Geht ein Betrieb (oder Betriebsteil) durch Rechtsgeschäft auf einen Übernehmer über, dann sind vor dem Übergang nach § 613a Abs. 6 BGB Arbeitnehmer über den Übergang, sein Folgen sowie das den Arbeitnehmern zustehende Widerrufsrecht schriftlich zu unterrichten. Grund dafür ist, dass sich kein Arbeitnehmer gegen seinen Willen mit dem Betrieb verkaufen lassen muss.
Widerspricht der Arbeitnehmer dem Übergang, dann wird sein Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber fortgesetzt. Besteht keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, dann riskiert der widersprechende Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung. Widerspricht er dagegen nicht, dann geht das Arbeitsverhältnis auf den neuen Erwerber als neuen Arbeitgeber über.
Um die Widerrufsfrist in Lauf zu setzen genügt es aber nicht, dass die Arbeitnehmer irgendwie belehrt werden, sondern sie müssen umfassend und vollständig belehrt werden, um auf gesicherter Grundlage eine Entscheidung darüber, ob sie ihr Widerrufsrecht ausüben wollen oder nicht, zu treffen. Dies hat das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 14.10.2015 (1 Sa 733/15) entschieden.
Die Klägerin war seit September 2004 bei einem Gastronomie- und Cateringunternehmen als Sachbearbeiterin Administration beschäftigt und zwar in der Gastronomie eines Konzerthauses. Der Arbeitgeber informierte dann mit Schreiben vom 12.09.2014 die Klägerin darüber, dass ihr Arbeitsverhältnis zum 01.09.2014 auf einen neuen Betreiber übergegangen sei. Dabei wies er die Klägerin auch auf das Recht zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang binnen Monatsfrist hin. Die Klägerin übte zunächst ihr Widerspruchsrecht nicht aus, sondern setzt ihre Tätigkeit bei dem neuen Betreiber fort. Als dieser dann die Gastronomie im Konzerthaus zum 31.03.2015 schloss und deshalb am 06.03.2015 das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2015 kündigte widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 24.04.2015 dem Betriebsübergang. Daraufhin kündigte der vormalige Arbeitgeber zum nächst zulässigen Termin. Die Parteien stritten dann darüber, ob das Arbeitsverhältnis bereits zum 01.09.2014, also dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, dem 31.05.2015 oder aber erst zum 31.08.2015 infolge der nach erfolgten Widerspruch ausgesprochenen Kündigung des alten Arbeitgebers sein Ende gefunden hat.
Das LAG Düsseldorf ist, wie bereits in der Vorinstanz das Arbeitsgericht Essen, davon ausgegangen, dass infolge des Widerspruchs das Arbeitsverhältnis über den 01.09.2014 fortbestanden und erst durch die nach erfolgtem Widerspruch ausgesprochene Kündigung sein Ende gefunden hat.
Die Widerspruchsfrist habe – so die Richter – nicht zu laufen begonnen, weil die Unterrichtung über den Betriebsübergang unvollständig gewesen sei. Obwohl der Pachtvertrag, in den der neue Betreiber eintrat, bis zum 31.12.2014 befristet war, hieß es in der Belehrung vom 12.09.2014, dass bis auf weiteres eine unveränderte Fortführung des Betriebs in dem Konzerthaus vorgesehen war. Dadurch sei der Eindruck einer längerfristigen Beschäftigungsmöglichkeit erweckt worden, die so noch nicht gesichert gewesen sei. Ebenso wenig sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Übernehmers zum 31.05.2015 beendet worden, weil infolge des Widerspruchs mit diesem gerade kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, das einer Kündigung zugänglich gewesen wäre.
Anmerkung:
Zum notwendigen Inhalt der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 bei Betriebsübergang vergleiche BAG, Urteil vom 14.11.2013 – 8 AZR 824/12
Leitsätze:
- Die Unterrichtung der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer nach § 613a Absatz 5 BGB soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung ihres Widerspruchsrechts schaffen. Es soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und ggf. beraten zu lassen. (Orientierungssatz des Gerichts)
- Soweit bei der Unterrichtung über den Betriebserwerber auf die im Handelsregister eingetragenen Tatsachen verwiesen werden soll, müssen die Firma des Betriebserwerbers, das zuständige Handelsregister und die den Betriebserwerber betreffende Nummer des Handelsregisters fehlerfrei angegeben werden. Die Identität der Betriebserwerberin muss sich unmittelbar durch Einsichtnahme in das Handelsregister ergeben.
- Ist die Betriebserwerberin eine Neugründung, die nach dem Betriebsübergang gem. § 112a Abs. 2 BetrVG nicht sozialplanpflichtig ist, so ist darüber in der Unterrichtung zu informieren. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob eine Betriebsänderung geplant oder in Aussicht genommen ist, da die Rechtsstellung der Arbeitnehmer als unmittelbare Folge des Betriebsübergangs verändert wird.
Fazit:
Belehrungen über einem Betriebsübergang sind oft fehlerhaft und damit angreifbar.
Kündigungen, die wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen werden, sind im Übrigen bereits aus diesem Grund unwirksam, so dass sich bei Betriebsübergang stets empfiehlt kompetenten anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.
Ist auch Ihr Arbeitsplatz von einem Betriebsübergang betroffen? Wir beraten und vertreten Sie gerne. Umgekehrt unterstützen wir Sie als Arbeitgeber natürlich auch dann, wenn ein Betriebsübergang ansteht. Hier ist es ratsam möglichst frühzeitig, gerade dann, wenn auch Personal abgebaut werden soll, anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.