Erbschaft ausgeschlagen, sondern sich auch geweigert die von der Behörde geltend gemachten Bestattungskosten, die diese im Wege der Ersatzvornahme verauslagt hatte, zu bezahlen und klagte gegen den Kostenbescheid.
Gesetzliche Grundlage der Bestattungspflicht
In vielen Bundesländern, wie auch in Rheinland-Pfalz, regeln Bestattungsgesetze (BestattG) die Bestattungspflicht. Diese Gesetze legen fest, dass in erster Linie die nächsten Verwandten für die Bestattung eines Verstorbenen verantwortlich sind. Im rheinland-pfälzischen BestattG wird dies in den entsprechenden Paragraphen detailliert dargestellt.
Verwandtschaftsverhältnis als Bestattungspflicht-Grundlage
Nach § 8 des rheinland-pfälzischen BestattG sind die nächsten Verwandten zur Bestattung verpflichtet. Dies beinhaltet, wie das Urteil zeigt, auch Halbgeschwister, unabhängig davon, ob ein persönliches Näheverhältnis bestand oder nicht.
Ist die Bestattungspflicht selbst nicht in der Lage die Kosten für eine Bestattung aufzubringen, dann werden diese vom Sozialamt übernommen. Es handelt sich dabei um einen sozialhilferechtlichen Anspruch eigene Art, § 74 SGB XII.
Ersatzvornahme durch die Behörde
Kann ein Verwandter seiner Bestattungspflicht nicht nachkommen, sieht das BestattG vor, dass die zuständige Behörde die Bestattung durchführen und die entstandenen Kosten dem Verpflichteten auferlegen kann. Diese Regelung findet sich in § 9 des rheinland-pfälzischen BestattG.
Ausschluss eines Härtefalls
Das Verwaltungsgericht wies darauf hin, dass ein fehlendes familiäres Näheverhältnis normalerweise keinen Härtefall begründet, der von der Bestattungspflicht entbindet. Diese Auslegung sei im Sinne des BestattG, dass die objektive Verwandtschaft als maßgeblich ansieht.
Erbausschlagung berührt Bestattungspflicht nicht
Dass der Kläger das Erbe ausgeschlagen hat, spielt dabei nach Auffassung der Richter keine Rolle. Auf den 1. Blick ist dies ein Widerspruch zu § 1968 BGB, in dem geregelt ist, dass die Kosten der Beerdigung vom Erbe zu tragen sind. Dies unterstreicht die Trennung zwischen erbrechtlichen und bestattungsrechtlichen Verpflichtungen. Die Behörde muss sich also nicht an einen möglichen Erben wenden, sondern kann die von ihr für die Bestattung verauslagten Kosten nach dem Bestattungsgesetz von den Verwandten ersetzt verlangen. Diese können ihrerseits wiederum Erstattungsansprüche gegen einen Erben haben. Dies jedenfalls dann, wenn der Nachlass werthaltig ist. Der Staat, der hier in Vorleistung gegangen ist, hatte sich den einfacheren Weg gewählt, weil ein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne der Bestattungsgesetze leichter verstellbar ist, als eine unmöglich streitbefangene Rechtsstellung als Erbe.
Geltungsbereich des Bestattungsgesetzes
Das Urteil macht deutlich, dass das Bestattungsgesetz des Landes, in dem der Todesfall eintritt, maßgeblich ist. Dies bedeutet, dass auch außerhalb des Bundeslandes lebende Verwandte bestattungspflichtig sein können.
Fazit
Sollten Sie sich auch irgendwann mit dem Kostenbescheids einer Behörde wegen der Bestattung eines nahen Verwandten konfrontiert sehen, dann sind die Möglichkeiten, sich dagegen erfolgreich zur Wehr zu setzen, jedenfalls dann, wenn sie nicht selbst vermögenslos sind, sehr limitiert. Gleichwohl lohnt es sich genau hinzusehen, bevor gezahlt wird, und vor allen Dingen auch abzuklären, ob der Nachlass werthaltig war und nicht etwaige Regressansprüche gegen einen Erben entstehen können. Letzteres wird aber regelmäßig nur ausnahmsweise der Fall sein, weil allein der Umstand, dass die Behörde für die Bestattungskosten aufkommen musste, bereits ein Indiz dafür ist, dass der oder die Verstorbene vermögenslos waren.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.