Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war von Anfang an umstritten. Sie hat nicht nur oft bei Betroffenen für Unverständnis gesorgt, sondern ist in der Praxis oft auch nicht wirklich durchgesetzt worden, weil auf ungeimpftes Pflegepersonal im Gesundheitswesen nicht so ohne weiteres verzichtet werden konnte. Nun läuft sie zum Jahresende aus. Gleichwohl hat das Gesundheitsamt des Saar-Pfalz-Kreises am 30.11.2022 gegenüber einem Krankenpfleger, der seine Coronaschutzimpfung nicht nachgewiesen hatte, ein Bbetretungs- und Tätigkeitsverbot unter Bezugnahme auf § 20 a Infektionsschutzgesetz (IfSG) erlassen. dieses hätte zur Folge gehabt, dass ihn der Arbeitgeber im Monat Dezember nicht beschäftigen darf, also der Pfleger in diesem Monat entweder aus seinen Rücklagen und wenn er keine hat, von Hartz IV hätte leben müssen. Ab Januar wäre dann wiederum eine Beschäftigung möglich. Der Pfleger wollte sich eine solche Behördenwillkür nicht gefallen lassen und wehrte sich mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes (Beschluss vom 12. Dezember 2020, 6 L 1548/22) erfolgreich.
Betretens- und Tätigkeitsverbot nicht mehr angemessen
Die Richter haben dabei zur Begründung ausgeführt, dass zwar das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 27.04.2022 (1 BvR 2649/21) die Verfassungsmäßigkeit des § 20 a IfSG bejaht hätte, wobei dahinstehen könne, ob angesichts der weiteren Entwicklung des Pandemiegeschehen auch zum jetzigen Zeitpunkt die Vorschrift noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge, denn selbst, wenn man von einer Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ausginge, erweise sich zum Zeitpunkt der gerichtliche Entscheidung jedenfalls das ausgesprochene Betretens- und Tätigkeitsverbot nicht mehr als situationsangemessen.
Dies deshalb, weil zum Zeitpunkt der Anordnung bereits bekannt war, dass dieses nur noch bis zum 31.12.2022, also für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum gilt. Gerade wegen dieser kurzen Geltungsdauer sei aber der verbliebene Nutzen auch Hinblick auf den dem Betretungsverbot- und Tätigkeitsverbot zugrunde liegenden Zweck, vulnerable Personen vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen, soweit verringert, dass er den empfindlichen Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragstellers aus Art. 12 GG und die hiermit verbundenen erheblichen Konsequenzen wie den Wegfall seiner monatlichen Arbeitseinkünfte nicht mehr rechtfertigen könne. Dabei sah auch zu berücksichtigen, dass das Gesundheitssamt hier auch nicht konsequent gehandelt habe, weil es über Monate hinweg geduldet habe, dass der ungeimpfte Antragsteller in der entsprechenden Einrichtung tätig war.
Weiter rügen die Richter, dass es Gesundheitsamt bei der Anordnung auch den Aspekt der Versorgungssicherheit der von dem Antragsteller zu pflegen Personen nicht hinreichend berücksichtigt habe. Es sei dabei gerichtsbekannt, dass gerade im pflegerischen Bereich auch der Ausfall von nur einigen wenigen beschäftigen mit der Gefahr eines Versorgungsengpasses besteht, zumal auch für geimpfte bzw. Genesene stets das Risiko eines krankheitsbedingten Ausfalls bestehe. Gerade vor dem Hintergrund von Pflegenotstand und Fachkräftemangel im Gesundheitswesen komme es auf jede einzelne Pflegekraft an, deren Ausfall im Zweifel Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben könne.
Anmerkung:
Die Richter haben hier für die Anordnung der Behörde deutliche Worte gefunden. Ein Fall, an dem besonders deutlich wird, dass das gesunde Rechtsempfinden in den Jahren der Pandemie offensichtlich ganz erheblich gelitten hat, denn der hier der Behördenentscheidung zugrunde gelegte Formalismus trägt die Rechtswidrigkeit regelrecht auf der Stirn. Entweder wurde hier innerhalb der Behörde stur Dienst nach Vorschrift gemacht, ohne gesunden Menschenverstand walten zu lassen oder eine Ungeimpfter sollte schikaniert werden. Beides wäre inakzeptabel. Traurig ist, dass Pflegekräfte, die ohnehin knapp sind und alle Hände zu tun haben, sich auch noch gegen solche Behördenwillkür mit gerichtlicher Hilfe zur Wehr setzen und damit ins Kostenrisiko gehen müssen.