Arbeitslohn wird heute regelmäßig unbar ausgezahlt. Zu diesem Zweck benennt der Arbeitnehmer meist bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ein Girokonto. Dies bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber stets durch Zahlung des Lohns auf dieses Girokonto den Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt. Vielmehr muss nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts München (Urteil vom 25. September 2018, 3 Ca 4258/18) der Arbeitgeber den Lohn in bar ausbezahlen, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Zahlung auf das ursprünglich bei Beschäftigungsbeginn genannte Girokonto verbietet und stattdessen Barzahlung verlangt.
Streit um Erfüllungswirkung der Lohnzahlung durch Überweisung
Bei beendetem Arbeitsverhältnis haben die Parteien zunächst in einem Vorprozess darüber gestritten, ob der Arbeitgeber Restlohnansprüche der Arbeitnehmerin mit einem Arbeitgeberdarlehen verrechnen kann. Da das Arbeitsgericht aufgrund der Pfändungsschutzvorschriften eine Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche für unzulässig erachtet hat, hat es den Arbeitgeber zur Zahlung von Restlohn und die Arbeitnehmerin zur Rückzahlung des Darlehens verurteilt.
Der Arbeitgeber hat daraufhin entsprechend dem Urteil den Lohn abgerechnet, der Arbeitnehmerin eine Lohnabrechnung erteilt und den sich daraus ergebenden Nettobetrag auf das bei Beschäftigungsbeginn von der Arbeitnehmerin benannte Girokonto bezahlt.
Obwohl die Arbeitnehmerin bislang das Arbeitgeberdarlehen nicht zurückbezahlt hat, hat sie versucht im Wege der Zwangsvollstreckung nochmals den titulierten Bruttolohn zu vollstrecken.
Im Rahmen der vom Arbeitgeber erhobenen Vollstreckungsgegenklage hatte sie zunächst ausgeführt, dass das Konto, auf das der Arbeitgeber gezahlt habe, nicht ihr Konto sei. Später hat sie dann eingeräumt, dass dies zwar ihr Konto sei, dort aber aufgrund von Verbindlichkeiten gegenüber der Bank die Zahlung des Arbeitgebers auf ihre Bankschulden verrechnet worden ist, sodass sie das Geld nicht zur freien Verfügung erhalten habe. Da von ihr eine solche Verrechnung auf ihre Schulden nicht gewünscht war, habe sie zuvor dem Arbeitgeber ein Konto bei einer anderen Bank mitgeteilt bzw. Barzahlung verlangt.
Arbeitsgericht München: Zahlung des Arbeitgebers auf das Girokonto der Arbeitnehmerin führt nicht zur Erfüllung des Lohnanspruchs
Obwohl der Arbeitgeber unstreitig den im Vorprozess ausgeurteilten Lohnanspruch gezahlt hat, indem er Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und den Nettobetrag auf das in seiner Lohnbuchhaltung hinterlegte Girokonto überwiesen hat, hat das Arbeitsgericht, soweit die Arbeitnehmerin (nochmalige) Zahlung des Nettolohns beansprucht, die Zwangsvollstreckung für zulässig erachtet.
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt:
„Nach allgemeiner Auffassung findet bei Zahlung auf ein Girokonto Erfüllung im Rechtssinne nach § 364 BGB nur statt, wenn der Gläubiger ein Konto mitgeteilt hat (siehe hierzu Palandt-Grüneberg, § 364, Rn 9 m.w.N.). Teilt nach dieser allgemeinen Auffassung ein Gläubiger ein bestimmtes Konto mit, hat die Leistung auf ein anderes Konto keine Erfüllungswirkung.
Vorliegend hat die Beklagte dem Kläger im Vorprozess unstreitig jedenfalls mitgeteilt, dass sie eine Zahlung auf das Konto bei der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen verbietet und Barzahlung erwartet. Daher galt im Rechtssinne jedenfalls ab diesem Zeitpunkt das Konto der Klägerin bei der Sparkasse nicht mehr als mitgeteilt. Dem jetzigen Kläger war selbst bewusst, dass etwaige Zahlungen auf ein Konto der Klägerin bei der Sparkasse keine Erfüllungswirkung mehr haben konnten.“
Frechheit siegt
Der Arbeitgeber hat also einmal an seine ehemalige Arbeitnehmerin gezahlt, wodurch deren Verbindlichkeiten bei der Bank reduziert worden sind. Nun muss er ein zweites Mal an sie bezahlen und versuchen, die erste Zahlung von der Bank zurück zu erhalten.
Die Arbeitnehmerin lacht sich ins Fäustchen. Nicht nur, dass sie ihrerseits das gewährte Arbeitgeberdarlehen nicht zurückbezahlt. Sie denkt auch gar nicht daran ihre Verbindlichkeiten bei der Bank zu tilgen, sondern möchte das Geld zur freien Verfügung haben, also konsumieren.
Finanziert wird das Ganze vom Steuerzahler, denn die Kosten für beide Rechtsstreitigkeiten wurden über Prozesskostenhilfe finanziert.
Auch, wenn die rechtliche Begründung des Urteils vertretbar erscheint, setzt aus Sicht eines jeden Gläubigers ein solches Urteil falsche Signalwirkung. Wer hier nämlich als Schuldner gut aufpasst, clever und gerissen ist, der kann durch Kontenwechsel, Arbeitgeberwechsel und Barzahlungsverlangen seine Gläubiger ganz erheblich an der Nase herumführen. Kein Wunder, dass Vollstreckungstitel bei solchen Schuldnern oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind….
Als Arbeitgeber können Sie sich hierdurch am besten schützen, indem Sie den im Arbeitsvertrag vereinbaren, dass die Lohnzahlung nur unbar erfolgt. Gleichzeitig sollten Sie darauf achten, dass eine doppelte Schriftformklausel vorhanden ist. So schneiden Sie dem Arbeitnehmer auch die Argumentation ab, dass mündlich etwas anderes vereinbart worden sei.