Die rasante Entwicklung generativer Künstlicher Intelligenz (KI) hat die Erstellung von Texten, Bildern, Musik und Software revolutioniert. Während diese Technologien neue kreative Möglichkeiten eröffnen, werfen sie zugleich komplexe juristische Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf das Urheberrecht. Im Zentrum steht die Frage: Wer ist Urheber eines von KI generierten Werkes? Dieser Beitrag beleuchtet die aktuelle Rechtslage in Deutschland und bietet eine detaillierte Analyse der urheberrechtlichen Einordnung von KI-generierten Inhalten.
I. Grundprinzipien des deutschen Urheberrechts
Das deutsche Urheberrecht basiert auf dem Schöpferprinzip, wonach der Urheber die natürliche Person ist, die das Werk geschaffen hat (§ 7 UrhG). Gemäß § 2 Abs. 2 UrhG sind nur persönliche geistige Schöpfungen schutzfähig. Daraus folgt, dass ausschließlich Werke, die auf menschlicher Kreativität beruhen, urheberrechtlichen Schutz genießen. Maschinell erzeugte Inhalte ohne menschliche Mitwirkung fallen demnach grundsätzlich nicht unter den Schutz des Urheberrechts.
II. Urheberrechtliche Einordnung von KI-generierten Inhalten
Es ist zu unterscheiden zwischen Inhalten, die ausschließlich von einer KI generiert worden sind und solchen, an denen ein Mensch entweder durch die Eingabe ausgefeilter Prompts oder durch eine nachträgliche Weiterbearbeitung mitgewirkt hat.
1. Reine KI-Erzeugnisse
Inhalte, die vollständig autonom von einer KI erstellt wurden, ohne dass ein Mensch steuernd oder kreativ eingreift, gelten nicht als persönliche geistige Schöpfungen. Daher sind sie nach derzeitiger Rechtslage nicht urheberrechtlich geschützt und können als gemeinfrei betrachtet werden. Dies betrifft beispielsweise automatisch generierte Texte, Bilder oder Musikstücke, die ohne maßgebliche menschliche Einflussnahme entstanden sind.
2. Menschliche Mitwirkung und kreative Steuerung
Anders verhält es sich, wenn der Mensch die KI als Werkzeug einsetzt und durch spezifische Eingaben (Prompts) oder nachträgliche Bearbeitung maßgeblich zur Gestaltung des Endprodukts beiträgt. In solchen Fällen kann das Ergebnis als persönliche geistige Schöpfung des Menschen angesehen werden, sofern die kreative Leistung des Nutzers die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht. Die bloße Eingabe eines einfachen Prompts reicht jedoch in der Regel nicht aus, um Urheberrechtsschutz zu begründen.
III. Spezielle Betrachtung nach Werkarten
Auch hier lässt sich feststellen, dass ein Urheberrecht nur dann entstehen kann, wenn ein Mensch aktiv an den einzelnen Werken mitgewirkt hat, sodass diesem eine geistig schöpferische Leistung zugerechnet werden kann.
1. Texte
KI-generierte Texte, etwa durch Sprachmodelle, sind ohne menschliche Mitwirkung nicht urheberrechtlich geschützt. Bearbeitet ein Nutzer den KI-Text jedoch kreativ und eigenständig weiter, kann der bearbeitete Text als neues Werk unter den Schutz des Urheberrechts fallen.
2. Bilder
Bei der Erstellung von Bildern durch KI-Tools ist entscheidend, inwieweit der Nutzer die Bildgestaltung beeinflusst hat. Eine detaillierte Steuerung des kreativen Prozesses durch den Nutzer kann dazu führen, dass das Ergebnis als persönliche geistige Schöpfung gilt. Fehlt eine solche Einflussnahme, bleibt das Bild gemeinfrei.
3. Musik
Ähnlich verhält es sich bei KI-generierter Musik. Kompositionen, die ohne menschliche Kreativität entstanden sind, genießen keinen Urheberrechtsschutz. Wird die KI jedoch als Instrument genutzt und der Mensch steuert den kreativen Prozess maßgeblich, kann ein schutzfähiges Werk entstehen.
4. Software
Für Software gilt, dass der Quellcode urheberrechtlich geschützt ist, wenn er eine persönliche geistige Schöpfung darstellt (§ 2 Abs. 2 UrhG). Wird der Code vollständig von einer KI generiert, ohne menschliche Mitwirkung, fehlt es an der erforderlichen menschlichen Schöpfungshöhe. Erfolgt jedoch eine kreative Bearbeitung oder Anpassung durch einen Entwickler, kann der bearbeitete Code unter den Schutz des Urheberrechts fallen.
IV. Haftungsfragen und Nutzung von KI-generierten Inhalten
Auch wenn KI-generierte Inhalte gemeinfrei sein können, bedeutet dies nicht, dass ihre Nutzung risikofrei ist. Es besteht die Gefahr, dass solche Inhalte bestehenden urheberrechtlich geschützten Werken ähneln und dadurch Rechte Dritter verletzen. Zudem können Persönlichkeitsrechte betroffen sein, insbesondere wenn Bilder von realen Personen generiert werden. Nutzer sollten daher stets prüfen, ob durch die Verwendung von KI-Inhalten Rechte Dritter beeinträchtigt werden könnten.
V. Aktuelle Rechtsprechung und gesetzliche Entwicklungen
Die deutsche Rechtsprechung hat sich bislang nur vereinzelt mit Fragen des Urheberrechts in Bezug auf KI-generierte Inhalte befasst. Ein bemerkenswertes Urteil stammt vom Landgericht Hamburg, das die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zum Training von KI-Systemen unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet hat (LG Hamburg, Urteil vom 27.09.2024, Az. 310 O 227/23). Zudem sieht die EU-KI-Verordnung künftig eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte vor, insbesondere wenn diese für die Öffentlichkeit bestimmt sind.
VI. Fazit
Nach aktueller deutscher Rechtslage sind ausschließlich menschliche Schöpfungen urheberrechtlich geschützt. Rein KI-generierte Inhalte ohne menschliche Mitwirkung gelten als gemeinfrei. Allerdings kann durch kreative Steuerung und Bearbeitung durch den Menschen ein schutzfähiges Werk entstehen. Nutzer von KI sollten sich der rechtlichen Unsicherheiten bewusst sein und bei der Verwendung von KI-generierten Inhalten sorgfältig prüfen, ob Rechte Dritter betroffen sein könnten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Gesetzgebung und Rechtsprechung in diesem dynamischen Bereich weiterentwickeln werden.