Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Arbeitsverhältnis sachgrundlos befristet wird. Dann darf nämlich die Höchstdauer von 2 Jahren nicht überschritten werden. Wer dies als Arbeitgeber verkennt, der läuft Gefahr, den Mitarbeiter unbefristet eingestellt zu haben. So hat das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 09.04.2019 (3 Sa 1126/18) der Entfristungsklage eines Arbeitnehmers stattgegeben, weil diesen der Arbeitgeber noch am Tag bevor das Arbeitsverhältnis beginnen sollte, zu einer Schulung hat anreisen lassen, die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses starten sollte. Die Richter sind dabei zum Ergebnis gelangt, dass es sich dabei bereits bei der Anreise um Arbeitszeit gehandelt habe, so dass die Befristung um einen Tag überschritten worden war.
Anreise zu Schulung vor Vertragsbeginn wird Arbeitgeber zum Verhängnis
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag sollte am 05.09.2016 beginnen. Gleich zu Beginn sollte der Kläger an einer vom Arbeitgeber, eine Bundesbehörde, organisierten Schulung teilnehmen, die am 05.09.2016, also dem Tag des vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginns stattfinden sollte. Die Parteien hatten dann weiter vereinbart, dass der schwerbehinderte Kläger bereits am Tag vor dem Schulungsbeginn anreisen sollte. Fahrtkosten und zusätzliche Übernachtungskosten wurden von der Beklagten getragen.
Nachdem der Kläger erfolgreich an der Schulung teilgenommen und die Tätigkeit bei der Beklagten aufgenommen hatte vereinbarten die Parteien die Verlängerung des zunächst auf 6 Monate befristeten Vertrags bis zum 04.09.2018.
In der Folgezeit hat sich der Kläger dann immer wieder erfolglos um unbefristete Stellen, die bei der Beklagten ausgeschrieben waren, beworben. Diese wurden ebenso abgelehnt, wie eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses. Dieses wurde von der Beklagten wegen unzureichender Leistungen abgelehnt. Daraufhin erhob der Kläger Entfristungsklage zum Arbeitsgericht.
Befristung wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstdauer unwirksam
Die Klage war erfolgreich, denn das zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsverhältnis war nach Auffassung der Richter nicht wirksam befristet worden. Die Höchstdauer für einer sachgrundlosen Befristung von 2 Jahren war nämlich um einen Tag überschritten worden, weil der Kläger zu der notwendigen Schulung bereits am 4.09.2016 vereinbarungsgemäß anreisen sollte. Nachdem nach der Rechtsprechung des BAG Reisezeit, die Mätresse des Arbeitgebers erfolgt, als Arbeitszeit gilt, kann auch für die hier vorliegend vereinbarte Anreise zu Schulung am Vortag des eigentlichen Beschäftigungsbeginns nichts anderes gelten, sodass der Arbeitsvertrag bereits mit Beginn der Dienstreise, also am 04.09.2016 begonnen hatte. Damit endete die Zweijahresfrist bereits am 03.09.2018, sodass die Vereinbarung eine Befristung bis zum 4.09.2018 unwirksam war.
Anmerkung:
Auch hier zeigt sich, dass gerade bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen eine genaue und strikte Anwendung der gesetzlichen Regelungen erfolgen muss, will man so wie hier, keine unliebsame Überraschung erleben. Erstaunlich ist, dass hier ein Arbeitgeber der öffentlichen Hand offensichtlich selbst nicht in der Lage war, die eigenen gesetzlichen Regelungen anzuwenden und umzusetzen.
Prozessual interessant ist, dass der klagende Arbeitnehmer bzw. sein Rechtsvertreter erst in der Berufungsinstanz überhaupt auf die Idee gekommen ist, dass die Anreise zur Schulung am Vortag des Arbeitsbeginns als Arbeitszeit gewertet werden müsse. Insbesondere ist das Argument auch dort nicht einmal innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, sondern erst später vorgetragen worden, so dass der Arbeitgeber sich auf Präklusion, also auf Verspätung, gerufen hatte. Zu Unrecht, wie die Richter meinten, denn eine solche Präklusion nach § 17 S. 2 TzBfG, § 6 KSchG scheide aus, da der hierfür notwendige Hinweis des Arbeitsgerichtes nach § 139 ZPO nicht erteilt worden sei. Ein Ausschluss des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren gemäß § 67 ArbGG sei ebenfalls nicht möglich. Anders als in einem Verfahren vor dem Zivilgericht sei späteres Vorbringen in der Berufungsinstanz gemäß § 67 Abs. 2 bis Abs. 4 ArbGG bereits dann zulässig, wenn hierdurch der Rechtsstreit nicht verzögert würde. Da der dem Vortrag zugrundeliegende Sachverhalt zwischen den Parteien unstreitig war, war eine Verzögerung des Rechtsstreites nicht zu befürchten und konnte deshalb bei der Entscheidung berücksichtigt werden.
Die Zeche zahlt, wie so oft, der Steuerzahler, weil nun bei einer Bundesbehörde einen Arbeitnehmer dauerhaft beschäftigt ist, den diese an sich gar nicht dauerhaft haben wollte …