Zahlt der Arbeitgeber Weihnachtsgeld, dann ist dies im Vertrag meist so geregelt, dass das Arbeitsgeld als freiwillige Leistung erfolgen soll. Der Arbeitgeber will damit erreichen, dass er jedes Jahr aufs Neue entscheiden kann, ob und wenn ja wie viel Weihnachtsgeld gezahlt wird und für die Arbeitnehmer kein Rechtsanspruch entsteht. Bei der Formulierung solcher Klauseln im Arbeitsvertrag ist aus Arbeitgebersicht aber Vorsicht geboten, denn Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers, wie das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 15.02.2017 (7 Sa 397/16) klargestellt hat.
Arbeitnehmer verklagt Arbeitgeber auf Zahlung von Weihnachtsgeld
Im entschiedenen Rechtsstreit hatte ein Arbeitnehmer dessen Arbeitsverhältnis bei einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende durch Eigenkündigung zum 31.12.2016 geendet hatte, seinen Arbeitgeber auf die Zahlung von 5.625 € brutto Weihnachtsgeld verklagt. Im Arbeitsvertrag war dazu folgendes geregelt:
„3. Weihnachtsgratifikation
Die Firma zahlt mit der Novembervergütung eine Weihnachtsgratifikation … Der Mitarbeiter erkennt an, dass die Gratifikation freiwillig gezahlt wird und hierauf auch nach wiederholter Zahlung ein Rechtsanspruch nicht erwächst. Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung oder bis zum 31.12. von einer der Vertragsparteien gekündigt wird oder infolge eines Aufhebungsvertrages endet.
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn er aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund verhaltensbedingter, außerordentlicher Kündigung der Firma aus einem von ihm zu vertretenden Grund bis zum 31.03. auf die Auszahlung folgenden Geschäftsjahres ausscheidet. Die Rückzahlungsverpflichtung gilt entsprechend, wenn das Anstellungsverhältnis innerhalb des vorgenannten Zeitraums durch Aufhebungsvereinbarung beendet wird und Anlass des Aufhebungsvertrages ein Recht zur außerordentlichen oder verhaltensbedingten Kündigung der Firma oder ein Aufhebungsbegehren des Mitarbeiters ist…“
LAG hält Klausel für unwirksam und verurteilt Arbeitgeber zur Zahlung
Nach Auffassung der Richter steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld aus dem Arbeitsvertrag zu, da die betreffenden Klauseln unwirksam sind.
Bei Arbeitsverträgen handelt es sich regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die einer Inhaltskontrolle unterliegen. Der Freiwilligkeitsvorbehalt stand im Widerspruch zu der vereinbarten Zahlungsverpflichtung und war zudem wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Die Stichtagsregelung aus dem Arbeitsvertrag war wegen ihrer unklaren Formulierung i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Sie bewirkt eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Die Regelung ist sprachlich so unklar, dass sie in keiner Hinsicht einer sinnvollen Auslegung zugänglich war, so das Gericht. Der Anspruch auf die Gratifikation sollte ausgeschlossen sein, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt wird. Soll dieses nun bedeuten, dass der Anspruch ausgeschlossen sein soll, wenn die Kündigung mit Beendigungswirkung zum Zeitpunkt der Auszahlung ausgesprochen worden ist, oder wenn zum Zeitpunkt der Auszahlung eine in die Zukunft gerichtete Kündigung ausgesprochen worden ist? Beide Regelungen ergeben im Ergebnis, so die Richter, keinen Sinn, einer Auslegung sind sie nicht zugänglich. Der Arbeitnehmer konnte nicht erkennen, welchen Inhalt die Stichtagsregelung haben sollte.
Aber auch abgesehen von der Stichtagsregelung war die Bindungsdauer des Arbeitnehmers zu weit gefasst und die Stichtagsregelung war auch deshalb unwirksam. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG darf eine am Jahresende gezahlte Zuwendung, die über 100 €, aber unter einem Monatsbezug liegt, den Arbeitnehmer maximal bis zum 31.03. des Folgejahres binden. Eine höhere Gratifikation kann eine Bindung bis maximal zum 30.06. rechtfertigen.
Würde nun die erste Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer im Dezember bestehen, wäre die Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartal aus dem Arbeitsvertrag einzuhalten und damit eine Kündigung frühestens zum 30.06. des Folgejahres möglich. Legt man die Klausel so aus, dass auch zum 31.12. noch ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehen muss, um den Gratifikationsanspruch zu behalten, wäre eine Kündigung sogar erst noch später möglich. Das beschränke den Arbeitnehmer jedoch in seiner Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 GG.
Aber auch die Rückzahlungsklausel des Arbeitsvertrags war unwirksam, da die Kombination von Stichtagsregelung und Rückzahlungsklausel gegen das Transparenzgebot verstieß. In ihrer Kombination enthalten beide Regelungen eine unzulässige Bindung des Arbeitnehmers. Die Rückzahlungsklausel beinhaltet eine Bindung bis zum 31.3. des Folgejahres, die Stichtagsklausel demgegenüber eine Bindung bis zum 30.06. bzw. sogar bis zum 30.09. des Folgejahres.
Es besteht also die Gefahr, dass ein Arbeitnehmer sein Recht zum Ausspruch einer Kündigung aufgrund der Stichtagsklausel nicht ausübt, weil aufgrund der Widersprüchlichkeit der beiden Klauseln nicht klar ist, ob, wann und zu wann eine Kündigung ausgesprochen werden kann, ohne den Anspruch auf die Gratifikation zu verlieren.
Auf die Kombination kommt es an
Selbst, wenn einzelne Klauseln für sich gesehen wirksam sind, so kann eine Kombination der Vertragsbedingungen dazu führen, dass sie insgesamt unwirksam werden. Deshalb ist bei der Abfassung von Freiwilligkeitsvorbehalten, Stichtagsregelungen und Rückzahlungsklausel bei Sonderzahlungen Augenmaß gefragt, denn weniger ist manchmal mehr. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie es als Arbeitgeber in der Hand haben den Inhalt der Klausel fachkundig zu formulieren.
Aus Arbeitnehmersicht sollte stets dann, wenn der Arbeitgeber bei beendeten Arbeitsverhältnis die Auszahlung von Weihnachtsgeld verweigert oder gar die Rückzahlung von bereits ausgezahlten Weihnachtsgeld verlangt und dabei auf Klauseln in dem Arbeitsvertrag verweist stets fachkundige anwaltliche Rat in Anspruch genommen werden, denn, wie der Fall zeigt, dass was im Arbeitsvertrag steht, muss nicht zwingend gelten.