Macht ein Arbeitnehmer gegen einen Arbeitgeber Ansprüche geltend und sind im Arbeitsvertrag Ausschlussfristen geregelt, dann kann sich der Arbeitgeber, wenn die Parteien Vergleichsverhandlungen geführt haben und der Arbeitnehmer dadurch die in der Vertragsklausel geregelte Frist zur gerichtlichen Geltendmachung versäumt hat, nicht auf die Ausschlussfrist berufen, weil während der Vergleichsverhandlungen die Frist in entsprechender Anwendung von § 203 S. 1 BGB gehemmt ist (BAG, Urteil vom 20.06.2018 – 5 AZR 262/17).
Arbeitnehmer verlangt nach beendeten Arbeitsverhältnis Abgeltung von Urlaub und Überstunden
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat am 31.07.2015 geendet. Im Arbeitsvertrag über folgende Ausschlussklausel vorhanden:
„Ansprüche beider Parteien aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Entscheidend ist der Zugang des Schreibens. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder äußert sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Geltendmachung, so ist der Anspruch innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bzw. Ablauf der Zweiwochenfrist bei Gericht anhängig zu machen. Anderenfalls ist der Anspruch verfallen und kann nicht mehr geltend gemacht werden.“
Mit Schreiben vom 04.09.2015 verlangte der Arbeitnehmer die Zahlung von rund 11.200 € brutto. Er begründete dies mit der Abgeltung von 32 Samstagen und der Vergütung von 182,52 Überstunden, die sich bis zur Beendigung auf seinem Arbeitszeitkonto angesammelt hätten.
Mit Schreiben vom 28.09.2015 wies der Arbeitgeber die Ansprüche zurück. Gleichzeitig wies aber darauf hin, dass er mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Lösung suchen werde. In der Folgezeit wurden dann bis zu 25.11.2015 erfolglos Vergleichsverhandlungen geführt. Am 2101.2016 hat der Arbeitnehmer dann Klage zum Arbeitsgericht eingereicht.
Ansprüche sind nicht verfallen
Sowohl das Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, weil die Ansprüche nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht worden sein sollen, also aufgrund der Verfallklausel verfallen sein. Diese Auffassung teilten die Richter am BAG dagegen nicht. Sie haben das Urteil des LAG aufgehoben und zu erneuten Verhandlung zurückverwiesen.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Kläger die 3monatige Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gewahrt habe. Dies deshalb, weil der Zeitraum während dessen die Parteien Vergleichsverhandlungen geführt hätten in entsprechender Anwendung des § 209 BGB nicht in die Ausschlussfrist eingerechnet werden dürfe, § 203 S. 1 BGB.
Auf die Frage, ob die Verfallklausel nicht auch bereits deshalb insgesamt unwirksam gewesen ist, weil der Mindestlohn nicht ausgenommen, kam es deshalb nicht entscheidend an.